Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

Er war damals zwanzig Jahre alt und sah sich, bei seinem Eintritt in den Verein, von alt und jung freudig begrüßt, was er zunächst seiner glänzenden Persönlichkeit, in der sich die vollkommenste gesellschaftliche Sicherheit mit einer immer gleichen Heiterkeit paarte, zuzuschreiben hatte. Margherita Spoletina - nur erst der "Jungbrunnen" war bis dahin von ihm erschienen -, Urica, Francesca von Rimini, Marion, die Brüder, kamen alsbald zum Vortrag und fanden, am meisten die letztgenannte Dichtung, allseitige Zustimmung; aber Heyses Auftreten im Tunnel war nur kurz bemessen und blieb Episode. Schon Frühling oder Herbst 1851 ging er nach Bonn, von Bonn, mit Ribbeck zusammen, nach Italien, und als er von dort, wo die reizende L'Arrabiata entstanden war, nach Berlin zurückkehrte, rückte rasch die Zeit heran, die den mittlerweile mit Margarethe Kugler glücklich Verlobten, bald auch Vermählten, nach München hinüberführte. Das war Herbst 1854. Man sah ihn im Tunnel ungern scheiden, trotzdem aber gebrach es an jener tieferen Teilnahme, die beispielsweise, zehn Jahre vorher, bei Strachwitz' Ausscheiden geherrscht hatte. Die Wärme, der Heyse bei seinem Eintritt begegnet war, hatte sich einigermaßen verloren und einer kühleren Temperatur Platz gemacht. Woran lag das? An allerlei. Sein großes Talent,

Er war damals zwanzig Jahre alt und sah sich, bei seinem Eintritt in den Verein, von alt und jung freudig begrüßt, was er zunächst seiner glänzenden Persönlichkeit, in der sich die vollkommenste gesellschaftliche Sicherheit mit einer immer gleichen Heiterkeit paarte, zuzuschreiben hatte. Margherita Spoletina – nur erst der „Jungbrunnen“ war bis dahin von ihm erschienen –, Urica, Francesca von Rimini, Marion, die Brüder, kamen alsbald zum Vortrag und fanden, am meisten die letztgenannte Dichtung, allseitige Zustimmung; aber Heyses Auftreten im Tunnel war nur kurz bemessen und blieb Episode. Schon Frühling oder Herbst 1851 ging er nach Bonn, von Bonn, mit Ribbeck zusammen, nach Italien, und als er von dort, wo die reizende L’Arrabiata entstanden war, nach Berlin zurückkehrte, rückte rasch die Zeit heran, die den mittlerweile mit Margarethe Kugler glücklich Verlobten, bald auch Vermählten, nach München hinüberführte. Das war Herbst 1854. Man sah ihn im Tunnel ungern scheiden, trotzdem aber gebrach es an jener tieferen Teilnahme, die beispielsweise, zehn Jahre vorher, bei Strachwitz’ Ausscheiden geherrscht hatte. Die Wärme, der Heyse bei seinem Eintritt begegnet war, hatte sich einigermaßen verloren und einer kühleren Temperatur Platz gemacht. Woran lag das? An allerlei. Sein großes Talent,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0314" n="305"/>
            <p>Er war damals zwanzig Jahre alt und sah sich, bei seinem Eintritt in den Verein, von alt und jung freudig begrüßt, was er zunächst seiner glänzenden Persönlichkeit, in der sich die vollkommenste gesellschaftliche Sicherheit mit einer immer gleichen Heiterkeit paarte, zuzuschreiben hatte. Margherita Spoletina &#x2013; nur erst der &#x201E;Jungbrunnen&#x201C; war bis dahin von ihm erschienen &#x2013;, Urica, Francesca von Rimini, Marion, die Brüder, kamen alsbald zum Vortrag und fanden, am meisten die letztgenannte Dichtung, allseitige Zustimmung; aber Heyses Auftreten im Tunnel war nur kurz bemessen und blieb Episode. Schon Frühling oder Herbst 1851 ging er nach Bonn, von Bonn, mit Ribbeck zusammen, nach Italien, und als er von dort, wo die reizende L&#x2019;Arrabiata entstanden war, nach Berlin zurückkehrte, rückte rasch die Zeit heran, die den mittlerweile mit Margarethe Kugler glücklich Verlobten, bald auch Vermählten, nach München hinüberführte. Das war Herbst 1854. Man sah ihn im Tunnel ungern scheiden, trotzdem aber gebrach es an jener tieferen Teilnahme, die beispielsweise, zehn Jahre vorher, bei Strachwitz&#x2019; Ausscheiden geherrscht hatte. Die Wärme, der Heyse bei seinem Eintritt begegnet war, hatte sich einigermaßen verloren und einer kühleren Temperatur Platz gemacht. Woran lag das? An allerlei. Sein großes Talent,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[305/0314] Er war damals zwanzig Jahre alt und sah sich, bei seinem Eintritt in den Verein, von alt und jung freudig begrüßt, was er zunächst seiner glänzenden Persönlichkeit, in der sich die vollkommenste gesellschaftliche Sicherheit mit einer immer gleichen Heiterkeit paarte, zuzuschreiben hatte. Margherita Spoletina – nur erst der „Jungbrunnen“ war bis dahin von ihm erschienen –, Urica, Francesca von Rimini, Marion, die Brüder, kamen alsbald zum Vortrag und fanden, am meisten die letztgenannte Dichtung, allseitige Zustimmung; aber Heyses Auftreten im Tunnel war nur kurz bemessen und blieb Episode. Schon Frühling oder Herbst 1851 ging er nach Bonn, von Bonn, mit Ribbeck zusammen, nach Italien, und als er von dort, wo die reizende L’Arrabiata entstanden war, nach Berlin zurückkehrte, rückte rasch die Zeit heran, die den mittlerweile mit Margarethe Kugler glücklich Verlobten, bald auch Vermählten, nach München hinüberführte. Das war Herbst 1854. Man sah ihn im Tunnel ungern scheiden, trotzdem aber gebrach es an jener tieferen Teilnahme, die beispielsweise, zehn Jahre vorher, bei Strachwitz’ Ausscheiden geherrscht hatte. Die Wärme, der Heyse bei seinem Eintritt begegnet war, hatte sich einigermaßen verloren und einer kühleren Temperatur Platz gemacht. Woran lag das? An allerlei. Sein großes Talent,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T10:02:20Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T10:02:20Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: keine;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/314
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/314>, abgerufen am 26.11.2024.