Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.Wertschätzung, die so bitter wehe thun, wo das ein¬ Schach empfing am selben Tage noch ein Ant¬ Schach, als er das Billet gelesen, wog es hin Wertſchätzung, die ſo bitter wehe thun, wo das ein¬ Schach empfing am ſelben Tage noch ein Ant¬ Schach, als er das Billet geleſen, wog es hin <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0152" n="140"/> Wertſchätzung, die ſo bitter wehe thun, wo das ein¬<lb/> fache Geſtändnis einer herzlichen Neigung gefordert<lb/> wird. Victoire ſog jedes Wort ein, und als die<lb/> Mama ſchließlich den Brief aus der Hand legte, ſah dieſe<lb/> letztre nicht ohne Bewegung, wie zwei Minuten Glück<lb/> ausgereicht hatten, ihrem armen Kinde die Hoffnung,<lb/> und <hi rendition="#g">mit</hi> dieſer Hoffnung auch die verlorene Friſche<lb/> zurückzugeben. Die Kranke ſtrahlte, fühlte ſich wie<lb/> geneſen, und Frau von Carayon ſagte: „wie hübſch<lb/> Du biſt, Victoire.“</p><lb/> <p>Schach empfing am ſelben Tage noch ein Ant¬<lb/> wortsbillet, das ihm unumwunden die herzliche Freude<lb/> ſeiner alten Freundin ausdrückte. Manches Bittre,<lb/> was ſie geſagt habe, mög er vergeſſen; ſie habe ſich,<lb/> lebhaft wie ſie ſei, hinreißen laſſen. Im Übrigen ſei<lb/> noch nichts Ernſtliches und Erhebliches verſäumt, und<lb/> wenn, dem Sprichworte nach, aus Freude Leid er¬<lb/> blühe, ſo kehre ſichs auch wohl um. Sie ſehe wieder<lb/> hell in die Zukunft und hoffe wieder. Was ſie per¬<lb/> ſönlich zum Opfer bringe, bringe ſie gern, wenn dies<lb/> Opfer die Bedingung für das Glück ihrer Tochter ſei.</p><lb/> <p>Schach, als er das Billet geleſen, wog es hin<lb/> und her, und war erſichtlich von einer gemiſchten<lb/> Empfindung. Er hatte ſich, als er in ſeinem Briefe<lb/> von Victoire ſprach, einem ihr nicht leicht von irgend¬<lb/> wem zu verſagenden, freundlich-herzlichen Gefühl über¬<lb/> laſſen, und dieſem Gefühle (deſſen entſann er ſich)<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [140/0152]
Wertſchätzung, die ſo bitter wehe thun, wo das ein¬
fache Geſtändnis einer herzlichen Neigung gefordert
wird. Victoire ſog jedes Wort ein, und als die
Mama ſchließlich den Brief aus der Hand legte, ſah dieſe
letztre nicht ohne Bewegung, wie zwei Minuten Glück
ausgereicht hatten, ihrem armen Kinde die Hoffnung,
und mit dieſer Hoffnung auch die verlorene Friſche
zurückzugeben. Die Kranke ſtrahlte, fühlte ſich wie
geneſen, und Frau von Carayon ſagte: „wie hübſch
Du biſt, Victoire.“
Schach empfing am ſelben Tage noch ein Ant¬
wortsbillet, das ihm unumwunden die herzliche Freude
ſeiner alten Freundin ausdrückte. Manches Bittre,
was ſie geſagt habe, mög er vergeſſen; ſie habe ſich,
lebhaft wie ſie ſei, hinreißen laſſen. Im Übrigen ſei
noch nichts Ernſtliches und Erhebliches verſäumt, und
wenn, dem Sprichworte nach, aus Freude Leid er¬
blühe, ſo kehre ſichs auch wohl um. Sie ſehe wieder
hell in die Zukunft und hoffe wieder. Was ſie per¬
ſönlich zum Opfer bringe, bringe ſie gern, wenn dies
Opfer die Bedingung für das Glück ihrer Tochter ſei.
Schach, als er das Billet geleſen, wog es hin
und her, und war erſichtlich von einer gemiſchten
Empfindung. Er hatte ſich, als er in ſeinem Briefe
von Victoire ſprach, einem ihr nicht leicht von irgend¬
wem zu verſagenden, freundlich-herzlichen Gefühl über¬
laſſen, und dieſem Gefühle (deſſen entſann er ſich)
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