Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.ein. Nun konnte Lucae schließen so viel er wollte, der Zug blieb doch, und der liebe Vetter von jenseits des Kanals hatte gesiegt. Aber so schlimm dies Erlebnis war, Schlimmeres war ihm für den Verlauf seiner Reise vorbehalten. Er kam nach München und besuchte hier natürlich auch die Schack'sche Galerie. Niemand, es war noch sehr früh, war da, und nur der Diener des Grafen, eine stattliche Erscheinung und fast wie ein Gentleman wirkend, schritt auf und ab. Lucae wandte sich mit allerhand Fragen an ihn und kam alsbald in ein intimes Gespräch, das erst die Bilder des Grafen, dann den Grafen selbst betraf. Schließlich war der Moment da, wo Lucae sich über die Zulässigkeit von "buona mano" schlüssig zu machen hatte. Sein Schwanken indessen konnte nicht von Dauer sein. Er hatte durchaus den Eindruck, daß ein "Trinkgeld" diesem Herrn gegenüber eine Unmöglichkeit sei, und so beschränkte er sich nach Eintragung seines Namens und Titels in das Fremdenbuch einfach darauf, seinen Dank auszusprechen. Aber das war durchaus nicht in der Ordnung, und als er gleich danach die Straße hinunter schritt, hörte er hinter sich her die von Lachsalven begleiteten Worte: "Geheimrat, haha ... Geheimrat aus Berlin, hahaha." Lucae hatte wieder einmal fehlgeschossen. ein. Nun konnte Lucae schließen so viel er wollte, der Zug blieb doch, und der liebe Vetter von jenseits des Kanals hatte gesiegt. Aber so schlimm dies Erlebnis war, Schlimmeres war ihm für den Verlauf seiner Reise vorbehalten. Er kam nach München und besuchte hier natürlich auch die Schack’sche Galerie. Niemand, es war noch sehr früh, war da, und nur der Diener des Grafen, eine stattliche Erscheinung und fast wie ein Gentleman wirkend, schritt auf und ab. Lucae wandte sich mit allerhand Fragen an ihn und kam alsbald in ein intimes Gespräch, das erst die Bilder des Grafen, dann den Grafen selbst betraf. Schließlich war der Moment da, wo Lucae sich über die Zulässigkeit von „buona mano“ schlüssig zu machen hatte. Sein Schwanken indessen konnte nicht von Dauer sein. Er hatte durchaus den Eindruck, daß ein „Trinkgeld“ diesem Herrn gegenüber eine Unmöglichkeit sei, und so beschränkte er sich nach Eintragung seines Namens und Titels in das Fremdenbuch einfach darauf, seinen Dank auszusprechen. Aber das war durchaus nicht in der Ordnung, und als er gleich danach die Straße hinunter schritt, hörte er hinter sich her die von Lachsalven begleiteten Worte: „Geheimrat, haha … Geheimrat aus Berlin, hahaha.“ Lucae hatte wieder einmal fehlgeschossen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0335" n="326"/> ein. Nun konnte Lucae schließen so viel er wollte, der Zug blieb doch, und der liebe Vetter von jenseits des Kanals hatte gesiegt.</p><lb/> <p>Aber so schlimm dies Erlebnis war, Schlimmeres war ihm für den Verlauf seiner Reise vorbehalten. Er kam nach München und besuchte hier natürlich auch die Schack’sche Galerie. Niemand, es war noch sehr früh, war da, und nur der Diener des Grafen, eine stattliche Erscheinung und fast wie ein Gentleman wirkend, schritt auf und ab. Lucae wandte sich mit allerhand Fragen an ihn und kam alsbald in ein intimes Gespräch, das erst die Bilder des Grafen, dann den Grafen selbst betraf. Schließlich war der Moment da, wo Lucae sich über die Zulässigkeit von <hi rendition="#aq">„buona mano“</hi> schlüssig zu machen hatte. Sein Schwanken indessen konnte nicht von Dauer sein. Er hatte durchaus den Eindruck, daß ein „Trinkgeld“ <hi rendition="#g">diesem</hi> Herrn gegenüber eine Unmöglichkeit sei, und so beschränkte er sich nach Eintragung seines Namens und Titels in das Fremdenbuch einfach darauf, seinen Dank auszusprechen. Aber das war durchaus nicht in der Ordnung, und als er gleich danach die Straße hinunter schritt, hörte er hinter sich her die von Lachsalven begleiteten Worte: „Geheimrat, haha … Geheimrat aus <hi rendition="#g">Berlin</hi>, hahaha.“ Lucae hatte wieder einmal fehlgeschossen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [326/0335]
ein. Nun konnte Lucae schließen so viel er wollte, der Zug blieb doch, und der liebe Vetter von jenseits des Kanals hatte gesiegt.
Aber so schlimm dies Erlebnis war, Schlimmeres war ihm für den Verlauf seiner Reise vorbehalten. Er kam nach München und besuchte hier natürlich auch die Schack’sche Galerie. Niemand, es war noch sehr früh, war da, und nur der Diener des Grafen, eine stattliche Erscheinung und fast wie ein Gentleman wirkend, schritt auf und ab. Lucae wandte sich mit allerhand Fragen an ihn und kam alsbald in ein intimes Gespräch, das erst die Bilder des Grafen, dann den Grafen selbst betraf. Schließlich war der Moment da, wo Lucae sich über die Zulässigkeit von „buona mano“ schlüssig zu machen hatte. Sein Schwanken indessen konnte nicht von Dauer sein. Er hatte durchaus den Eindruck, daß ein „Trinkgeld“ diesem Herrn gegenüber eine Unmöglichkeit sei, und so beschränkte er sich nach Eintragung seines Namens und Titels in das Fremdenbuch einfach darauf, seinen Dank auszusprechen. Aber das war durchaus nicht in der Ordnung, und als er gleich danach die Straße hinunter schritt, hörte er hinter sich her die von Lachsalven begleiteten Worte: „Geheimrat, haha … Geheimrat aus Berlin, hahaha.“ Lucae hatte wieder einmal fehlgeschossen.
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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