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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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geht verloren, aber die Farbe des Frühlings wird
gewonnen, und mit ihr das festliche Gesamtkolorit.
Und dies erscheint mir als der wichtigere Punkt.
Unser Essen und Trinken, so weit es nicht der gemei¬
nen Lebensnotdurft dient, muß mehr und mehr zur
symbolischen Handlung werden, und ich begreife Zeiten
des späteren Mittelalters, in denen der Tafelaufsatz
und die Fruchtschalen mehr bedeuteten, als das Mahl
selbst."

"Wie gut Ihnen das kleidet, Sander," lachte
Bülow. "Und doch dank ich Gott, Ihre Kapaunen¬
rechnung nicht bezahlen zu müssen."

"Die Sie schließlich doch bezahlen."

"Ah, das erste Mal, daß ich einen dankbaren
Verleger in Ihnen entdecke. Stoßen wir an . . Aber
alle Welt, da steigt ja der lange Nostitz aus der Ver¬
senkung. Sehen Sie, Sander, er nimmt gar kein
Ende . ."

Wirklich, es war Nostitz, der, unter Benutzung
eines geheimen Eingangs, eben die Kellertreppe hinauf¬
stolperte, Nostitz von den Gensdarmes, der längste
Lieutenant der Armee, der, trotzdem er aus dem Säch¬
sischen stammte, seiner 6 Fuß 3 Zoll halber so ziem¬
lich ohne Widerrede beim Elite-Regiment Gendarmes
eingestellt und mit einem verbliebenen kleinen Reste
von Antagonismus mittlerweile längst fertig gewor¬
den war. Ein tollkühner Reiter und ein noch toll¬

geht verloren, aber die Farbe des Frühlings wird
gewonnen, und mit ihr das feſtliche Geſamtkolorit.
Und dies erſcheint mir als der wichtigere Punkt.
Unſer Eſſen und Trinken, ſo weit es nicht der gemei¬
nen Lebensnotdurft dient, muß mehr und mehr zur
ſymboliſchen Handlung werden, und ich begreife Zeiten
des ſpäteren Mittelalters, in denen der Tafelaufſatz
und die Fruchtſchalen mehr bedeuteten, als das Mahl
ſelbſt.“

„Wie gut Ihnen das kleidet, Sander,“ lachte
Bülow. „Und doch dank ich Gott, Ihre Kapaunen¬
rechnung nicht bezahlen zu müſſen.“

„Die Sie ſchließlich doch bezahlen.“

„Ah, das erſte Mal, daß ich einen dankbaren
Verleger in Ihnen entdecke. Stoßen wir an . . Aber
alle Welt, da ſteigt ja der lange Noſtitz aus der Ver¬
ſenkung. Sehen Sie, Sander, er nimmt gar kein
Ende . .“

Wirklich, es war Noſtitz, der, unter Benutzung
eines geheimen Eingangs, eben die Kellertreppe hinauf¬
ſtolperte, Noſtitz von den Gensdarmes, der längſte
Lieutenant der Armee, der, trotzdem er aus dem Säch¬
ſiſchen ſtammte, ſeiner 6 Fuß 3 Zoll halber ſo ziem¬
lich ohne Widerrede beim Elite-Regiment Gendarmes
eingeſtellt und mit einem verbliebenen kleinen Reſte
von Antagonismus mittlerweile längſt fertig gewor¬
den war. Ein tollkühner Reiter und ein noch toll¬

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[27/0039] geht verloren, aber die Farbe des Frühlings wird gewonnen, und mit ihr das feſtliche Geſamtkolorit. Und dies erſcheint mir als der wichtigere Punkt. Unſer Eſſen und Trinken, ſo weit es nicht der gemei¬ nen Lebensnotdurft dient, muß mehr und mehr zur ſymboliſchen Handlung werden, und ich begreife Zeiten des ſpäteren Mittelalters, in denen der Tafelaufſatz und die Fruchtſchalen mehr bedeuteten, als das Mahl ſelbſt.“ „Wie gut Ihnen das kleidet, Sander,“ lachte Bülow. „Und doch dank ich Gott, Ihre Kapaunen¬ rechnung nicht bezahlen zu müſſen.“ „Die Sie ſchließlich doch bezahlen.“ „Ah, das erſte Mal, daß ich einen dankbaren Verleger in Ihnen entdecke. Stoßen wir an . . Aber alle Welt, da ſteigt ja der lange Noſtitz aus der Ver¬ ſenkung. Sehen Sie, Sander, er nimmt gar kein Ende . .“ Wirklich, es war Noſtitz, der, unter Benutzung eines geheimen Eingangs, eben die Kellertreppe hinauf¬ ſtolperte, Noſtitz von den Gensdarmes, der längſte Lieutenant der Armee, der, trotzdem er aus dem Säch¬ ſiſchen ſtammte, ſeiner 6 Fuß 3 Zoll halber ſo ziem¬ lich ohne Widerrede beim Elite-Regiment Gendarmes eingeſtellt und mit einem verbliebenen kleinen Reſte von Antagonismus mittlerweile längſt fertig gewor¬ den war. Ein tollkühner Reiter und ein noch toll¬

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/39>, abgerufen am 09.11.2024.