Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite

den Deckel von der kleinen Meißner Kanne heben
wollte, klangen vom Dorfe her die Kirchenglocken
herauf.

"Was ist denn das?" fragte Schach. "Es kann
ja kaum sieben sein."

"Justement sieben, junge Herr."

"Aber sonst war es doch erst um elf. Und um
zwölfe dann Predigt."

"Joa, so wihr et. Awers nu nich mihr. Un
ümmer den dritt'n Sünndag is et anners. Twee
Sünndag', wenn de Radenslebensche kümmt, denn is't
um twölwen, wiel he joa ihrst in Radensleben preestern
deiht, awers den dritten Sünndag, wenn de oll Rup¬
pinsche röwer kümmt, denn is et all um achten. Un
ümmer. wenn uns oll Kriwitz von sine Thurmluk' ut
unsen Ollschen von dröwen abstötten seiht, denn treckt
he joa sien Klock. Und dat's ümmer um seb'n."

"Wie heißt denn jetzt der Ruppinsche?"

"Na, wie sall he heten? He heet ümmer noch
so. Is joa ümmer noch de oll Bienengräber."

"Bei dem bin ich ja eingesegnet. War immer
ein sehr guter Mann."

"Joa, dat is he. Man blot, he hett keene Teihn
mihr, ook nich een', un nu brummelt un mummelt he
ümmerto, un keen Minsch versteiht em."

"Das ist gewiß nicht so schlimm, Mutter Kreepschen.
Aber die Leute haben immer was auszusetzen. Und

den Deckel von der kleinen Meißner Kanne heben
wollte, klangen vom Dorfe her die Kirchenglocken
herauf.

„Was iſt denn das?“ fragte Schach. „Es kann
ja kaum ſieben ſein.“

„Juſtement ſieben, junge Herr.“

„Aber ſonſt war es doch erſt um elf. Und um
zwölfe dann Predigt.“

„Joa, ſo wihr et. Awers nu nich mihr. Un
ümmer den dritt'n Sünndag is et anners. Twee
Sünndag', wenn de Radenslebenſche kümmt, denn is't
um twölwen, wiel he joa ihrſt in Radensleben preeſtern
deiht, awers den dritten Sünndag, wenn de oll Rup¬
pinſche röwer kümmt, denn is et all um achten. Un
ümmer. wenn unſ oll Kriwitz von ſine Thurmluk' ut
unſen Ollſchen von dröwen abſtötten ſeiht, denn treckt
he joa ſien Klock. Und dat's ümmer um ſeb'n.“

„Wie heißt denn jetzt der Ruppinſche?“

„Na, wie ſall he heten? He heet ümmer noch
ſo. Is joa ümmer noch de oll Bienengräber.“

„Bei dem bin ich ja eingeſegnet. War immer
ein ſehr guter Mann.“

„Joa, dat is he. Man blot, he hett keene Teihn
mihr, ook nich een', un nu brummelt un mummelt he
ümmerto, un keen Minſch verſteiht em.“

„Das iſt gewiß nicht ſo ſchlimm, Mutter Kreepſchen.
Aber die Leute haben immer was auszuſetzen. Und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0178" n="166"/>
den Deckel von der kleinen Meißner Kanne heben<lb/>
wollte, klangen vom Dorfe her die Kirchenglocken<lb/>
herauf.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was i&#x017F;t denn <hi rendition="#g">das</hi>?&#x201C; fragte Schach. &#x201E;Es kann<lb/>
ja kaum &#x017F;ieben &#x017F;ein.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ju&#x017F;tement &#x017F;ieben, junge Herr.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber &#x017F;on&#x017F;t war es doch er&#x017F;t um elf. Und um<lb/>
zwölfe dann Predigt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Joa, &#x017F;o wihr et. Awers nu nich mihr. Un<lb/>
ümmer den dritt'n Sünndag is et anners. Twee<lb/>
Sünndag', wenn de Radensleben&#x017F;che kümmt, denn is't<lb/>
um twölwen, wiel he joa ihr&#x017F;t in Radensleben pree&#x017F;tern<lb/>
deiht, awers den dritten Sünndag, wenn de oll Rup¬<lb/>
pin&#x017F;che röwer kümmt, denn is et all um achten. Un<lb/>
ümmer. wenn un&#x017F; oll Kriwitz von &#x017F;ine Thurmluk' ut<lb/>
un&#x017F;en Oll&#x017F;chen von dröwen ab&#x017F;tötten &#x017F;eiht, denn treckt<lb/>
he joa &#x017F;ien Klock. Und dat's ümmer um &#x017F;eb'n.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wie heißt denn jetzt der Ruppin&#x017F;che?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Na, wie &#x017F;all he heten? He heet ümmer noch<lb/>
&#x017F;o. Is joa ümmer noch de oll Bienengräber.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Bei dem bin ich ja einge&#x017F;egnet. War immer<lb/>
ein &#x017F;ehr guter Mann.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Joa, dat is he. Man blot, he hett keene Teihn<lb/>
mihr, ook nich een', un nu brummelt un mummelt he<lb/>
ümmerto, un keen Min&#x017F;ch ver&#x017F;teiht em.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das i&#x017F;t gewiß nicht &#x017F;o &#x017F;chlimm, Mutter Kreep&#x017F;chen.<lb/>
Aber die Leute haben immer was auszu&#x017F;etzen. Und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0178] den Deckel von der kleinen Meißner Kanne heben wollte, klangen vom Dorfe her die Kirchenglocken herauf. „Was iſt denn das?“ fragte Schach. „Es kann ja kaum ſieben ſein.“ „Juſtement ſieben, junge Herr.“ „Aber ſonſt war es doch erſt um elf. Und um zwölfe dann Predigt.“ „Joa, ſo wihr et. Awers nu nich mihr. Un ümmer den dritt'n Sünndag is et anners. Twee Sünndag', wenn de Radenslebenſche kümmt, denn is't um twölwen, wiel he joa ihrſt in Radensleben preeſtern deiht, awers den dritten Sünndag, wenn de oll Rup¬ pinſche röwer kümmt, denn is et all um achten. Un ümmer. wenn unſ oll Kriwitz von ſine Thurmluk' ut unſen Ollſchen von dröwen abſtötten ſeiht, denn treckt he joa ſien Klock. Und dat's ümmer um ſeb'n.“ „Wie heißt denn jetzt der Ruppinſche?“ „Na, wie ſall he heten? He heet ümmer noch ſo. Is joa ümmer noch de oll Bienengräber.“ „Bei dem bin ich ja eingeſegnet. War immer ein ſehr guter Mann.“ „Joa, dat is he. Man blot, he hett keene Teihn mihr, ook nich een', un nu brummelt un mummelt he ümmerto, un keen Minſch verſteiht em.“ „Das iſt gewiß nicht ſo ſchlimm, Mutter Kreepſchen. Aber die Leute haben immer was auszuſetzen. Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/178
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/178>, abgerufen am 04.12.2024.