seiner amtlichen Eigenschaft nicht nur über Theaterdinge Beschlüsse zu fassen, sondern auch Vieles bereits in andere Wege geleitet hatte - das war einfach ein Affront, und zwar ein ganz überlegter. Die neue Generalintendanz hatte sich in ihrer Unabhängigkeit legitimieren und der bloß ministeriellen Halb-Autorität gegenüber ihren hofamtlichen Charakter betonen, vielleicht auch der Zumutung, es mit etwaigen neuen Kugler'schen Dramen zu versuchen, ein für allemal einen Riegel vorschieben wollen.
Ich sagte schon, daß außer den Dramen auch Kugler'sche Novellen im Tunnel zum Vortrag kamen. Mit diesen war er etwas glücklicher. Das galt besonders von einer kulturhistorischen Novelle, die den Titel "Chlodosinda" führte. Schauplatz das westgothische Spanien ums Jahr 660. Kugler hat hier das Bild einer weit zurückliegenden Zeit in Briefen vor uns entrollt. Ob er daran recht that, stehe dahin. Es hat Vorzüge, noch mehr Nachteile. "Dem allzeit hochgeliebten und seines apostolischen Sitzes höchst würdigen Herrn Nicasius entbietet Veranus, Archipresbyter der ruhmreichen Kathedralkirche zu Toletum, in demutvoller Freundschaft seinen Gruß." So beginnt es. Veranus erzählt nun seinem in Narbona (Narbonne) residierenden Bischofe
seiner amtlichen Eigenschaft nicht nur über Theaterdinge Beschlüsse zu fassen, sondern auch Vieles bereits in andere Wege geleitet hatte – das war einfach ein Affront, und zwar ein ganz überlegter. Die neue Generalintendanz hatte sich in ihrer Unabhängigkeit legitimieren und der bloß ministeriellen Halb-Autorität gegenüber ihren hofamtlichen Charakter betonen, vielleicht auch der Zumutung, es mit etwaigen neuen Kugler’schen Dramen zu versuchen, ein für allemal einen Riegel vorschieben wollen.
Ich sagte schon, daß außer den Dramen auch Kugler’sche Novellen im Tunnel zum Vortrag kamen. Mit diesen war er etwas glücklicher. Das galt besonders von einer kulturhistorischen Novelle, die den Titel „Chlodosinda“ führte. Schauplatz das westgothische Spanien ums Jahr 660. Kugler hat hier das Bild einer weit zurückliegenden Zeit in Briefen vor uns entrollt. Ob er daran recht that, stehe dahin. Es hat Vorzüge, noch mehr Nachteile. „Dem allzeit hochgeliebten und seines apostolischen Sitzes höchst würdigen Herrn Nicasius entbietet Veranus, Archipresbyter der ruhmreichen Kathedralkirche zu Toletum, in demutvoller Freundschaft seinen Gruß.“ So beginnt es. Veranus erzählt nun seinem in Narbona (Narbonne) residierenden Bischofe
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seiner amtlichen Eigenschaft nicht nur über Theaterdinge Beschlüsse zu fassen, sondern auch Vieles bereits in andere Wege geleitet hatte –<hirendition="#g">das</hi> war einfach ein Affront, und zwar ein ganz überlegter. Die neue Generalintendanz hatte sich in ihrer Unabhängigkeit legitimieren und der bloß <hirendition="#g">ministeriellen Halb-Autorität</hi> gegenüber ihren <hirendition="#g">hofamtlichen</hi> Charakter betonen, vielleicht auch der Zumutung, es mit etwaigen neuen Kugler’schen Dramen zu versuchen, ein für allemal einen Riegel vorschieben wollen.</p><lb/><p>Ich sagte schon, daß außer den Dramen auch Kugler’sche Novellen im Tunnel zum Vortrag kamen. Mit diesen war er etwas glücklicher. Das galt besonders von einer <choice><sic>kulturistorischen</sic><corr>kulturhistorischen</corr></choice> Novelle, die den Titel „<hirendition="#g">Chlodosinda</hi>“ führte. Schauplatz das westgothische Spanien ums Jahr 660. Kugler hat hier das Bild einer weit zurückliegenden Zeit in Briefen vor uns entrollt. Ob er daran recht that, stehe dahin. Es hat Vorzüge, noch mehr Nachteile. „Dem allzeit hochgeliebten und seines apostolischen Sitzes höchst würdigen Herrn Nicasius entbietet Veranus, Archipresbyter der ruhmreichen Kathedralkirche zu Toletum, in demutvoller Freundschaft seinen Gruß.“ So beginnt es. Veranus erzählt nun seinem in Narbona (Narbonne) residierenden Bischofe<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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seiner amtlichen Eigenschaft nicht nur über Theaterdinge Beschlüsse zu fassen, sondern auch Vieles bereits in andere Wege geleitet hatte – das war einfach ein Affront, und zwar ein ganz überlegter. Die neue Generalintendanz hatte sich in ihrer Unabhängigkeit legitimieren und der bloß ministeriellen Halb-Autorität gegenüber ihren hofamtlichen Charakter betonen, vielleicht auch der Zumutung, es mit etwaigen neuen Kugler’schen Dramen zu versuchen, ein für allemal einen Riegel vorschieben wollen.
Ich sagte schon, daß außer den Dramen auch Kugler’sche Novellen im Tunnel zum Vortrag kamen. Mit diesen war er etwas glücklicher. Das galt besonders von einer kulturhistorischen Novelle, die den Titel „Chlodosinda“ führte. Schauplatz das westgothische Spanien ums Jahr 660. Kugler hat hier das Bild einer weit zurückliegenden Zeit in Briefen vor uns entrollt. Ob er daran recht that, stehe dahin. Es hat Vorzüge, noch mehr Nachteile. „Dem allzeit hochgeliebten und seines apostolischen Sitzes höchst würdigen Herrn Nicasius entbietet Veranus, Archipresbyter der ruhmreichen Kathedralkirche zu Toletum, in demutvoller Freundschaft seinen Gruß.“ So beginnt es. Veranus erzählt nun seinem in Narbona (Narbonne) residierenden Bischofe
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/306>, abgerufen am 27.07.2024.
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