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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.

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Frage recht habe oder nicht. Leider giebt es politisch immer noch viele Storme; Hannover, Hamburg und - horribile dictu - Mecklenburg stellen unentwegt ihr Kontingent.



Storm, gleich nach seinem Eintreffen in Potsdam, hatte sich natürlich mit den ihm schon früher in Berlin bekannt gewordenen litterarischen Persönlichkeiten in Verbindung gesetzt und sah sich wenige Wochen später auch in den Tunnel eingeführt. Er wurde hier - zunächst als Gast - aufs freundlichste begrüßt und erhielt bei seiner bald darauf erfolgenden Aufnahme den Tunnelnamen "Tannhäuser". Als Liebesdichter hatte er einen gewissen Anspruch darauf, aber auch nur als solcher; im übrigen verknüpfen wir jetzt mit dem Namen "Tannhäuser" eine gewisse Niemann-Vorstellung, von der Storm so ziemlich das Gegenteil war, ein Mann wie ein Eichkätzchen, nur nicht so springelustig.

Wie mit mancher Berühmtheit, die dem Tunnel zugeführt wurde, wollte es auch mit Storm nicht recht gehen. Um so ohne weiteres an ihn zu glauben, dazu reichte das damalige Maß seiner Berühmtheit nicht aus, und um sich die Herzen im

Frage recht habe oder nicht. Leider giebt es politisch immer noch viele Storme; Hannover, Hamburg und – horribile dictu – Mecklenburg stellen unentwegt ihr Kontingent.



Storm, gleich nach seinem Eintreffen in Potsdam, hatte sich natürlich mit den ihm schon früher in Berlin bekannt gewordenen litterarischen Persönlichkeiten in Verbindung gesetzt und sah sich wenige Wochen später auch in den Tunnel eingeführt. Er wurde hier – zunächst als Gast – aufs freundlichste begrüßt und erhielt bei seiner bald darauf erfolgenden Aufnahme den Tunnelnamen „Tannhäuser“. Als Liebesdichter hatte er einen gewissen Anspruch darauf, aber auch nur als solcher; im übrigen verknüpfen wir jetzt mit dem Namen „Tannhäuser“ eine gewisse Niemann-Vorstellung, von der Storm so ziemlich das Gegenteil war, ein Mann wie ein Eichkätzchen, nur nicht so springelustig.

Wie mit mancher Berühmtheit, die dem Tunnel zugeführt wurde, wollte es auch mit Storm nicht recht gehen. Um so ohne weiteres an ihn zu glauben, dazu reichte das damalige Maß seiner Berühmtheit nicht aus, und um sich die Herzen im

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[348/0357] Frage recht habe oder nicht. Leider giebt es politisch immer noch viele Storme; Hannover, Hamburg und – horribile dictu – Mecklenburg stellen unentwegt ihr Kontingent. Storm, gleich nach seinem Eintreffen in Potsdam, hatte sich natürlich mit den ihm schon früher in Berlin bekannt gewordenen litterarischen Persönlichkeiten in Verbindung gesetzt und sah sich wenige Wochen später auch in den Tunnel eingeführt. Er wurde hier – zunächst als Gast – aufs freundlichste begrüßt und erhielt bei seiner bald darauf erfolgenden Aufnahme den Tunnelnamen „Tannhäuser“. Als Liebesdichter hatte er einen gewissen Anspruch darauf, aber auch nur als solcher; im übrigen verknüpfen wir jetzt mit dem Namen „Tannhäuser“ eine gewisse Niemann-Vorstellung, von der Storm so ziemlich das Gegenteil war, ein Mann wie ein Eichkätzchen, nur nicht so springelustig. Wie mit mancher Berühmtheit, die dem Tunnel zugeführt wurde, wollte es auch mit Storm nicht recht gehen. Um so ohne weiteres an ihn zu glauben, dazu reichte das damalige Maß seiner Berühmtheit nicht aus, und um sich die Herzen im

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Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T10:02:20Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T10:02:20Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/357>, abgerufen am 30.06.2024.