Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

Stümper würden unterstützt und die richtigen Leute kriegten nichts. Alles Klüngel und wieder Klüngel." So sprach der Breitschultrige, keiner Erwiderung gewärtig und kaum daß er mit dieser seiner Rede fertig war, so nahm er auch schon den Hut und wollte verschwinden. Aber ehe er noch die Thürklinke fassen konnte, sah er sich von seinem Schicksal in Gestalt unsres Merckels ereilt. "Ich muß den Herrn Doktor doch bitten, noch einen Augenblick unter uns verweilen und das Beleidigende, was er da eben gesagt, auch begründen zu wollen." Diese Worte waren mit solchem nervösen Nachdruck gesprochen, daß der Ankläger wirklich kehrt machte und etwas stammelte, das, so weit es ging, eine Rechtfertigung seiner Anklage sein sollte. Was er aber da vorbrachte, bewies nur zu sehr, daß er einen speziellen Fall nicht namhaft machen konnte. Die Niederlage war ganz offenbar. "Ich denke," replizierte jetzt Merckel, indem er sich lächelnd an uns um ihn her Sitzende wandte, "wir können mit dieser Erklärung zufrieden sein. Auf allgemeine Sätze haben wir uns hier nicht einzulassen." Der so Entlassene war ein Bild des Jammers.

Um es zu wiederholen, der kleine Mann war ein seltner Mann. Aber auch er hatte den allgemeinen Tribut an menschliche Schwäche zu zahlen.

Stümper würden unterstützt und die richtigen Leute kriegten nichts. Alles Klüngel und wieder Klüngel.“ So sprach der Breitschultrige, keiner Erwiderung gewärtig und kaum daß er mit dieser seiner Rede fertig war, so nahm er auch schon den Hut und wollte verschwinden. Aber ehe er noch die Thürklinke fassen konnte, sah er sich von seinem Schicksal in Gestalt unsres Merckels ereilt. „Ich muß den Herrn Doktor doch bitten, noch einen Augenblick unter uns verweilen und das Beleidigende, was er da eben gesagt, auch begründen zu wollen.“ Diese Worte waren mit solchem nervösen Nachdruck gesprochen, daß der Ankläger wirklich kehrt machte und etwas stammelte, das, so weit es ging, eine Rechtfertigung seiner Anklage sein sollte. Was er aber da vorbrachte, bewies nur zu sehr, daß er einen speziellen Fall nicht namhaft machen konnte. Die Niederlage war ganz offenbar. „Ich denke,“ replizierte jetzt Merckel, indem er sich lächelnd an uns um ihn her Sitzende wandte, „wir können mit dieser Erklärung zufrieden sein. Auf allgemeine Sätze haben wir uns hier nicht einzulassen.“ Der so Entlassene war ein Bild des Jammers.

Um es zu wiederholen, der kleine Mann war ein seltner Mann. Aber auch er hatte den allgemeinen Tribut an menschliche Schwäche zu zahlen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0533" n="524"/>
Stümper würden unterstützt und die richtigen Leute kriegten nichts. Alles Klüngel und wieder Klüngel.&#x201C; So sprach der Breitschultrige, keiner Erwiderung gewärtig und kaum daß er mit dieser seiner Rede fertig war, so nahm er auch schon den Hut und wollte verschwinden. Aber ehe er noch die Thürklinke fassen konnte, sah er sich von seinem Schicksal in Gestalt unsres Merckels ereilt. &#x201E;Ich muß den Herrn Doktor doch bitten, noch einen Augenblick unter uns verweilen und das Beleidigende, was er da eben gesagt, auch begründen zu wollen.&#x201C; Diese Worte waren mit solchem nervösen Nachdruck gesprochen, daß der Ankläger wirklich kehrt machte und etwas stammelte, das, so weit es ging, eine Rechtfertigung seiner Anklage sein sollte. Was er aber da vorbrachte, bewies nur zu sehr, daß er einen speziellen Fall nicht namhaft machen konnte. Die Niederlage war ganz offenbar. &#x201E;Ich denke,&#x201C; replizierte jetzt Merckel, indem er sich lächelnd an uns um ihn her Sitzende wandte, &#x201E;wir können mit dieser Erklärung zufrieden sein. Auf allgemeine Sätze haben wir uns hier nicht einzulassen.&#x201C; Der so Entlassene war ein Bild des Jammers.</p><lb/>
          <p>Um es zu wiederholen, der kleine Mann war ein seltner Mann. Aber auch er hatte den allgemeinen Tribut an menschliche Schwäche zu zahlen.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[524/0533] Stümper würden unterstützt und die richtigen Leute kriegten nichts. Alles Klüngel und wieder Klüngel.“ So sprach der Breitschultrige, keiner Erwiderung gewärtig und kaum daß er mit dieser seiner Rede fertig war, so nahm er auch schon den Hut und wollte verschwinden. Aber ehe er noch die Thürklinke fassen konnte, sah er sich von seinem Schicksal in Gestalt unsres Merckels ereilt. „Ich muß den Herrn Doktor doch bitten, noch einen Augenblick unter uns verweilen und das Beleidigende, was er da eben gesagt, auch begründen zu wollen.“ Diese Worte waren mit solchem nervösen Nachdruck gesprochen, daß der Ankläger wirklich kehrt machte und etwas stammelte, das, so weit es ging, eine Rechtfertigung seiner Anklage sein sollte. Was er aber da vorbrachte, bewies nur zu sehr, daß er einen speziellen Fall nicht namhaft machen konnte. Die Niederlage war ganz offenbar. „Ich denke,“ replizierte jetzt Merckel, indem er sich lächelnd an uns um ihn her Sitzende wandte, „wir können mit dieser Erklärung zufrieden sein. Auf allgemeine Sätze haben wir uns hier nicht einzulassen.“ Der so Entlassene war ein Bild des Jammers. Um es zu wiederholen, der kleine Mann war ein seltner Mann. Aber auch er hatte den allgemeinen Tribut an menschliche Schwäche zu zahlen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T10:02:20Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T10:02:20Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: keine;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/533
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/533>, abgerufen am 22.11.2024.