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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.

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meine ganz jungen Jahre fiel, fünf oder sechs Jahre vor meinem Eintritt in Bethanien. Wir waren gemeinschaftlich auf Landbesuch und schritten in dem Garten des Herrenhauses auf und ab, uns über Herwegh unterhaltend, der damals in seiner "Sünden Maienblüte" stand. Schultz sprach sehr heftig gegen ihn, wollte nichts wissen von "Noch einen Fluch schlepp ich herbei" und natürlich noch weniger von "Reißt die Kreuze aus der Erden". Er zuckte die Achseln dazu, fand alles redensartlich und beklagte, daß der König einen solchen Phrasenmacher in Audienz empfangen habe. Dann aber brach er mit einem Male ab, sah mich scharf an und sagte: "Du darfst mich aber nicht mißverstehn. Trotz allem, was ich da eben gesagt habe, - so was kannst Du noch lange nicht."


meine ganz jungen Jahre fiel, fünf oder sechs Jahre vor meinem Eintritt in Bethanien. Wir waren gemeinschaftlich auf Landbesuch und schritten in dem Garten des Herrenhauses auf und ab, uns über Herwegh unterhaltend, der damals in seiner „Sünden Maienblüte“ stand. Schultz sprach sehr heftig gegen ihn, wollte nichts wissen von „Noch einen Fluch schlepp ich herbei“ und natürlich noch weniger von „Reißt die Kreuze aus der Erden“. Er zuckte die Achseln dazu, fand alles redensartlich und beklagte, daß der König einen solchen Phrasenmacher in Audienz empfangen habe. Dann aber brach er mit einem Male ab, sah mich scharf an und sagte: „Du darfst mich aber nicht mißverstehn. Trotz allem, was ich da eben gesagt habe, – so was kannst Du noch lange nicht.“


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[646/0655] meine ganz jungen Jahre fiel, fünf oder sechs Jahre vor meinem Eintritt in Bethanien. Wir waren gemeinschaftlich auf Landbesuch und schritten in dem Garten des Herrenhauses auf und ab, uns über Herwegh unterhaltend, der damals in seiner „Sünden Maienblüte“ stand. Schultz sprach sehr heftig gegen ihn, wollte nichts wissen von „Noch einen Fluch schlepp ich herbei“ und natürlich noch weniger von „Reißt die Kreuze aus der Erden“. Er zuckte die Achseln dazu, fand alles redensartlich und beklagte, daß der König einen solchen Phrasenmacher in Audienz empfangen habe. Dann aber brach er mit einem Male ab, sah mich scharf an und sagte: „Du darfst mich aber nicht mißverstehn. Trotz allem, was ich da eben gesagt habe, – so was kannst Du noch lange nicht.“

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T10:02:20Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T10:02:20Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/655>, abgerufen am 23.11.2024.