Winter 1840 auf 1841. Drei Monate in Burg. Krank bei Fritz Esselbach. Ankunft in Leipzig.
Im Herbste 1840 verließ ich Berlin und ging zunächst nach Burg, einer ansehnlichen Stadt, von der trotzdem "niemand nichts weiß". Oder doch nicht viel. Die Nähe Magdeburgs hat es von Anfang an in den Schatten gestellt. In einem alten weitschichtigen Eckhause, weißgetünchter Fachwerkbau, fand ich meine neue Heimstätte, die zunächst was Grusliches hatte. Dieses Gruselgefühl steigerte sich noch eine zeitlang unter dem Eindruck, den das Renommee des Besitzers auf mich machen mußte. Von diesem hieß es nämlich, daß er sehr jähzornig sei, ja sogar infolge dieses seines Jähzornes ein Säbelduell mit einem der Burger Garnison angehörigen Artillerie-Hauptmann gehabt und diesen schwer verwundet habe, lauter Mitteilungen, die meine Sicherheit etwas gefährdet erscheinen ließen.
Erstes Kapitel.
Winter 1840 auf 1841. Drei Monate in Burg. Krank bei Fritz Esselbach. Ankunft in Leipzig.
Im Herbste 1840 verließ ich Berlin und ging zunächst nach Burg, einer ansehnlichen Stadt, von der trotzdem „niemand nichts weiß“. Oder doch nicht viel. Die Nähe Magdeburgs hat es von Anfang an in den Schatten gestellt. In einem alten weitschichtigen Eckhause, weißgetünchter Fachwerkbau, fand ich meine neue Heimstätte, die zunächst was Grusliches hatte. Dieses Gruselgefühl steigerte sich noch eine zeitlang unter dem Eindruck, den das Renommee des Besitzers auf mich machen mußte. Von diesem hieß es nämlich, daß er sehr jähzornig sei, ja sogar infolge dieses seines Jähzornes ein Säbelduell mit einem der Burger Garnison angehörigen Artillerie-Hauptmann gehabt und diesen schwer verwundet habe, lauter Mitteilungen, die meine Sicherheit etwas gefährdet erscheinen ließen.
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Erstes Kapitel.
Winter 1840 auf 1841. Drei Monate in Burg.
Krank bei Fritz Esselbach. Ankunft in Leipzig.
Im Herbste 1840 verließ ich Berlin und ging zunächst nach Burg, einer ansehnlichen Stadt, von der trotzdem „niemand nichts weiß“. Oder doch nicht viel. Die Nähe Magdeburgs hat es von Anfang an in den Schatten gestellt. In einem alten weitschichtigen Eckhause, weißgetünchter Fachwerkbau, fand ich meine neue Heimstätte, die zunächst was Grusliches hatte. Dieses Gruselgefühl steigerte sich noch eine zeitlang unter dem Eindruck, den das Renommee des Besitzers auf mich machen mußte. Von diesem hieß es nämlich, daß er sehr jähzornig sei, ja sogar infolge dieses seines Jähzornes ein Säbelduell mit einem der Burger Garnison angehörigen Artillerie-Hauptmann gehabt und diesen schwer verwundet habe, lauter Mitteilungen, die meine Sicherheit etwas gefährdet erscheinen ließen.
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/114>, abgerufen am 24.11.2024.
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