Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.weniger. Das mit einemmal in der bürgerlichen Sphäre lebendig werdende Gefühl: "Ach was! wir wollen auch unsere Freiheit haben," war freilich noch lange nicht dazu angethan eine Revolution zu machen, aber es unterstützte diese sehr stark, ja entscheidend, als sie schließlich da war. Zwischen denen, die zuguterletzt die Sache durchfochten und denen, die mehr oder weniger vergnügt bloß zusahen, war, mit Ausnahme des Kouragepunktes, kein allzu großer Unterschied. Vom dreizehnten bis siebzehnten hatten kleine Straßenkravalle stattgefunden, alles sehr unbedeutend, nur anstrengend für die Truppen, die, weil beständig alarmiert, einen sehr schweren Dienst hatten. Am achtzehnten früh - Sonnabend - war man in großer Aufregung, und so weit die Bürgerschaft in Betracht kam, freudiger als die Tage vorher gestimmt, weil sich die Nachricht "Alles sei bewilligt" in der Stadt verbreitet hatte. Wirklich, so war es. Der König hatte dem Andrängen der freisinnigen Minister, Bodelschwingh an der Spitze, nachgegeben und war, nachdem er den Wortlaut der den Wünschen des Volks entgegenkommenden Edikte verschiedenen, aus den Provinzen, namentlich aus Rheinland eingetroffenen Deputationen mitgeteilt hatte, auf dem Balkon des Schlosses erschienen und hier mit Vivats empfangen weniger. Das mit einemmal in der bürgerlichen Sphäre lebendig werdende Gefühl: „Ach was! wir wollen auch unsere Freiheit haben,“ war freilich noch lange nicht dazu angethan eine Revolution zu machen, aber es unterstützte diese sehr stark, ja entscheidend, als sie schließlich da war. Zwischen denen, die zuguterletzt die Sache durchfochten und denen, die mehr oder weniger vergnügt bloß zusahen, war, mit Ausnahme des Kouragepunktes, kein allzu großer Unterschied. Vom dreizehnten bis siebzehnten hatten kleine Straßenkravalle stattgefunden, alles sehr unbedeutend, nur anstrengend für die Truppen, die, weil beständig alarmiert, einen sehr schweren Dienst hatten. Am achtzehnten früh – Sonnabend – war man in großer Aufregung, und so weit die Bürgerschaft in Betracht kam, freudiger als die Tage vorher gestimmt, weil sich die Nachricht „Alles sei bewilligt“ in der Stadt verbreitet hatte. Wirklich, so war es. Der König hatte dem Andrängen der freisinnigen Minister, Bodelschwingh an der Spitze, nachgegeben und war, nachdem er den Wortlaut der den Wünschen des Volks entgegenkommenden Edikte verschiedenen, aus den Provinzen, namentlich aus Rheinland eingetroffenen Deputationen mitgeteilt hatte, auf dem Balkon des Schlosses erschienen und hier mit Vivats empfangen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0590" n="581"/> weniger. Das mit einemmal in der bürgerlichen Sphäre lebendig werdende Gefühl: „Ach was! wir wollen <hi rendition="#g">auch</hi> unsere Freiheit haben,“ war freilich noch lange nicht dazu angethan eine Revolution zu machen, aber es unterstützte diese sehr stark, ja entscheidend, als sie schließlich da war. Zwischen denen, die zuguterletzt die Sache durchfochten und denen, die mehr oder weniger vergnügt bloß zusahen, war, mit Ausnahme des Kouragepunktes, kein allzu großer Unterschied.</p><lb/> <p>Vom dreizehnten bis siebzehnten hatten kleine Straßenkravalle stattgefunden, alles sehr unbedeutend, nur anstrengend für die Truppen, die, weil beständig alarmiert, einen sehr schweren Dienst hatten. Am achtzehnten früh – Sonnabend – war man in großer Aufregung, und so weit die Bürgerschaft in Betracht kam, freudiger als die Tage vorher gestimmt, weil sich die Nachricht „Alles sei bewilligt“ in der Stadt verbreitet hatte. Wirklich, so war es. Der König hatte dem Andrängen der freisinnigen Minister, Bodelschwingh an der Spitze, nachgegeben und war, nachdem er den Wortlaut der den Wünschen des Volks entgegenkommenden Edikte verschiedenen, aus den Provinzen, namentlich aus Rheinland eingetroffenen Deputationen mitgeteilt hatte, auf dem Balkon des Schlosses erschienen und hier mit Vivats empfangen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [581/0590]
weniger. Das mit einemmal in der bürgerlichen Sphäre lebendig werdende Gefühl: „Ach was! wir wollen auch unsere Freiheit haben,“ war freilich noch lange nicht dazu angethan eine Revolution zu machen, aber es unterstützte diese sehr stark, ja entscheidend, als sie schließlich da war. Zwischen denen, die zuguterletzt die Sache durchfochten und denen, die mehr oder weniger vergnügt bloß zusahen, war, mit Ausnahme des Kouragepunktes, kein allzu großer Unterschied.
Vom dreizehnten bis siebzehnten hatten kleine Straßenkravalle stattgefunden, alles sehr unbedeutend, nur anstrengend für die Truppen, die, weil beständig alarmiert, einen sehr schweren Dienst hatten. Am achtzehnten früh – Sonnabend – war man in großer Aufregung, und so weit die Bürgerschaft in Betracht kam, freudiger als die Tage vorher gestimmt, weil sich die Nachricht „Alles sei bewilligt“ in der Stadt verbreitet hatte. Wirklich, so war es. Der König hatte dem Andrängen der freisinnigen Minister, Bodelschwingh an der Spitze, nachgegeben und war, nachdem er den Wortlaut der den Wünschen des Volks entgegenkommenden Edikte verschiedenen, aus den Provinzen, namentlich aus Rheinland eingetroffenen Deputationen mitgeteilt hatte, auf dem Balkon des Schlosses erschienen und hier mit Vivats empfangen
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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