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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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die Kennzeichen der beaute du diable an Fräulein
Victoire wahrnehmen würden. Das Fräulein hat
einen witzig-elegischen Ton, was auf den ersten Blick
als ein Widerspruch erscheint, und doch keiner ist,
unter allen Umständen aber als ihr charakteristischer
Zug gelten kann. Meinen Sie nicht auch, Alvensleben?"

Alvensleben bestätigte.

Der Prinz indessen, der ein sich Einbohren in
Fragen über die Maaßen liebte, fuhr, indem er sich
dieser Neigung auch heute wieder hingab, immer leb¬
hafter werdend fort: "Elegisch" sagen Sie, "witzig¬
elegisch; ich wüßte nicht, was einer beaute du diable
besser anstehn könnte. Sie fassen den Begriff offenbar
zu eng, meine Herren. Alles was Ihnen dabei vor¬
schwebt, ist nur eine Spielart der alleralltäglichsten
Schönheitsform, der beaute coquette: das Näschen
ein wenig mehr gestubst, der Teint ein wenig dunkler,
das Temperament ein wenig rascher, die Manieren
ein wenig kühner und rücksichtsloser. Aber damit er¬
schöpfen Sie die höhere Form der beaute du diable
keineswegs. Diese hat etwas Weltumfassendes, das
über eine bloße Teint- und Rassenfrage weit hinaus¬
geht. Ganz wie die Katholische Kirche. Diese wie
jene sind auf ein Innerliches gestellt, und das Inner¬
liche, das in unserer Frage den Ausschlag giebt,
heißt Energie, Feuer, Leidenschaft."

Nostitz und Sander lächelten und nickten.

die Kennzeichen der beauté du diable an Fräulein
Victoire wahrnehmen würden. Das Fräulein hat
einen witzig-elegiſchen Ton, was auf den erſten Blick
als ein Widerſpruch erſcheint, und doch keiner iſt,
unter allen Umſtänden aber als ihr charakteriſtiſcher
Zug gelten kann. Meinen Sie nicht auch, Alvensleben?“

Alvensleben beſtätigte.

Der Prinz indeſſen, der ein ſich Einbohren in
Fragen über die Maaßen liebte, fuhr, indem er ſich
dieſer Neigung auch heute wieder hingab, immer leb¬
hafter werdend fort: „Elegiſch“ ſagen Sie, „witzig¬
elegiſch; ich wüßte nicht, was einer beauté du diable
beſſer anſtehn könnte. Sie faſſen den Begriff offenbar
zu eng, meine Herren. Alles was Ihnen dabei vor¬
ſchwebt, iſt nur eine Spielart der alleralltäglichſten
Schönheitsform, der beauté coquette: das Näschen
ein wenig mehr geſtubſt, der Teint ein wenig dunkler,
das Temperament ein wenig raſcher, die Manieren
ein wenig kühner und rückſichtsloſer. Aber damit er¬
ſchöpfen Sie die höhere Form der beauté du diable
keineswegs. Dieſe hat etwas Weltumfaſſendes, das
über eine bloße Teint- und Raſſenfrage weit hinaus¬
geht. Ganz wie die Katholiſche Kirche. Dieſe wie
jene ſind auf ein Innerliches geſtellt, und das Inner¬
liche, das in unſerer Frage den Ausſchlag giebt,
heißt Energie, Feuer, Leidenſchaft.“

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[92/0104] die Kennzeichen der beauté du diable an Fräulein Victoire wahrnehmen würden. Das Fräulein hat einen witzig-elegiſchen Ton, was auf den erſten Blick als ein Widerſpruch erſcheint, und doch keiner iſt, unter allen Umſtänden aber als ihr charakteriſtiſcher Zug gelten kann. Meinen Sie nicht auch, Alvensleben?“ Alvensleben beſtätigte. Der Prinz indeſſen, der ein ſich Einbohren in Fragen über die Maaßen liebte, fuhr, indem er ſich dieſer Neigung auch heute wieder hingab, immer leb¬ hafter werdend fort: „Elegiſch“ ſagen Sie, „witzig¬ elegiſch; ich wüßte nicht, was einer beauté du diable beſſer anſtehn könnte. Sie faſſen den Begriff offenbar zu eng, meine Herren. Alles was Ihnen dabei vor¬ ſchwebt, iſt nur eine Spielart der alleralltäglichſten Schönheitsform, der beauté coquette: das Näschen ein wenig mehr geſtubſt, der Teint ein wenig dunkler, das Temperament ein wenig raſcher, die Manieren ein wenig kühner und rückſichtsloſer. Aber damit er¬ ſchöpfen Sie die höhere Form der beauté du diable keineswegs. Dieſe hat etwas Weltumfaſſendes, das über eine bloße Teint- und Raſſenfrage weit hinaus¬ geht. Ganz wie die Katholiſche Kirche. Dieſe wie jene ſind auf ein Innerliches geſtellt, und das Inner¬ liche, das in unſerer Frage den Ausſchlag giebt, heißt Energie, Feuer, Leidenſchaft.“ Noſtitz und Sander lächelten und nickten.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/104>, abgerufen am 21.11.2024.