Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.ablassen wollte, mein litterarisches Leben auf den "Vers" zu stellen. Ein Entschluß, der übrigens schließlich, und zwar um vieles mehr als ich damals vermutete, das Richtige traf. Ich sagte mir: "wenn du jetzt ein Gedicht machst, das dir nichts einbringt, so hast du wenigstens ein Gedicht. Das Gedicht ist dein Besitz und wenn es nur leidlich gut ist, kann es immerhin für etwas gelten. Wenn du aber einen Aufsatz schreibst, den niemand haben will - und die Chancen des ,Nicht-haben-wollens' sind immer sehr groß - so hast du rein gar nichts. Prosa darfst du nur schreiben, wenn sie von durchaus zahlungskräftigen Leuten von dir gefordert wird." Dies letztere traf nun freilich selten ein, aber es kam doch vor, und die Verse, von denen ich glücklicherweise manches auf Lager hatte, trugen mir mehr ein, als man von einer Zeit, in der die sogenannten "hohen Honorare" noch nicht erfunden waren, hätte vermuten sollen. Ich war in jenen Tagen in Beziehungen zur Firma Cotta getreten, in deren "Morgenblatt" meine Gedichte vom alten Derfflinger, dem alten Zieten etc. und bald darnach auch meine Romanzen "Von der schönen Rosamunde" veröffentlicht worden waren und als sich um ein geringes später ein paar mutige Männer fanden, die nicht bloß diese vorgenannten Sachen, sondern auch noch andre kleine ablassen wollte, mein litterarisches Leben auf den „Vers“ zu stellen. Ein Entschluß, der übrigens schließlich, und zwar um vieles mehr als ich damals vermutete, das Richtige traf. Ich sagte mir: „wenn du jetzt ein Gedicht machst, das dir nichts einbringt, so hast du wenigstens ein Gedicht. Das Gedicht ist dein Besitz und wenn es nur leidlich gut ist, kann es immerhin für etwas gelten. Wenn du aber einen Aufsatz schreibst, den niemand haben will – und die Chancen des ‚Nicht-haben-wollens‘ sind immer sehr groß – so hast du rein gar nichts. Prosa darfst du nur schreiben, wenn sie von durchaus zahlungskräftigen Leuten von dir gefordert wird.“ Dies letztere traf nun freilich selten ein, aber es kam doch vor, und die Verse, von denen ich glücklicherweise manches auf Lager hatte, trugen mir mehr ein, als man von einer Zeit, in der die sogenannten „hohen Honorare“ noch nicht erfunden waren, hätte vermuten sollen. Ich war in jenen Tagen in Beziehungen zur Firma Cotta getreten, in deren „Morgenblatt“ meine Gedichte vom alten Derfflinger, dem alten Zieten etc. und bald darnach auch meine Romanzen „Von der schönen Rosamunde“ veröffentlicht worden waren und als sich um ein geringes später ein paar mutige Männer fanden, die nicht bloß diese vorgenannten Sachen, sondern auch noch andre kleine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0677" n="668"/> ablassen wollte, mein litterarisches Leben auf den „Vers“ zu stellen. Ein Entschluß, der übrigens schließlich, und zwar um vieles mehr als ich damals vermutete, das Richtige traf. Ich sagte mir: „wenn du jetzt ein Gedicht machst, das dir nichts einbringt, so hast du wenigstens ein Gedicht. Das Gedicht ist dein Besitz und wenn es nur leidlich gut ist, kann es immerhin für etwas gelten. Wenn du aber einen Aufsatz schreibst, den niemand haben will – und die Chancen des <choice><sic>„</sic><corr>‚</corr></choice>Nicht-haben-wollens<choice><sic>“</sic><corr>‘</corr></choice> sind immer sehr groß – so hast du rein gar nichts. Prosa darfst du nur schreiben, wenn sie von durchaus zahlungskräftigen Leuten von dir <hi rendition="#g">gefordert</hi> wird.“ Dies letztere traf nun freilich selten ein, aber es kam doch vor, und die Verse, von denen ich glücklicherweise manches auf Lager hatte, trugen mir mehr ein, als man von einer Zeit, in der die sogenannten „hohen Honorare“ noch nicht erfunden waren, hätte vermuten sollen. Ich war in jenen Tagen in Beziehungen zur Firma Cotta getreten, in deren „Morgenblatt“ meine Gedichte vom alten Derfflinger, dem alten Zieten etc. und bald darnach auch meine Romanzen „Von der schönen Rosamunde“ veröffentlicht worden waren und als sich um ein geringes später ein paar mutige Männer fanden, die nicht bloß diese vorgenannten Sachen, sondern auch noch andre kleine<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [668/0677]
ablassen wollte, mein litterarisches Leben auf den „Vers“ zu stellen. Ein Entschluß, der übrigens schließlich, und zwar um vieles mehr als ich damals vermutete, das Richtige traf. Ich sagte mir: „wenn du jetzt ein Gedicht machst, das dir nichts einbringt, so hast du wenigstens ein Gedicht. Das Gedicht ist dein Besitz und wenn es nur leidlich gut ist, kann es immerhin für etwas gelten. Wenn du aber einen Aufsatz schreibst, den niemand haben will – und die Chancen des ‚Nicht-haben-wollens‘ sind immer sehr groß – so hast du rein gar nichts. Prosa darfst du nur schreiben, wenn sie von durchaus zahlungskräftigen Leuten von dir gefordert wird.“ Dies letztere traf nun freilich selten ein, aber es kam doch vor, und die Verse, von denen ich glücklicherweise manches auf Lager hatte, trugen mir mehr ein, als man von einer Zeit, in der die sogenannten „hohen Honorare“ noch nicht erfunden waren, hätte vermuten sollen. Ich war in jenen Tagen in Beziehungen zur Firma Cotta getreten, in deren „Morgenblatt“ meine Gedichte vom alten Derfflinger, dem alten Zieten etc. und bald darnach auch meine Romanzen „Von der schönen Rosamunde“ veröffentlicht worden waren und als sich um ein geringes später ein paar mutige Männer fanden, die nicht bloß diese vorgenannten Sachen, sondern auch noch andre kleine
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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