Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.wertherer Bau, wenn auch nur seiner lateinischen Inschrift halber. Dieselbe lautet: sic itur ad astra, als ob der Weg durch das Canongate-Gefängniß eine besondere Anwartschaft auf den Himmel böte. Niemand in Edinburg hat mir diesen Wiedersinn erklären können. Vielleicht, daß das Gebäude in alten Zeiten einem völlig verschiedenen Zwecke gedient hat. Wir haben jetzt Canongate passirt, d. h. haben den am Hügelabhang liegenden Theil der großen Verbindungsstraße zwischen Holyrood-Palace und Edinburg-Castle hinter uns und treten jetzt da, wo die Straße den Hügelrücken erreicht hat und in horizontaler Linie sich fortzusetzen beginnt, in High-Street ein. An dieser Stelle nimmt die eigentliche Altstadt-Edinburg ihren Anfang. Hier befand sich in früheren Jahren, wenn ich nicht irre, ein Thor, das die eigentliche Stadt von der Vorstadt schied, ähnlich wie sich Temple-Bar noch jetzt zwischen City und Westminster, oder die Porte St. Martin zwischen der Stadt und dem Faubourg erhebt. Gleich das erste Haus, das wir zur Rechten haben, wo Canongate sich plötzlich in die breitere High-Street erweitert und dadurch eine Art Eckhaus bildet, ist ein Gebäude von hohem Interesse. In diesem Hause lebte John Knox. "Und dies dieselbe High-Street", so sagten wir uns, "die der muthige Mann so oft und so freudig entlang schritt, um in der alten St. Giles-Kirche den Zorn Gottes auf die ,Gottlosen' herabzurufen!" "und dies dasselbe Canongate," so setzten wir hinzu, "das er zögernd hinab- wertherer Bau, wenn auch nur seiner lateinischen Inschrift halber. Dieselbe lautet: sic itur ad astra, als ob der Weg durch das Canongate-Gefängniß eine besondere Anwartschaft auf den Himmel böte. Niemand in Edinburg hat mir diesen Wiedersinn erklären können. Vielleicht, daß das Gebäude in alten Zeiten einem völlig verschiedenen Zwecke gedient hat. Wir haben jetzt Canongate passirt, d. h. haben den am Hügelabhang liegenden Theil der großen Verbindungsstraße zwischen Holyrood-Palace und Edinburg-Castle hinter uns und treten jetzt da, wo die Straße den Hügelrücken erreicht hat und in horizontaler Linie sich fortzusetzen beginnt, in High-Street ein. An dieser Stelle nimmt die eigentliche Altstadt-Edinburg ihren Anfang. Hier befand sich in früheren Jahren, wenn ich nicht irre, ein Thor, das die eigentliche Stadt von der Vorstadt schied, ähnlich wie sich Temple-Bar noch jetzt zwischen City und Westminster, oder die Porte St. Martin zwischen der Stadt und dem Faubourg erhebt. Gleich das erste Haus, das wir zur Rechten haben, wo Canongate sich plötzlich in die breitere High-Street erweitert und dadurch eine Art Eckhaus bildet, ist ein Gebäude von hohem Interesse. In diesem Hause lebte John Knox. „Und dies dieselbe High-Street“, so sagten wir uns, „die der muthige Mann so oft und so freudig entlang schritt, um in der alten St. Giles-Kirche den Zorn Gottes auf die ‚Gottlosen‘ herabzurufen!“ „und dies dasselbe Canongate,“ so setzten wir hinzu, „das er zögernd hinab- <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0051" n="37"/> wertherer Bau, wenn auch nur seiner lateinischen Inschrift halber. Dieselbe lautet: <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="lat">sic itur ad astra</foreign></hi>, als ob der Weg durch das Canongate-Gefängniß eine besondere Anwartschaft auf den Himmel böte. Niemand in Edinburg hat mir diesen Wiedersinn erklären können. Vielleicht, daß das Gebäude in alten Zeiten einem völlig verschiedenen Zwecke gedient hat.</p><lb/> <p>Wir haben jetzt Canongate passirt, d. h. haben den am Hügelabhang liegenden Theil der großen Verbindungsstraße zwischen Holyrood-Palace und Edinburg-Castle hinter uns und treten jetzt da, wo die Straße den Hügelrücken erreicht hat und in horizontaler Linie sich fortzusetzen beginnt, in High-Street ein. An dieser Stelle nimmt die eigentliche Altstadt-Edinburg ihren Anfang. Hier befand sich in früheren Jahren, wenn ich nicht irre, ein Thor, das die eigentliche Stadt von der Vorstadt schied, ähnlich wie sich Temple-Bar noch jetzt zwischen City und Westminster, oder die Porte St. Martin zwischen der Stadt und dem Faubourg erhebt. Gleich das erste Haus, das wir zur Rechten haben, wo Canongate sich plötzlich in die breitere High-Street erweitert und dadurch eine Art Eckhaus bildet, ist ein Gebäude von hohem Interesse. In diesem Hause lebte John Knox. „Und dies dieselbe High-Street“, so sagten wir uns, „die der muthige Mann so oft und so freudig entlang schritt, um in der alten St. Giles-Kirche den Zorn Gottes auf die ‚Gottlosen‘ herabzurufen!“ „und dies dasselbe Canongate,“ so setzten wir hinzu, „das er zögernd hinab-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [37/0051]
wertherer Bau, wenn auch nur seiner lateinischen Inschrift halber. Dieselbe lautet: sic itur ad astra, als ob der Weg durch das Canongate-Gefängniß eine besondere Anwartschaft auf den Himmel böte. Niemand in Edinburg hat mir diesen Wiedersinn erklären können. Vielleicht, daß das Gebäude in alten Zeiten einem völlig verschiedenen Zwecke gedient hat.
Wir haben jetzt Canongate passirt, d. h. haben den am Hügelabhang liegenden Theil der großen Verbindungsstraße zwischen Holyrood-Palace und Edinburg-Castle hinter uns und treten jetzt da, wo die Straße den Hügelrücken erreicht hat und in horizontaler Linie sich fortzusetzen beginnt, in High-Street ein. An dieser Stelle nimmt die eigentliche Altstadt-Edinburg ihren Anfang. Hier befand sich in früheren Jahren, wenn ich nicht irre, ein Thor, das die eigentliche Stadt von der Vorstadt schied, ähnlich wie sich Temple-Bar noch jetzt zwischen City und Westminster, oder die Porte St. Martin zwischen der Stadt und dem Faubourg erhebt. Gleich das erste Haus, das wir zur Rechten haben, wo Canongate sich plötzlich in die breitere High-Street erweitert und dadurch eine Art Eckhaus bildet, ist ein Gebäude von hohem Interesse. In diesem Hause lebte John Knox. „Und dies dieselbe High-Street“, so sagten wir uns, „die der muthige Mann so oft und so freudig entlang schritt, um in der alten St. Giles-Kirche den Zorn Gottes auf die ‚Gottlosen‘ herabzurufen!“ „und dies dasselbe Canongate,“ so setzten wir hinzu, „das er zögernd hinab-
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(2018-07-25T15:22:45Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T15:22:45Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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