Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.keinen Menschen zu nennen wüßte, der die Gabe geistreichen und unerschöpflichen Plauderns über jeden Gegenstand, in einem so eminenten Grade gehabt hätte wie Faucher. Er schwatzte nie bloß darauf los, jeder Hieb saß. Ein paar Sätze sind mir noch von jenem Spaziergange her in Erinnerung geblieben. Wir sprachen von Berlin und ich erzählte grade von einem neuen "volkstümlichen Unternehmen", von dem ich, den Tag vorher, in der Vossischen Zeitung gelesen hatte. "Das kann nichts werden" replizierte Faucher, "in Berlin glücken immer nur Sachen, die'n Groschen kosten." Ein Satz von stupender Weisheit, der au fond auch heute noch richtig ist. - Im weitren Lauf unsres Gesprächs vom Hundertsten aufs Tausendste kommend, kamen wir auch auf das Thema: Kunstdichtung und Volkslied. Faucher, ganz seiner Natur entsprechend, schwärmte selbstverständlichselbstverständlich für alles Volksliedhafte, besonders auf dem Gebiete des Kriegs- und Soldatenliedes, und plötzlich seinen Schritt anhaltend und sich in Positur setzend, hob er mit Applomb und ganz strahlend vor Vergnügen an: "Und wenn der große Friedrich kommt Und klopft bloß auf die Hosen, Reißt aus die ganze Reichsarmee, Panduren und Franzosen, - - keinen Menschen zu nennen wüßte, der die Gabe geistreichen und unerschöpflichen Plauderns über jeden Gegenstand, in einem so eminenten Grade gehabt hätte wie Faucher. Er schwatzte nie bloß darauf los, jeder Hieb saß. Ein paar Sätze sind mir noch von jenem Spaziergange her in Erinnerung geblieben. Wir sprachen von Berlin und ich erzählte grade von einem neuen „volkstümlichen Unternehmen“, von dem ich, den Tag vorher, in der Vossischen Zeitung gelesen hatte. „Das kann nichts werden“ replizierte Faucher, „in Berlin glücken immer nur Sachen, die’n Groschen kosten.“ Ein Satz von stupender Weisheit, der au fond auch heute noch richtig ist. – Im weitren Lauf unsres Gesprächs vom Hundertsten aufs Tausendste kommend, kamen wir auch auf das Thema: Kunstdichtung und Volkslied. Faucher, ganz seiner Natur entsprechend, schwärmte selbstverständlichselbstverständlich für alles Volksliedhafte, besonders auf dem Gebiete des Kriegs- und Soldatenliedes, und plötzlich seinen Schritt anhaltend und sich in Positur setzend, hob er mit Applomb und ganz strahlend vor Vergnügen an: „Und wenn der große Friedrich kommt Und klopft bloß auf die Hosen, Reißt aus die ganze Reichsarmee, Panduren und Franzosen, – – <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0075" n="66"/> keinen Menschen zu nennen wüßte, der die Gabe geistreichen und unerschöpflichen Plauderns über <hi rendition="#g">jeden</hi> Gegenstand, in einem so eminenten Grade gehabt hätte wie Faucher. Er schwatzte nie bloß darauf los, jeder Hieb saß. Ein paar Sätze sind mir noch von jenem Spaziergange her in Erinnerung geblieben. Wir sprachen von Berlin und ich erzählte grade von einem neuen „volkstümlichen Unternehmen“, von dem ich, den Tag vorher, in der Vossischen Zeitung gelesen hatte. „Das kann nichts werden“ replizierte Faucher, <choice><sic/><corr>„</corr></choice><hi rendition="#g">in Berlin glücken immer nur Sachen, die’n Groschen kosten</hi>.“ Ein Satz von stupender Weisheit, der <hi rendition="#aq">au fond</hi> auch heute noch richtig ist. – Im weitren Lauf unsres Gesprächs vom Hundertsten aufs Tausendste kommend, kamen wir auch auf das Thema: Kunstdichtung und Volkslied. Faucher, ganz seiner Natur entsprechend, schwärmte <choice><sic>selbstve ständlich</sic><corr>selbstverständlich</corr></choice>selbstverständlich für alles Volksliedhafte, besonders auf dem Gebiete des Kriegs- und Soldatenliedes, und plötzlich seinen Schritt anhaltend und sich in Positur setzend, hob er mit Applomb und ganz strahlend vor Vergnügen an: </p><lb/> <lg type="poem"> <l><choice><sic/><corr>„</corr></choice>Und wenn der große Friedrich kommt</l><lb/> <l>Und klopft bloß auf die Hosen,</l><lb/> <l>Reißt aus die ganze Reichsarmee,</l><lb/> <l>Panduren und Franzosen, – –</l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [66/0075]
keinen Menschen zu nennen wüßte, der die Gabe geistreichen und unerschöpflichen Plauderns über jeden Gegenstand, in einem so eminenten Grade gehabt hätte wie Faucher. Er schwatzte nie bloß darauf los, jeder Hieb saß. Ein paar Sätze sind mir noch von jenem Spaziergange her in Erinnerung geblieben. Wir sprachen von Berlin und ich erzählte grade von einem neuen „volkstümlichen Unternehmen“, von dem ich, den Tag vorher, in der Vossischen Zeitung gelesen hatte. „Das kann nichts werden“ replizierte Faucher, „in Berlin glücken immer nur Sachen, die’n Groschen kosten.“ Ein Satz von stupender Weisheit, der au fond auch heute noch richtig ist. – Im weitren Lauf unsres Gesprächs vom Hundertsten aufs Tausendste kommend, kamen wir auch auf das Thema: Kunstdichtung und Volkslied. Faucher, ganz seiner Natur entsprechend, schwärmte selbstverständlichselbstverständlich für alles Volksliedhafte, besonders auf dem Gebiete des Kriegs- und Soldatenliedes, und plötzlich seinen Schritt anhaltend und sich in Positur setzend, hob er mit Applomb und ganz strahlend vor Vergnügen an:
„Und wenn der große Friedrich kommt
Und klopft bloß auf die Hosen,
Reißt aus die ganze Reichsarmee,
Panduren und Franzosen, – –
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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