Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.preußischen Lebens, noch ein herrliches Erbteil aus den "armen Zeiten" her, die sonst, so weit bloß die Armut mitspricht, der T . . . . . holen mag. Ich sah mich also gut empfangen und ein ebenso liebevoller Empfang erwartete meine Braut bei meinen Eltern und Geschwistern. Ich habe schon an andrem Orte - "Meine Kinderjahre" - des Ausführlichen erzählt, daß sich in den Augen meiner Mutter alles um Besitz drehte. Bei dieser Anschauung ist sie auch bis an ihr Lebensende geblieben und ich muß jetzt, wenn auch widerstrebend, hinzusetzen: wohl mit Recht oder wenigstens nicht mit Unrecht. Aber ihre Hochherzigkeit und ihr scharfes Verständnis für alles Praktische des Lebens bewahrte sie vor einem Extrem und so kam es, daß sie - so sehr sie sich über etwas äußerlich Glanzvolles gefreut haben würde - sofort umgestimmt wurde. "Du hast Glück gehabt," sagte sie, "sie hat genau die Eigenschaften, die für dich passen." Mit diesem Worte hatte meine Mutter es wundervoll getroffen. Es kommt nicht darauf an, daß irgend etwas, oder wohl gar alles, auf einer Musterhöhe wandelt, es kommt auf das "Zu einander passen" preußischen Lebens, noch ein herrliches Erbteil aus den „armen Zeiten“ her, die sonst, so weit bloß die Armut mitspricht, der T . . . . . holen mag. Ich sah mich also gut empfangen und ein ebenso liebevoller Empfang erwartete meine Braut bei meinen Eltern und Geschwistern. Ich habe schon an andrem Orte – „Meine Kinderjahre“ – des Ausführlichen erzählt, daß sich in den Augen meiner Mutter alles um Besitz drehte. Bei dieser Anschauung ist sie auch bis an ihr Lebensende geblieben und ich muß jetzt, wenn auch widerstrebend, hinzusetzen: wohl mit Recht oder wenigstens nicht mit Unrecht. Aber ihre Hochherzigkeit und ihr scharfes Verständnis für alles Praktische des Lebens bewahrte sie vor einem Extrem und so kam es, daß sie – so sehr sie sich über etwas äußerlich Glanzvolles gefreut haben würde – sofort umgestimmt wurde. „Du hast Glück gehabt,“ sagte sie, „sie hat genau die Eigenschaften, die für dich passen.“ Mit diesem Worte hatte meine Mutter es wundervoll getroffen. Es kommt nicht darauf an, daß irgend etwas, oder wohl gar alles, auf einer Musterhöhe wandelt, es kommt auf das „Zu einander passen“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0562" n="553"/> preußischen Lebens, noch ein herrliches Erbteil aus den „armen Zeiten“ her, die sonst, so weit bloß die Armut mitspricht, der T . . . . . holen mag.</p><lb/> <p>Ich sah mich also gut empfangen und ein ebenso liebevoller Empfang erwartete meine Braut bei meinen Eltern und Geschwistern. Ich habe schon an andrem Orte – „Meine Kinderjahre“ – des Ausführlichen erzählt, daß sich in den Augen meiner Mutter alles um Besitz drehte. Bei dieser Anschauung ist sie auch bis an ihr Lebensende geblieben und ich muß jetzt, wenn auch widerstrebend, hinzusetzen: wohl mit Recht oder wenigstens nicht mit Unrecht. Aber ihre Hochherzigkeit und ihr scharfes Verständnis für alles Praktische des Lebens bewahrte sie vor einem Extrem und so kam es, daß sie – so sehr sie sich über etwas äußerlich Glanzvolles gefreut haben würde – sofort umgestimmt wurde. „Du hast Glück gehabt,“ sagte sie, „sie hat genau <hi rendition="#g">die</hi> Eigenschaften, die für dich passen.“</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Mit diesem Worte hatte meine Mutter es wundervoll getroffen. Es kommt nicht darauf an, daß irgend etwas, oder wohl gar alles, auf einer Musterhöhe wandelt, es kommt auf das „Zu einander passen“<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [553/0562]
preußischen Lebens, noch ein herrliches Erbteil aus den „armen Zeiten“ her, die sonst, so weit bloß die Armut mitspricht, der T . . . . . holen mag.
Ich sah mich also gut empfangen und ein ebenso liebevoller Empfang erwartete meine Braut bei meinen Eltern und Geschwistern. Ich habe schon an andrem Orte – „Meine Kinderjahre“ – des Ausführlichen erzählt, daß sich in den Augen meiner Mutter alles um Besitz drehte. Bei dieser Anschauung ist sie auch bis an ihr Lebensende geblieben und ich muß jetzt, wenn auch widerstrebend, hinzusetzen: wohl mit Recht oder wenigstens nicht mit Unrecht. Aber ihre Hochherzigkeit und ihr scharfes Verständnis für alles Praktische des Lebens bewahrte sie vor einem Extrem und so kam es, daß sie – so sehr sie sich über etwas äußerlich Glanzvolles gefreut haben würde – sofort umgestimmt wurde. „Du hast Glück gehabt,“ sagte sie, „sie hat genau die Eigenschaften, die für dich passen.“
Mit diesem Worte hatte meine Mutter es wundervoll getroffen. Es kommt nicht darauf an, daß irgend etwas, oder wohl gar alles, auf einer Musterhöhe wandelt, es kommt auf das „Zu einander passen“
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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