Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.sagte er leise zu mir. Denn er hatte, wie fast auf jedem Gebiet, so auch auf diesem, eine feine Sachkenntnis. "Beadle?" fragte ich, stutzig geworden; "ein beadle ist doch so viel wie ein Exekutor." "Allerdings," antwortete Faucher und lachte. "Ja, gilt das uns?" . . "Nein, uns nicht, wenigstens nicht Ihnen und mir. Aber unsrem Freunde Heymann. Der arme Kerl ist eingeschlossen; er hat heute nur den einen Trost "my home is my castle", heraus aber darf er nicht." Es dauerte denn auch nicht lange mehr, so war alles, was um uns her vorging, in der kleinen Taufgesellschaft ruchbar geworden und meine Frau kam in ein leises Zittern. Bleiben wollte sie nicht länger und gehen, - ja, dessen getraute sie sich erst recht nicht; sie konnte ja aus Versehen mit verhaftet werden. Schließlich indessen, was half es! Und so durchbrachen wir denn, halb in Schreck und halb in Heiterkeit, den um unsren Freund Heymann gezogenen Kordon. Dieser Vorgang und fast nicht minder der trotz seiner Verrücktheit eifrig weitergesponnene Plan der "Desinfizierung der Themse", machte es, daß ich mich von der Babel-Gesellschaft etwas zurückzog und eine Zeit lang keines ihrer Mitglieder mehr sah. Auch die befreundeteren nicht. Das wurde denn sagte er leise zu mir. Denn er hatte, wie fast auf jedem Gebiet, so auch auf diesem, eine feine Sachkenntnis. „Beadle?“ fragte ich, stutzig geworden; „ein beadle ist doch so viel wie ein Exekutor.“ „Allerdings,“ antwortete Faucher und lachte. „Ja, gilt das uns?“ . . „Nein, uns nicht, wenigstens nicht Ihnen und mir. Aber unsrem Freunde Heymann. Der arme Kerl ist eingeschlossen; er hat heute nur den einen Trost „my home is my castle“, heraus aber darf er nicht.“ Es dauerte denn auch nicht lange mehr, so war alles, was um uns her vorging, in der kleinen Taufgesellschaft ruchbar geworden und meine Frau kam in ein leises Zittern. Bleiben wollte sie nicht länger und gehen, – ja, dessen getraute sie sich erst recht nicht; sie konnte ja aus Versehen mit verhaftet werden. Schließlich indessen, was half es! Und so durchbrachen wir denn, halb in Schreck und halb in Heiterkeit, den um unsren Freund Heymann gezogenen Kordon. Dieser Vorgang und fast nicht minder der trotz seiner Verrücktheit eifrig weitergesponnene Plan der „Desinfizierung der Themse“, machte es, daß ich mich von der Babel-Gesellschaft etwas zurückzog und eine Zeit lang keines ihrer Mitglieder mehr sah. Auch die befreundeteren nicht. Das wurde denn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0085" n="76"/> sagte er leise zu mir. Denn er hatte, wie fast auf jedem Gebiet, so auch auf <hi rendition="#g">diesem</hi>, eine feine Sachkenntnis. „<hi rendition="#aq">Beadle</hi>?“ fragte ich, stutzig geworden; „ein <hi rendition="#aq">beadle</hi> ist doch so viel wie ein Exekutor.“ „Allerdings,“ antwortete Faucher und lachte. „Ja, gilt das <hi rendition="#g">uns</hi>?“ . . „Nein, <hi rendition="#g">uns</hi> nicht, wenigstens nicht Ihnen und mir. Aber unsrem Freunde Heymann. Der arme Kerl ist eingeschlossen; er hat heute nur den einen Trost <hi rendition="#aq"><choice><sic>‚my home is my castle‘</sic><corr>„my home is my castle“</corr></choice></hi>, <hi rendition="#g">heraus</hi> aber darf er nicht.“ Es dauerte denn auch nicht lange mehr, so war alles, was um uns her vorging, in der kleinen Taufgesellschaft ruchbar geworden und meine Frau kam in ein leises Zittern. Bleiben wollte sie nicht länger und gehen, – ja, dessen getraute sie sich erst recht nicht; sie konnte ja aus Versehen mit verhaftet werden. Schließlich indessen, was half es! Und so durchbrachen wir denn, halb in Schreck und halb in Heiterkeit, den um unsren Freund Heymann gezogenen Kordon.</p><lb/> <p>Dieser Vorgang und fast nicht minder der trotz seiner Verrücktheit eifrig weitergesponnene Plan der „Desinfizierung der Themse“, machte es, daß ich mich von der Babel-Gesellschaft etwas zurückzog und eine Zeit lang keines ihrer Mitglieder mehr sah. Auch die befreundeteren nicht. Das wurde denn<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [76/0085]
sagte er leise zu mir. Denn er hatte, wie fast auf jedem Gebiet, so auch auf diesem, eine feine Sachkenntnis. „Beadle?“ fragte ich, stutzig geworden; „ein beadle ist doch so viel wie ein Exekutor.“ „Allerdings,“ antwortete Faucher und lachte. „Ja, gilt das uns?“ . . „Nein, uns nicht, wenigstens nicht Ihnen und mir. Aber unsrem Freunde Heymann. Der arme Kerl ist eingeschlossen; er hat heute nur den einen Trost „my home is my castle“, heraus aber darf er nicht.“ Es dauerte denn auch nicht lange mehr, so war alles, was um uns her vorging, in der kleinen Taufgesellschaft ruchbar geworden und meine Frau kam in ein leises Zittern. Bleiben wollte sie nicht länger und gehen, – ja, dessen getraute sie sich erst recht nicht; sie konnte ja aus Versehen mit verhaftet werden. Schließlich indessen, was half es! Und so durchbrachen wir denn, halb in Schreck und halb in Heiterkeit, den um unsren Freund Heymann gezogenen Kordon.
Dieser Vorgang und fast nicht minder der trotz seiner Verrücktheit eifrig weitergesponnene Plan der „Desinfizierung der Themse“, machte es, daß ich mich von der Babel-Gesellschaft etwas zurückzog und eine Zeit lang keines ihrer Mitglieder mehr sah. Auch die befreundeteren nicht. Das wurde denn
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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