Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.war, so bin ich doch auf meinem Lebenswege nur sehr wenigen begegnet, die mehr davon gewußt hätten. Wolfsohn war mir sehr zugethan, über mein Verdienst hinaus, und hat mir diese Zuneigung vielfach bethätigt. Auch noch nachdem ich Leipzig verlassen hatte, blieb ich in persönlicher Verbindung mit ihm und später in einem zeitweilig ziemlich lebhaften Briefwechsel. Einige dieser Briefe, darin auch die Großfürstin Helene, ohne die damals in Rußland nichts Litterarisches denkbar war, eine Rolle spielte, waren aus den beiden russischen Hauptstädten datiert, wohin Wolfsohn gern und oft ging, um den dortigen "deutschen Kolonien" samt einigen litteraturbeflissenen Russen Vorlesungen über allerjüngste deutsche Dichter, zu denen Wolfsohn, etwas gewagt, auch mich rechnete, zu halten, woraus sich dann ergab, daß ich in Petersburg und Moskau bereits ein Gegenstand eines kleinen litterarischen Interesses war, als mich in Deutschland noch niemand kannte, nicht einmal in Berlin. 1851, eben wieder von einer Petersburger Reise zurückgekehrt, trat Wolfsohn an die Spitze des "Deutschen Museums", einer guten und vielgelesenen Zeitschrift, die er eine Zeit lang mit Robert Prutz gemeinschaftlich redigierte. Sein Aufenthalt war damals Dresden, in dessen litterarischen Kreisen er Otto Ludwig kennen lernte. Mit Auerbach um die Wette war, so bin ich doch auf meinem Lebenswege nur sehr wenigen begegnet, die mehr davon gewußt hätten. Wolfsohn war mir sehr zugethan, über mein Verdienst hinaus, und hat mir diese Zuneigung vielfach bethätigt. Auch noch nachdem ich Leipzig verlassen hatte, blieb ich in persönlicher Verbindung mit ihm und später in einem zeitweilig ziemlich lebhaften Briefwechsel. Einige dieser Briefe, darin auch die Großfürstin Helene, ohne die damals in Rußland nichts Litterarisches denkbar war, eine Rolle spielte, waren aus den beiden russischen Hauptstädten datiert, wohin Wolfsohn gern und oft ging, um den dortigen „deutschen Kolonien“ samt einigen litteraturbeflissenen Russen Vorlesungen über allerjüngste deutsche Dichter, zu denen Wolfsohn, etwas gewagt, auch mich rechnete, zu halten, woraus sich dann ergab, daß ich in Petersburg und Moskau bereits ein Gegenstand eines kleinen litterarischen Interesses war, als mich in Deutschland noch niemand kannte, nicht einmal in Berlin. 1851, eben wieder von einer Petersburger Reise zurückgekehrt, trat Wolfsohn an die Spitze des „Deutschen Museums“, einer guten und vielgelesenen Zeitschrift, die er eine Zeit lang mit Robert Prutz gemeinschaftlich redigierte. Sein Aufenthalt war damals Dresden, in dessen litterarischen Kreisen er Otto Ludwig kennen lernte. Mit Auerbach um die Wette <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0158" n="149"/> war, so bin ich doch auf meinem Lebenswege nur sehr wenigen begegnet, die mehr davon gewußt hätten.</p><lb/> <p>Wolfsohn war mir sehr zugethan, über mein Verdienst hinaus, und hat mir diese Zuneigung vielfach bethätigt. Auch noch nachdem ich Leipzig verlassen hatte, blieb ich in persönlicher Verbindung mit ihm und später in einem zeitweilig ziemlich lebhaften Briefwechsel. Einige dieser Briefe, darin auch die Großfürstin Helene, ohne die damals in Rußland nichts Litterarisches denkbar war, eine Rolle spielte, waren aus den beiden russischen Hauptstädten datiert, wohin Wolfsohn gern und oft ging, um den dortigen „deutschen Kolonien“ samt einigen litteraturbeflissenen Russen Vorlesungen über allerjüngste deutsche Dichter, zu denen Wolfsohn, etwas gewagt, auch mich rechnete, zu halten, woraus sich dann ergab, daß ich in Petersburg und Moskau bereits ein Gegenstand eines kleinen litterarischen Interesses war, als mich in Deutschland noch niemand kannte, nicht einmal in Berlin.</p><lb/> <p>1851, eben wieder von einer Petersburger Reise zurückgekehrt, trat Wolfsohn an die Spitze des „Deutschen Museums“, einer guten und vielgelesenen Zeitschrift, die er eine Zeit lang mit Robert Prutz gemeinschaftlich redigierte. Sein Aufenthalt war damals Dresden, in dessen litterarischen Kreisen er Otto Ludwig kennen lernte. Mit Auerbach um die Wette<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [149/0158]
war, so bin ich doch auf meinem Lebenswege nur sehr wenigen begegnet, die mehr davon gewußt hätten.
Wolfsohn war mir sehr zugethan, über mein Verdienst hinaus, und hat mir diese Zuneigung vielfach bethätigt. Auch noch nachdem ich Leipzig verlassen hatte, blieb ich in persönlicher Verbindung mit ihm und später in einem zeitweilig ziemlich lebhaften Briefwechsel. Einige dieser Briefe, darin auch die Großfürstin Helene, ohne die damals in Rußland nichts Litterarisches denkbar war, eine Rolle spielte, waren aus den beiden russischen Hauptstädten datiert, wohin Wolfsohn gern und oft ging, um den dortigen „deutschen Kolonien“ samt einigen litteraturbeflissenen Russen Vorlesungen über allerjüngste deutsche Dichter, zu denen Wolfsohn, etwas gewagt, auch mich rechnete, zu halten, woraus sich dann ergab, daß ich in Petersburg und Moskau bereits ein Gegenstand eines kleinen litterarischen Interesses war, als mich in Deutschland noch niemand kannte, nicht einmal in Berlin.
1851, eben wieder von einer Petersburger Reise zurückgekehrt, trat Wolfsohn an die Spitze des „Deutschen Museums“, einer guten und vielgelesenen Zeitschrift, die er eine Zeit lang mit Robert Prutz gemeinschaftlich redigierte. Sein Aufenthalt war damals Dresden, in dessen litterarischen Kreisen er Otto Ludwig kennen lernte. Mit Auerbach um die Wette
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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