Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.in Stein und Mörtel" tritt uns erst entgegen, nachdem wir ein freistehendes gothisches Portal passirt haben, das von einem alten Douglas-Schlosse herstammt und nach Art der Römischen Triumphbogen wie ein selbstständiger Thorbau mitten in den Weg gestellt ist. Wir passiren also dies Portal, und haben nun das berühmte Abbotsford in nächster Nähe vor uns. Wenn der Bau nicht just so sein sollte, wie er ist, so würde man sofort ausrufen müssen: "wie verbaut!" Das Ganze löst sich in eine Unzahl von Theilen auf und von einer Total-Wirkung kann eigentlich keine Rede sein. Die Einzelnheiten drängen sich so vor, daß die Gesammt-Dimensionen verloren gehen und der Bau um Vieles kleiner erscheint, als er in Wahrheit ist. Das Material, aus dem er aufgeführt wurde, ist ein graublauer Basalt, der im Schottischen "Whinstone" heißt; alle Fenster- und Portal-Einfassungen aber bestehen aus derbem Sandstein. Die Lage des Hauses, halb umgeben vom Tweed (der hier eine Biegung macht) und überall von Hügelabhängen, von Baum- und Parkpartieen eingeschlossen, ist anziehend und malerisch genug; dieser naturgeschaffenen Romantik sollte aber nachgeholfen werden, und so entstand jenes Curiosum, zu dessen näherer Betrachtung wir jetzt schreiten. Zunächst die Außenseite. Im Princip ist zwischen ihr und dem Innern des Hauses nicht der geringste Unterschied, und der Sammel-Charakter, den das Ganze hat, tritt auch äußerlich so entschieden hervor, daß man gelegentlich glauben könnte, die Wände seien von Glas in Stein und Mörtel“ tritt uns erst entgegen, nachdem wir ein freistehendes gothisches Portal passirt haben, das von einem alten Douglas-Schlosse herstammt und nach Art der Römischen Triumphbogen wie ein selbstständiger Thorbau mitten in den Weg gestellt ist. Wir passiren also dies Portal, und haben nun das berühmte Abbotsford in nächster Nähe vor uns. Wenn der Bau nicht just so sein sollte, wie er ist, so würde man sofort ausrufen müssen: „wie verbaut!“ Das Ganze löst sich in eine Unzahl von Theilen auf und von einer Total-Wirkung kann eigentlich keine Rede sein. Die Einzelnheiten drängen sich so vor, daß die Gesammt-Dimensionen verloren gehen und der Bau um Vieles kleiner erscheint, als er in Wahrheit ist. Das Material, aus dem er aufgeführt wurde, ist ein graublauer Basalt, der im Schottischen „Whinstone“ heißt; alle Fenster- und Portal-Einfassungen aber bestehen aus derbem Sandstein. Die Lage des Hauses, halb umgeben vom Tweed (der hier eine Biegung macht) und überall von Hügelabhängen, von Baum- und Parkpartieen eingeschlossen, ist anziehend und malerisch genug; dieser naturgeschaffenen Romantik sollte aber nachgeholfen werden, und so entstand jenes Curiosum, zu dessen näherer Betrachtung wir jetzt schreiten. Zunächst die Außenseite. Im Princip ist zwischen ihr und dem Innern des Hauses nicht der geringste Unterschied, und der Sammel-Charakter, den das Ganze hat, tritt auch äußerlich so entschieden hervor, daß man gelegentlich glauben könnte, die Wände seien von Glas <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0351" n="334"/> in Stein und Mörtel“ tritt uns erst entgegen, nachdem wir ein freistehendes gothisches Portal passirt haben, das von einem alten Douglas-Schlosse herstammt und nach Art der Römischen Triumphbogen wie ein selbstständiger Thorbau mitten in den Weg gestellt ist. Wir passiren also dies Portal, und haben nun das berühmte Abbotsford in nächster Nähe vor uns. Wenn der Bau nicht <hi rendition="#g">just so</hi> sein sollte, wie er ist, so würde man sofort ausrufen müssen: „wie verbaut!“ Das Ganze löst sich in eine Unzahl von Theilen auf und von einer Total-Wirkung kann eigentlich keine Rede sein. Die Einzelnheiten drängen sich so vor, daß die Gesammt-Dimensionen verloren gehen und der Bau um Vieles kleiner erscheint, als er in Wahrheit ist. Das Material, aus dem er aufgeführt wurde, ist ein graublauer Basalt, der im Schottischen „Whinstone“ heißt; alle Fenster- und Portal-Einfassungen aber bestehen aus derbem Sandstein. </p><lb/> <p>Die Lage des Hauses, halb umgeben vom Tweed (der hier eine Biegung macht) und überall von Hügelabhängen, von Baum- und Parkpartieen eingeschlossen, ist anziehend und malerisch genug; dieser naturgeschaffenen Romantik sollte aber nachgeholfen werden, und so entstand jenes Curiosum, zu dessen näherer Betrachtung wir jetzt schreiten. Zunächst die <hi rendition="#g">Außenseite</hi>. Im Princip ist zwischen ihr und dem Innern des Hauses nicht der geringste Unterschied, und der Sammel-Charakter, den das Ganze hat, tritt auch äußerlich so entschieden hervor, daß man gelegentlich glauben könnte, die Wände seien von Glas<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [334/0351]
in Stein und Mörtel“ tritt uns erst entgegen, nachdem wir ein freistehendes gothisches Portal passirt haben, das von einem alten Douglas-Schlosse herstammt und nach Art der Römischen Triumphbogen wie ein selbstständiger Thorbau mitten in den Weg gestellt ist. Wir passiren also dies Portal, und haben nun das berühmte Abbotsford in nächster Nähe vor uns. Wenn der Bau nicht just so sein sollte, wie er ist, so würde man sofort ausrufen müssen: „wie verbaut!“ Das Ganze löst sich in eine Unzahl von Theilen auf und von einer Total-Wirkung kann eigentlich keine Rede sein. Die Einzelnheiten drängen sich so vor, daß die Gesammt-Dimensionen verloren gehen und der Bau um Vieles kleiner erscheint, als er in Wahrheit ist. Das Material, aus dem er aufgeführt wurde, ist ein graublauer Basalt, der im Schottischen „Whinstone“ heißt; alle Fenster- und Portal-Einfassungen aber bestehen aus derbem Sandstein.
Die Lage des Hauses, halb umgeben vom Tweed (der hier eine Biegung macht) und überall von Hügelabhängen, von Baum- und Parkpartieen eingeschlossen, ist anziehend und malerisch genug; dieser naturgeschaffenen Romantik sollte aber nachgeholfen werden, und so entstand jenes Curiosum, zu dessen näherer Betrachtung wir jetzt schreiten. Zunächst die Außenseite. Im Princip ist zwischen ihr und dem Innern des Hauses nicht der geringste Unterschied, und der Sammel-Charakter, den das Ganze hat, tritt auch äußerlich so entschieden hervor, daß man gelegentlich glauben könnte, die Wände seien von Glas
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).
(2018-07-25T15:22:45Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T15:22:45Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |