Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.statt einfach von "Hand", eigentlich von einer "biederen Rechten" sprechen. Ich habe wenig Menschen kennen gelernt, die so ausgesprochen Inhaber einer "biederen Rechten" gewesen wären. Alle gehörten selbstverständlich in die Kategorie der faux bonhommes und ein wahres Musterexemplar dieser Gattung war auch Heinrich Smidt. Damals nahm ich übrigens keinen Anstoß daran, strich vielmehr umgekehrt all die Vorteile ruhig ein, die man von der Begegnung mit solchen Menschen hat, Menschen, die zunächst ganz wundervoll gemütlich sind und ihre wahre Natur erst offenbaren, wenn sie sich durch das, was man thut oder auch nicht thut, in ihrem Interesse bedroht oder geschädigt glauben. Erst in meinen späteren Jahren habe ich eine tiefe Abneigung gegen diese mehr oder weniger gefährlichen Personen ausgebildet und wenn derartige Gefühle trotzdem hier schon zum Ausdruck kommen sollten, so sind es post festum-Gefühle; damals war ich noch ganz im Bann der "biederen Rechten". Ich muß hinzusetzen, daß Heinrich Smidts ganze Erscheinung dazu angethan war, ihm ein unbedingtes Vertrauen entgegen zu bringen. Er war der typische Schiffskapitän kleinen altmodischen Stils: mittelgroß, dicker Bauch und kurze Beine, mit denen er, sei's aus Gewohnheit, sei's aus Berechnung - statt einfach von „Hand“, eigentlich von einer „biederen Rechten“ sprechen. Ich habe wenig Menschen kennen gelernt, die so ausgesprochen Inhaber einer „biederen Rechten“ gewesen wären. Alle gehörten selbstverständlich in die Kategorie der faux bonhommes und ein wahres Musterexemplar dieser Gattung war auch Heinrich Smidt. Damals nahm ich übrigens keinen Anstoß daran, strich vielmehr umgekehrt all die Vorteile ruhig ein, die man von der Begegnung mit solchen Menschen hat, Menschen, die zunächst ganz wundervoll gemütlich sind und ihre wahre Natur erst offenbaren, wenn sie sich durch das, was man thut oder auch nicht thut, in ihrem Interesse bedroht oder geschädigt glauben. Erst in meinen späteren Jahren habe ich eine tiefe Abneigung gegen diese mehr oder weniger gefährlichen Personen ausgebildet und wenn derartige Gefühle trotzdem hier schon zum Ausdruck kommen sollten, so sind es post festum-Gefühle; damals war ich noch ganz im Bann der „biederen Rechten“. Ich muß hinzusetzen, daß Heinrich Smidts ganze Erscheinung dazu angethan war, ihm ein unbedingtes Vertrauen entgegen zu bringen. Er war der typische Schiffskapitän kleinen altmodischen Stils: mittelgroß, dicker Bauch und kurze Beine, mit denen er, sei’s aus Gewohnheit, sei’s aus Berechnung – <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0393" n="384"/> statt einfach von „Hand“, eigentlich von einer „biederen Rechten“ sprechen. Ich habe wenig Menschen kennen gelernt, die so ausgesprochen Inhaber einer „biederen Rechten“ gewesen wären. Alle gehörten selbstverständlich in die Kategorie der <hi rendition="#aq">faux bonhommes</hi> und ein wahres Musterexemplar dieser Gattung war auch Heinrich Smidt. Damals nahm ich übrigens keinen Anstoß daran, strich vielmehr umgekehrt all die Vorteile ruhig ein, die man von der Begegnung mit solchen Menschen hat, Menschen, die zunächst ganz wundervoll gemütlich sind und ihre wahre Natur erst offenbaren, wenn sie sich durch das, was man thut oder auch nicht thut, in ihrem Interesse bedroht oder geschädigt glauben. Erst in meinen späteren Jahren habe ich eine tiefe Abneigung gegen diese mehr oder weniger gefährlichen Personen ausgebildet und wenn derartige Gefühle trotzdem <hi rendition="#g">hier</hi> schon zum Ausdruck kommen sollten, so sind es <hi rendition="#aq">post festum</hi>-Gefühle; damals war ich noch ganz im Bann der „biederen Rechten“. Ich muß hinzusetzen, daß Heinrich Smidts ganze Erscheinung dazu angethan war, ihm ein unbedingtes Vertrauen entgegen zu bringen. Er war der typische Schiffskapitän kleinen altmodischen Stils: mittelgroß, dicker Bauch und kurze Beine, mit denen er, sei’s aus Gewohnheit, sei’s aus Berechnung –<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [384/0393]
statt einfach von „Hand“, eigentlich von einer „biederen Rechten“ sprechen. Ich habe wenig Menschen kennen gelernt, die so ausgesprochen Inhaber einer „biederen Rechten“ gewesen wären. Alle gehörten selbstverständlich in die Kategorie der faux bonhommes und ein wahres Musterexemplar dieser Gattung war auch Heinrich Smidt. Damals nahm ich übrigens keinen Anstoß daran, strich vielmehr umgekehrt all die Vorteile ruhig ein, die man von der Begegnung mit solchen Menschen hat, Menschen, die zunächst ganz wundervoll gemütlich sind und ihre wahre Natur erst offenbaren, wenn sie sich durch das, was man thut oder auch nicht thut, in ihrem Interesse bedroht oder geschädigt glauben. Erst in meinen späteren Jahren habe ich eine tiefe Abneigung gegen diese mehr oder weniger gefährlichen Personen ausgebildet und wenn derartige Gefühle trotzdem hier schon zum Ausdruck kommen sollten, so sind es post festum-Gefühle; damals war ich noch ganz im Bann der „biederen Rechten“. Ich muß hinzusetzen, daß Heinrich Smidts ganze Erscheinung dazu angethan war, ihm ein unbedingtes Vertrauen entgegen zu bringen. Er war der typische Schiffskapitän kleinen altmodischen Stils: mittelgroß, dicker Bauch und kurze Beine, mit denen er, sei’s aus Gewohnheit, sei’s aus Berechnung –
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).
(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |