Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.wird, ist etwas größer, reicher und bunter geworden. Originelles, wie selten! Die Hainstraße lag schon im Halbdunkel, als ich in das Neubert'sche Haus eintrat und alsbald nach dem mir von Berlin her bekannten Ehepaar fragte, das ich begrüßen wollte. Dies erregte halb Verwunderung, halb Verlegenheit, denn von solchen Intimitäten gab es in dem Hause nichts. Familie war eins und Geschäft war eins. Beiläufig ein großer Vorteil. Diese falsche Familiarität, wo meist nur Gegensätze bestehen, ist immer vom Uebel. Der ältere Herr, an den ich mich mit meiner Frage gewendet hatte, verfuhr durchaus diplomatisch und sagte, statt mir direkt zu antworten, daß er mir jemand mitgeben werde, der mich auf mein Zimmer führen solle. "Auf mein Zimmer führen" war nun freilich ein sehr euphemistischer Ausdruck, denn über einen schmalen und rumplig verbauten Hof weg - der mich übrigens durch seine Giebel und Dächer und vor allem durch unzählige Dachrinnen, die bis in die fast überlaufenden Wasserkübel niederreichten, aufs äußerste interessierte - stiegen wir, drei Treppen hoch, in ein Hinterhaus hinauf, in dessen oberster Etage das Personal in zwei Stuben untergebracht war. Eine der Stuben gehörte dem älteren Herrn, dem Geschäftsführer, den ich unten eben gesprochen hatte, für uns wird, ist etwas größer, reicher und bunter geworden. Originelles, wie selten! Die Hainstraße lag schon im Halbdunkel, als ich in das Neubert’sche Haus eintrat und alsbald nach dem mir von Berlin her bekannten Ehepaar fragte, das ich begrüßen wollte. Dies erregte halb Verwunderung, halb Verlegenheit, denn von solchen Intimitäten gab es in dem Hause nichts. Familie war eins und Geschäft war eins. Beiläufig ein großer Vorteil. Diese falsche Familiarität, wo meist nur Gegensätze bestehen, ist immer vom Uebel. Der ältere Herr, an den ich mich mit meiner Frage gewendet hatte, verfuhr durchaus diplomatisch und sagte, statt mir direkt zu antworten, daß er mir jemand mitgeben werde, der mich auf mein Zimmer führen solle. „Auf mein Zimmer führen“ war nun freilich ein sehr euphemistischer Ausdruck, denn über einen schmalen und rumplig verbauten Hof weg – der mich übrigens durch seine Giebel und Dächer und vor allem durch unzählige Dachrinnen, die bis in die fast überlaufenden Wasserkübel niederreichten, aufs äußerste interessierte – stiegen wir, drei Treppen hoch, in ein Hinterhaus hinauf, in dessen oberster Etage das Personal in zwei Stuben untergebracht war. Eine der Stuben gehörte dem älteren Herrn, dem Geschäftsführer, den ich unten eben gesprochen hatte, für uns <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0121" n="112"/> wird, ist etwas größer, reicher und bunter geworden. Originelles, wie selten!</p><lb/> <p>Die Hainstraße lag schon im Halbdunkel, als ich in das Neubert’sche Haus eintrat und alsbald nach dem mir von Berlin her bekannten Ehepaar fragte, das ich begrüßen wollte. Dies erregte halb Verwunderung, halb Verlegenheit, denn von solchen Intimitäten gab es in dem Hause nichts. Familie war eins und Geschäft war eins. Beiläufig ein großer Vorteil. Diese falsche Familiarität, wo meist nur Gegensätze bestehen, ist immer vom Uebel. Der ältere Herr, an den ich mich mit meiner Frage gewendet hatte, verfuhr durchaus diplomatisch und sagte, statt mir direkt zu antworten, daß er mir jemand mitgeben werde, der mich auf mein Zimmer führen solle.</p><lb/> <p>„Auf mein Zimmer führen“ war nun freilich ein sehr euphemistischer Ausdruck, denn über einen schmalen und rumplig verbauten Hof weg – der mich übrigens durch seine Giebel und Dächer und vor allem durch unzählige Dachrinnen, die bis in die fast überlaufenden Wasserkübel niederreichten, aufs äußerste interessierte – stiegen wir, drei Treppen hoch, in ein Hinterhaus hinauf, in dessen oberster Etage das Personal in zwei Stuben untergebracht war. Eine der Stuben gehörte dem älteren Herrn, dem Geschäftsführer, den ich unten eben gesprochen hatte, für uns<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [112/0121]
wird, ist etwas größer, reicher und bunter geworden. Originelles, wie selten!
Die Hainstraße lag schon im Halbdunkel, als ich in das Neubert’sche Haus eintrat und alsbald nach dem mir von Berlin her bekannten Ehepaar fragte, das ich begrüßen wollte. Dies erregte halb Verwunderung, halb Verlegenheit, denn von solchen Intimitäten gab es in dem Hause nichts. Familie war eins und Geschäft war eins. Beiläufig ein großer Vorteil. Diese falsche Familiarität, wo meist nur Gegensätze bestehen, ist immer vom Uebel. Der ältere Herr, an den ich mich mit meiner Frage gewendet hatte, verfuhr durchaus diplomatisch und sagte, statt mir direkt zu antworten, daß er mir jemand mitgeben werde, der mich auf mein Zimmer führen solle.
„Auf mein Zimmer führen“ war nun freilich ein sehr euphemistischer Ausdruck, denn über einen schmalen und rumplig verbauten Hof weg – der mich übrigens durch seine Giebel und Dächer und vor allem durch unzählige Dachrinnen, die bis in die fast überlaufenden Wasserkübel niederreichten, aufs äußerste interessierte – stiegen wir, drei Treppen hoch, in ein Hinterhaus hinauf, in dessen oberster Etage das Personal in zwei Stuben untergebracht war. Eine der Stuben gehörte dem älteren Herrn, dem Geschäftsführer, den ich unten eben gesprochen hatte, für uns
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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