wie ein mittelalterlicher Gelehrtenstuhl aussehend, schlicht von Eichenholz und mit fester grauer Leinewand überzogen, der alte Königsstuhl von England, zwischen dessen vier Füßen, auf einem, dem eigentlichen Sitz entsprechenden Unterbrett, ein großer Stein liegt: der aus Scone herbeigeschaffte Krönungsstein der Könige von Schottland. Ich war von dem allem wie benommen und that Fragen über Fragen, die mir der Kirchendiener gern beantwortete, vielleicht weil er ein Interesse merkte, das nicht ganz alltäglich war. Und während wir so sprachen, hatten sich meine Blicke von dem Krönungsstuhle, dem unausgesetzt all meine Fragen galten, eine kleine Weile fortgewandt. Als ich aber wieder hinsah, hatte sich, wer beschreibt mein Entsetzen, einer meiner Reisegefährten, ein Leipziger Eisenkrämer, auf dem Throne von England niedergelassen und baumelte da ganz vergnüglich mit seinen zwei Beinen. Alles der Ausdruck eines ursächsischen: "sehr scheene". Mir wurde nicht wohl dabei zu Mute, am wenigsten, als ich die Miene sah, mit der unser englisch steifleinener Führer diese Klownerie begleitete.
Der Tag vor unserer Abreise brachte uns noch etwas besonders Hübsches. Einem der mit zu dem Reise-Komitee gehörenden englischen Herrn war es geglückt, uns eine Art "Permesso", ein Ticket zum
wie ein mittelalterlicher Gelehrtenstuhl aussehend, schlicht von Eichenholz und mit fester grauer Leinewand überzogen, der alte Königsstuhl von England, zwischen dessen vier Füßen, auf einem, dem eigentlichen Sitz entsprechenden Unterbrett, ein großer Stein liegt: der aus Scone herbeigeschaffte Krönungsstein der Könige von Schottland. Ich war von dem allem wie benommen und that Fragen über Fragen, die mir der Kirchendiener gern beantwortete, vielleicht weil er ein Interesse merkte, das nicht ganz alltäglich war. Und während wir so sprachen, hatten sich meine Blicke von dem Krönungsstuhle, dem unausgesetzt all meine Fragen galten, eine kleine Weile fortgewandt. Als ich aber wieder hinsah, hatte sich, wer beschreibt mein Entsetzen, einer meiner Reisegefährten, ein Leipziger Eisenkrämer, auf dem Throne von England niedergelassen und baumelte da ganz vergnüglich mit seinen zwei Beinen. Alles der Ausdruck eines ursächsischen: „sehr scheene“. Mir wurde nicht wohl dabei zu Mute, am wenigsten, als ich die Miene sah, mit der unser englisch steifleinener Führer diese Klownerie begleitete.
Der Tag vor unserer Abreise brachte uns noch etwas besonders Hübsches. Einem der mit zu dem Reise-Komitee gehörenden englischen Herrn war es geglückt, uns eine Art „Permesso“, ein Ticket zum
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wie ein mittelalterlicher Gelehrtenstuhl aussehend, schlicht von Eichenholz und mit fester grauer Leinewand überzogen, der alte Königsstuhl von England, zwischen dessen vier Füßen, auf einem, dem eigentlichen Sitz entsprechenden Unterbrett, ein großer Stein liegt: der aus Scone herbeigeschaffte Krönungsstein der Könige von Schottland. Ich war von dem allem wie benommen und that Fragen über Fragen, die mir der Kirchendiener gern beantwortete, vielleicht weil er ein Interesse merkte, das nicht ganz alltäglich war. Und während wir so sprachen, hatten sich meine Blicke von dem Krönungsstuhle, dem unausgesetzt all meine Fragen galten, eine kleine Weile fortgewandt. Als ich aber wieder hinsah, hatte sich, wer beschreibt mein Entsetzen, einer meiner Reisegefährten, ein Leipziger Eisenkrämer, auf dem Throne von England niedergelassen und baumelte da ganz vergnüglich mit seinen zwei Beinen. Alles der Ausdruck eines ursächsischen: „sehr scheene“. Mir wurde nicht wohl dabei zu Mute, am wenigsten, als ich die Miene sah, mit der unser englisch steifleinener Führer diese Klownerie begleitete.</p><lb/><p>Der Tag vor unserer Abreise brachte uns noch etwas besonders Hübsches. Einem der mit zu dem Reise-Komitee gehörenden englischen Herrn war es geglückt, uns eine Art „Permesso“, ein Ticket zum<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
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wie ein mittelalterlicher Gelehrtenstuhl aussehend, schlicht von Eichenholz und mit fester grauer Leinewand überzogen, der alte Königsstuhl von England, zwischen dessen vier Füßen, auf einem, dem eigentlichen Sitz entsprechenden Unterbrett, ein großer Stein liegt: der aus Scone herbeigeschaffte Krönungsstein der Könige von Schottland. Ich war von dem allem wie benommen und that Fragen über Fragen, die mir der Kirchendiener gern beantwortete, vielleicht weil er ein Interesse merkte, das nicht ganz alltäglich war. Und während wir so sprachen, hatten sich meine Blicke von dem Krönungsstuhle, dem unausgesetzt all meine Fragen galten, eine kleine Weile fortgewandt. Als ich aber wieder hinsah, hatte sich, wer beschreibt mein Entsetzen, einer meiner Reisegefährten, ein Leipziger Eisenkrämer, auf dem Throne von England niedergelassen und baumelte da ganz vergnüglich mit seinen zwei Beinen. Alles der Ausdruck eines ursächsischen: „sehr scheene“. Mir wurde nicht wohl dabei zu Mute, am wenigsten, als ich die Miene sah, mit der unser englisch steifleinener Führer diese Klownerie begleitete.
Der Tag vor unserer Abreise brachte uns noch etwas besonders Hübsches. Einem der mit zu dem Reise-Komitee gehörenden englischen Herrn war es geglückt, uns eine Art „Permesso“, ein Ticket zum
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/251>, abgerufen am 27.07.2024.
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