Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.bin, etwa wie die meisten Menschen Oberförsterschwärmer zu sein pflegen. Einzelne Berufe sind eben bevorzugt. Aber das mit dem nicht "einzuschlagenden Nagel" oder gar - wie in dem zweiten Falle - das Verbot eines an einer höchst fragwürdigen Kasernenbau-Front anzubringenden Fensterladens, ist mir denn doch zu viel gewesen. Da spricht man immer von Maleranmaßung, wenn irgendwo ein unglücklicher pittore glaubt, sich gegen eine von pater familias gewünschte Farbenungeheuerlichkeit auflehnen zu müssen, oder man eifert auch wohl gegen den Eigensinn und Dünkel eines armen Tragödienschreibers, der zwei Menschen, die, seiner Meinung nach, sterben müssen, nicht in der Matthäikirche trauen lassen will. Aber was wollen diese sogenannten Maler- und Dichtereigensinnigkeiten sagen gegen diesen Architektenhochmut, der mir das Anbringen eines mich leidlich gegen Blendung schützenden Fensterladens verbieten und mich, vielleicht auf ein Menschenalter hin, zum Schmoren in der Nachmittagssonne verurteilen will. Bethanien war eine Schöpfung Friedrich Wilhelms IV., der diesem Diakonissenhause, von Beginn seiner Regierung an, seine ganz besondere Liebe zu- bin, etwa wie die meisten Menschen Oberförsterschwärmer zu sein pflegen. Einzelne Berufe sind eben bevorzugt. Aber das mit dem nicht „einzuschlagenden Nagel“ oder gar – wie in dem zweiten Falle – das Verbot eines an einer höchst fragwürdigen Kasernenbau-Front anzubringenden Fensterladens, ist mir denn doch zu viel gewesen. Da spricht man immer von Maleranmaßung, wenn irgendwo ein unglücklicher pittore glaubt, sich gegen eine von pater familias gewünschte Farbenungeheuerlichkeit auflehnen zu müssen, oder man eifert auch wohl gegen den Eigensinn und Dünkel eines armen Tragödienschreibers, der zwei Menschen, die, seiner Meinung nach, sterben müssen, nicht in der Matthäikirche trauen lassen will. Aber was wollen diese sogenannten Maler- und Dichtereigensinnigkeiten sagen gegen diesen Architektenhochmut, der mir das Anbringen eines mich leidlich gegen Blendung schützenden Fensterladens verbieten und mich, vielleicht auf ein Menschenalter hin, zum Schmoren in der Nachmittagssonne verurteilen will. Bethanien war eine Schöpfung Friedrich Wilhelms IV., der diesem Diakonissenhause, von Beginn seiner Regierung an, seine ganz besondere Liebe zu- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0650" n="641"/> bin, etwa wie die meisten Menschen Oberförsterschwärmer zu sein pflegen. Einzelne Berufe sind eben bevorzugt. Aber das mit dem nicht „einzuschlagenden Nagel“ oder gar – wie in dem zweiten Falle – das Verbot eines an einer höchst fragwürdigen Kasernenbau-Front anzubringenden Fensterladens, ist mir denn doch zu viel gewesen. Da spricht man immer von Maleranmaßung, wenn irgendwo ein unglücklicher <hi rendition="#aq">pittore</hi> glaubt, sich gegen eine von <hi rendition="#aq">pater familias</hi> gewünschte Farbenungeheuerlichkeit auflehnen zu müssen, oder man eifert auch wohl gegen den Eigensinn und Dünkel eines armen Tragödienschreibers, der zwei Menschen, die, seiner Meinung nach, sterben müssen, nicht in der Matthäikirche trauen lassen will. Aber was wollen diese sogenannten Maler- und Dichtereigensinnigkeiten sagen gegen diesen Architektenhochmut, der mir das Anbringen eines mich leidlich gegen Blendung schützenden Fensterladens verbieten und mich, vielleicht auf ein Menschenalter hin, zum Schmoren in der Nachmittagssonne verurteilen will.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Bethanien war eine Schöpfung Friedrich Wilhelms <hi rendition="#aq">IV.</hi>, der diesem Diakonissenhause, von Beginn seiner Regierung an, seine ganz besondere Liebe zu-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [641/0650]
bin, etwa wie die meisten Menschen Oberförsterschwärmer zu sein pflegen. Einzelne Berufe sind eben bevorzugt. Aber das mit dem nicht „einzuschlagenden Nagel“ oder gar – wie in dem zweiten Falle – das Verbot eines an einer höchst fragwürdigen Kasernenbau-Front anzubringenden Fensterladens, ist mir denn doch zu viel gewesen. Da spricht man immer von Maleranmaßung, wenn irgendwo ein unglücklicher pittore glaubt, sich gegen eine von pater familias gewünschte Farbenungeheuerlichkeit auflehnen zu müssen, oder man eifert auch wohl gegen den Eigensinn und Dünkel eines armen Tragödienschreibers, der zwei Menschen, die, seiner Meinung nach, sterben müssen, nicht in der Matthäikirche trauen lassen will. Aber was wollen diese sogenannten Maler- und Dichtereigensinnigkeiten sagen gegen diesen Architektenhochmut, der mir das Anbringen eines mich leidlich gegen Blendung schützenden Fensterladens verbieten und mich, vielleicht auf ein Menschenalter hin, zum Schmoren in der Nachmittagssonne verurteilen will.
Bethanien war eine Schöpfung Friedrich Wilhelms IV., der diesem Diakonissenhause, von Beginn seiner Regierung an, seine ganz besondere Liebe zu-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).
(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |