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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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Widerspruch, so wandt er sich direkt an Bülow und
sagte: "Widerlegen Sie mich."

"Königliche Hoheit befehlen und so gehorch ich denn.
Der Kaiser wußte genau was geschehen werde, konnt
es wissen, weil er sich die Frage ,was thut hier die
Mittelmäßigkeit' in vorausberechnender Weise
nicht blos gestellt, sondern auch beantwortet hatte.
Die höchste Dummheit, wie zuzugestehen ist, entzieht sich
ebenso der Berechnung wie die höchste Klugheit, --
das ist eine von den großen Seiten der echten und
unverfälschten Stupidität. Aber jene ,Mittelklugen',
die gerade klug genug sind, um von der Lust ,es auch
einmal mit etwas Geistreichem zu probieren', an¬
gewandelt zu werden, diese Mittelklugen sind allemal
am leichtesten zu berechnen. Und warum? Weil sie
jederzeit nur die Mode mitmachen und heute kopieren,
was sie gestern sahn. Und das alles wußte der Kaiser.
Hic haeret. Er hat sich nie glänzender bewährt, als
in dieser Austerlitzer Aktion, auch im Nebensächlichen
nicht, auch nicht in jenen Impromptus und witzigen
Einfällen auf dem Gebiete des Grausigen, die so recht
eigentlich das Kennzeichen des Genies sind."

"Ein Beispiel."

"Eines für hundert. Als das Centrum schon
durchbrochen war, hatte sich ein Teil der russischen
Garde, vier Bataillone, nach ebenso viel gefrornen
Teichen hin zurückgezogen, und eine französische

Widerſpruch, ſo wandt er ſich direkt an Bülow und
ſagte: „Widerlegen Sie mich.“

„Königliche Hoheit befehlen und ſo gehorch ich denn.
Der Kaiſer wußte genau was geſchehen werde, konnt
es wiſſen, weil er ſich die Frage ,was thut hier die
Mittelmäßigkeit‘ in vorausberechnender Weiſe
nicht blos geſtellt, ſondern auch beantwortet hatte.
Die höchſte Dummheit, wie zuzugeſtehen iſt, entzieht ſich
ebenſo der Berechnung wie die höchſte Klugheit, —
das iſt eine von den großen Seiten der echten und
unverfälſchten Stupidität. Aber jene ‚Mittelklugen‘,
die gerade klug genug ſind, um von der Luſt ‚es auch
einmal mit etwas Geiſtreichem zu probieren‘, an¬
gewandelt zu werden, dieſe Mittelklugen ſind allemal
am leichteſten zu berechnen. Und warum? Weil ſie
jederzeit nur die Mode mitmachen und heute kopieren,
was ſie geſtern ſahn. Und das alles wußte der Kaiſer.
Hic haeret. Er hat ſich nie glänzender bewährt, als
in dieſer Auſterlitzer Aktion, auch im Nebenſächlichen
nicht, auch nicht in jenen Impromptus und witzigen
Einfällen auf dem Gebiete des Grauſigen, die ſo recht
eigentlich das Kennzeichen des Genies ſind.“

„Ein Beiſpiel.“

„Eines für hundert. Als das Centrum ſchon
durchbrochen war, hatte ſich ein Teil der ruſſiſchen
Garde, vier Bataillone, nach ebenſo viel gefrornen
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[75/0087] Widerſpruch, ſo wandt er ſich direkt an Bülow und ſagte: „Widerlegen Sie mich.“ „Königliche Hoheit befehlen und ſo gehorch ich denn. Der Kaiſer wußte genau was geſchehen werde, konnt es wiſſen, weil er ſich die Frage ,was thut hier die Mittelmäßigkeit‘ in vorausberechnender Weiſe nicht blos geſtellt, ſondern auch beantwortet hatte. Die höchſte Dummheit, wie zuzugeſtehen iſt, entzieht ſich ebenſo der Berechnung wie die höchſte Klugheit, — das iſt eine von den großen Seiten der echten und unverfälſchten Stupidität. Aber jene ‚Mittelklugen‘, die gerade klug genug ſind, um von der Luſt ‚es auch einmal mit etwas Geiſtreichem zu probieren‘, an¬ gewandelt zu werden, dieſe Mittelklugen ſind allemal am leichteſten zu berechnen. Und warum? Weil ſie jederzeit nur die Mode mitmachen und heute kopieren, was ſie geſtern ſahn. Und das alles wußte der Kaiſer. Hic haeret. Er hat ſich nie glänzender bewährt, als in dieſer Auſterlitzer Aktion, auch im Nebenſächlichen nicht, auch nicht in jenen Impromptus und witzigen Einfällen auf dem Gebiete des Grauſigen, die ſo recht eigentlich das Kennzeichen des Genies ſind.“ „Ein Beiſpiel.“ „Eines für hundert. Als das Centrum ſchon durchbrochen war, hatte ſich ein Teil der ruſſiſchen Garde, vier Bataillone, nach ebenſo viel gefrornen Teichen hin zurückgezogen, und eine franzöſiſche

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/87>, abgerufen am 24.11.2024.