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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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uns Carayons, die wir ganz andere Dinge gesehn
haben, will sich dieser Schach abwenden und sich hoch¬
mütig zurückziehn? Unsrer will er sich schämen?
Er, Schach. Will er es als Schach, oder will er es
als Grundherr von Wuthenow? Ah, bah! Was ist es
denn mit beiden? Schach ist ein blauer Rock mit einem
roten Kragen, und Wuthenow ist eine Lehmkathe."

"Mama, glaube mir, Du thust ihm Unrecht. Ich
such es nach einen andern Seite hin. Und da find
ich es auch."

Frau von Carayon beugte sich zu Victoire nieder
und küßte sie leidenschaftlich. "Ach, wie gut Du bist,
viel viel besser, als Deine Mama. Und nur Eines
ist gut an ihr, daß sie Dich liebt. Er aber sollte
Dich auch lieben! Schon um Deiner Demut willen."

Victoire lächelte.

"Nein, nicht so. Der Glaube, daß Du verarmt
und ausgeschieden seiest, beherrscht Dich mit der Macht
einer fixen Idee. Du bist nicht so verarmt. Und
auch er. ."

Sie stockte.

"Sieh, Du warst ein schönes Kind, und Alvens¬
leben hat mir erzählt, in welch enthusiastischen Worten
der Prinz erst neulich wieder von Deiner Schönheit
auf dem Massowschen Balle gesprochen habe. Das
ist nicht hin, davon blieb Dir, und jeder muß es
finden, der ihm liebevoll in Deinen Zügen nachzu¬

uns Carayons, die wir ganz andere Dinge geſehn
haben, will ſich dieſer Schach abwenden und ſich hoch¬
mütig zurückziehn? Unſrer will er ſich ſchämen?
Er, Schach. Will er es als Schach, oder will er es
als Grundherr von Wuthenow? Ah, bah! Was iſt es
denn mit beiden? Schach iſt ein blauer Rock mit einem
roten Kragen, und Wuthenow iſt eine Lehmkathe.“

„Mama, glaube mir, Du thuſt ihm Unrecht. Ich
ſuch es nach einen andern Seite hin. Und da find
ich es auch.“

Frau von Carayon beugte ſich zu Victoire nieder
und küßte ſie leidenſchaftlich. „Ach, wie gut Du biſt,
viel viel beſſer, als Deine Mama. Und nur Eines
iſt gut an ihr, daß ſie Dich liebt. Er aber ſollte
Dich auch lieben! Schon um Deiner Demut willen.“

Victoire lächelte.

„Nein, nicht ſo. Der Glaube, daß Du verarmt
und ausgeſchieden ſeieſt, beherrſcht Dich mit der Macht
einer fixen Idee. Du biſt nicht ſo verarmt. Und
auch er. .“

Sie ſtockte.

„Sieh, Du warſt ein ſchönes Kind, und Alvens¬
leben hat mir erzählt, in welch enthuſiaſtiſchen Worten
der Prinz erſt neulich wieder von Deiner Schönheit
auf dem Maſſowſchen Balle geſprochen habe. Das
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[178/0190] uns Carayons, die wir ganz andere Dinge geſehn haben, will ſich dieſer Schach abwenden und ſich hoch¬ mütig zurückziehn? Unſrer will er ſich ſchämen? Er, Schach. Will er es als Schach, oder will er es als Grundherr von Wuthenow? Ah, bah! Was iſt es denn mit beiden? Schach iſt ein blauer Rock mit einem roten Kragen, und Wuthenow iſt eine Lehmkathe.“ „Mama, glaube mir, Du thuſt ihm Unrecht. Ich ſuch es nach einen andern Seite hin. Und da find ich es auch.“ Frau von Carayon beugte ſich zu Victoire nieder und küßte ſie leidenſchaftlich. „Ach, wie gut Du biſt, viel viel beſſer, als Deine Mama. Und nur Eines iſt gut an ihr, daß ſie Dich liebt. Er aber ſollte Dich auch lieben! Schon um Deiner Demut willen.“ Victoire lächelte. „Nein, nicht ſo. Der Glaube, daß Du verarmt und ausgeſchieden ſeieſt, beherrſcht Dich mit der Macht einer fixen Idee. Du biſt nicht ſo verarmt. Und auch er. .“ Sie ſtockte. „Sieh, Du warſt ein ſchönes Kind, und Alvens¬ leben hat mir erzählt, in welch enthuſiaſtiſchen Worten der Prinz erſt neulich wieder von Deiner Schönheit auf dem Maſſowſchen Balle geſprochen habe. Das iſt nicht hin, davon blieb Dir, und jeder muß es finden, der ihm liebevoll in Deinen Zügen nachzu¬

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/190>, abgerufen am 04.12.2024.