Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.brauchte dann wenigstens keine Gagen zu zahlen. Alles kam darauf an, ein gutes Repertoire zusammenzustellen: einaktige Schwänke, Scenen aus größeren Schau- und Trauerspielen und kleinere Deklamationsstücke, deren Aufführung sich mit Hülfe dessen, was ihm an Requisiten zu Gebote stand, leicht ermöglichte. Sein Vertrautsein mit diesen Dingen ließ auch alles glücklich zu stande kommen und so zog er denn mit seiner Familie, die zugleich seine "Truppe" war, aufs neue durch die deutschen Lande. Ganz kleine Städte, bis zu zweitausend Einwohnern, erwiesen sich als bestes Aktionsfeld und seine Tochter Philippine, die mittlerweile zehn oder zwölf Jahr alt geworden war, war zugleich Wunderkind und Gegenstand der Teilnahme. Dichtungen, in denen das Rührsame vorherrschte, bildeten ihre Spezialität. Auf diese Tochter stellte sich schließlich alle Hoffnung und als sie sechzehn Jahr alt war, rechnete sich der Alte heraus, daß ein Engagement dieses seines ältesten Kindes an irgend einem Hof- oder Stadttheater doch wohl einträglicher sein würde, als das Ziehen und Wandern von Ort zu Ort. Er faßte dies immer ernster ins Auge und 1826 sah er seine Bemühungen in Erfüllung gehn: Philippine wurde seitens des Magdeburger Theaters engagiert, dessen gutmütiger Direktor den Rest der Familie - brauchte dann wenigstens keine Gagen zu zahlen. Alles kam darauf an, ein gutes Repertoire zusammenzustellen: einaktige Schwänke, Scenen aus größeren Schau- und Trauerspielen und kleinere Deklamationsstücke, deren Aufführung sich mit Hülfe dessen, was ihm an Requisiten zu Gebote stand, leicht ermöglichte. Sein Vertrautsein mit diesen Dingen ließ auch alles glücklich zu stande kommen und so zog er denn mit seiner Familie, die zugleich seine „Truppe“ war, aufs neue durch die deutschen Lande. Ganz kleine Städte, bis zu zweitausend Einwohnern, erwiesen sich als bestes Aktionsfeld und seine Tochter Philippine, die mittlerweile zehn oder zwölf Jahr alt geworden war, war zugleich Wunderkind und Gegenstand der Teilnahme. Dichtungen, in denen das Rührsame vorherrschte, bildeten ihre Spezialität. Auf diese Tochter stellte sich schließlich alle Hoffnung und als sie sechzehn Jahr alt war, rechnete sich der Alte heraus, daß ein Engagement dieses seines ältesten Kindes an irgend einem Hof- oder Stadttheater doch wohl einträglicher sein würde, als das Ziehen und Wandern von Ort zu Ort. Er faßte dies immer ernster ins Auge und 1826 sah er seine Bemühungen in Erfüllung gehn: Philippine wurde seitens des Magdeburger Theaters engagiert, dessen gutmütiger Direktor den Rest der Familie – <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0183" n="174"/> brauchte dann wenigstens keine Gagen zu zahlen. Alles kam darauf an, ein gutes Repertoire zusammenzustellen: einaktige Schwänke, Scenen aus größeren Schau- und Trauerspielen und kleinere Deklamationsstücke, deren Aufführung sich mit Hülfe dessen, was ihm an Requisiten zu Gebote stand, leicht ermöglichte. Sein Vertrautsein mit diesen Dingen ließ auch alles glücklich zu stande kommen und so zog er denn mit seiner Familie, die zugleich seine „Truppe“ war, aufs neue durch die deutschen Lande. Ganz kleine Städte, bis zu zweitausend Einwohnern, erwiesen sich als bestes Aktionsfeld und seine Tochter Philippine, die mittlerweile zehn oder zwölf Jahr alt geworden war, war zugleich Wunderkind und Gegenstand der Teilnahme. Dichtungen, in denen das Rührsame vorherrschte, bildeten ihre Spezialität. Auf diese Tochter stellte sich schließlich alle Hoffnung und als sie sechzehn Jahr alt war, rechnete sich der Alte heraus, daß ein Engagement dieses seines ältesten Kindes an irgend einem Hof- oder Stadttheater doch wohl einträglicher sein würde, als das Ziehen und Wandern von Ort zu Ort. Er faßte dies immer ernster ins Auge und 1826 sah er seine Bemühungen in Erfüllung gehn: Philippine wurde seitens des Magdeburger Theaters engagiert, dessen gutmütiger Direktor den Rest der Familie –<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [174/0183]
brauchte dann wenigstens keine Gagen zu zahlen. Alles kam darauf an, ein gutes Repertoire zusammenzustellen: einaktige Schwänke, Scenen aus größeren Schau- und Trauerspielen und kleinere Deklamationsstücke, deren Aufführung sich mit Hülfe dessen, was ihm an Requisiten zu Gebote stand, leicht ermöglichte. Sein Vertrautsein mit diesen Dingen ließ auch alles glücklich zu stande kommen und so zog er denn mit seiner Familie, die zugleich seine „Truppe“ war, aufs neue durch die deutschen Lande. Ganz kleine Städte, bis zu zweitausend Einwohnern, erwiesen sich als bestes Aktionsfeld und seine Tochter Philippine, die mittlerweile zehn oder zwölf Jahr alt geworden war, war zugleich Wunderkind und Gegenstand der Teilnahme. Dichtungen, in denen das Rührsame vorherrschte, bildeten ihre Spezialität. Auf diese Tochter stellte sich schließlich alle Hoffnung und als sie sechzehn Jahr alt war, rechnete sich der Alte heraus, daß ein Engagement dieses seines ältesten Kindes an irgend einem Hof- oder Stadttheater doch wohl einträglicher sein würde, als das Ziehen und Wandern von Ort zu Ort. Er faßte dies immer ernster ins Auge und 1826 sah er seine Bemühungen in Erfüllung gehn: Philippine wurde seitens des Magdeburger Theaters engagiert, dessen gutmütiger Direktor den Rest der Familie –
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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