Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.Die Wochen, die der kronprinzlichen Vermählung voraufgingen und folgten, hatten Faucher und mich wieder näher geführt, so nahe, daß von jener Zeit ab, durch fast dreiviertel Jahr hin, eine Art Haus- und Familienverkehr entstand. Ich verdanke dem einige ganz besonders interessante Tage, trotzdem es an Schwierigkeiten und Sonderbarkeiten nicht fehlte. Zunächst ein Wort über die Schwierigkeiten. Diese hatten ihren Grund schon in der räumlichen Entfernung, die so groß war, wie nur möglich. Unsere Wohnung, mit dem Blick auf Hampstead und Highgate, lag im äußersten Norden, während sich Faucher umgekehrt am äußersten Südrande der Stadt niedergelassen hatte, noch über Camberwell hinaus, in einem schon ganz ländlichen Vorort, der Denmark Hill hieß. Bis dorthin war ungefähr so weit wie von Berlin bis Spandau. Die Blackfriars-Brücke bildete genau die Hälfte und mit zwei Omnibussen konnten wir jedesmal den Heimweg zwingen, wenn wir nicht bei Fauchers die richtige Abfahrtszeit versäumten. Denmark Hill, eine Art Faubourg des Blanchisseuses, wo beständig Wäsche flatterte, war in seiner Ländlichkeit sehr reizend und eben so reizend präsentierte sich die kleine Villa, die Fauchers Die Wochen, die der kronprinzlichen Vermählung voraufgingen und folgten, hatten Faucher und mich wieder näher geführt, so nahe, daß von jener Zeit ab, durch fast dreiviertel Jahr hin, eine Art Haus- und Familienverkehr entstand. Ich verdanke dem einige ganz besonders interessante Tage, trotzdem es an Schwierigkeiten und Sonderbarkeiten nicht fehlte. Zunächst ein Wort über die Schwierigkeiten. Diese hatten ihren Grund schon in der räumlichen Entfernung, die so groß war, wie nur möglich. Unsere Wohnung, mit dem Blick auf Hampstead und Highgate, lag im äußersten Norden, während sich Faucher umgekehrt am äußersten Südrande der Stadt niedergelassen hatte, noch über Camberwell hinaus, in einem schon ganz ländlichen Vorort, der Denmark Hill hieß. Bis dorthin war ungefähr so weit wie von Berlin bis Spandau. Die Blackfriars-Brücke bildete genau die Hälfte und mit zwei Omnibussen konnten wir jedesmal den Heimweg zwingen, wenn wir nicht bei Fauchers die richtige Abfahrtszeit versäumten. Denmark Hill, eine Art Faubourg des Blanchisseuses, wo beständig Wäsche flatterte, war in seiner Ländlichkeit sehr reizend und eben so reizend präsentierte sich die kleine Villa, die Fauchers <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0091" n="82"/> <p>Die Wochen, die der kronprinzlichen Vermählung voraufgingen und folgten, hatten Faucher und mich wieder näher geführt, so nahe, daß von jener Zeit ab, durch fast dreiviertel Jahr hin, eine Art Haus- und Familienverkehr entstand. Ich verdanke dem einige ganz besonders interessante Tage, trotzdem es an Schwierigkeiten und Sonderbarkeiten nicht fehlte.</p><lb/> <p>Zunächst ein Wort über die Schwierigkeiten. Diese hatten ihren Grund schon in der räumlichen Entfernung, die so groß war, wie nur möglich. Unsere Wohnung, mit dem Blick auf Hampstead und Highgate, lag im äußersten Norden, während sich Faucher umgekehrt am äußersten Südrande der Stadt niedergelassen hatte, noch über Camberwell hinaus, in einem schon ganz ländlichen Vorort, der Denmark Hill hieß. Bis dorthin war ungefähr so weit wie von Berlin bis Spandau. Die Blackfriars-Brücke bildete genau die Hälfte und mit zwei Omnibussen konnten wir jedesmal den Heimweg zwingen, wenn wir nicht bei Fauchers die richtige Abfahrtszeit versäumten.</p><lb/> <p>Denmark Hill, eine Art Faubourg des Blanchisseuses, wo beständig Wäsche flatterte, war in seiner Ländlichkeit sehr reizend und eben so reizend präsentierte sich die kleine Villa, die Fauchers<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [82/0091]
Die Wochen, die der kronprinzlichen Vermählung voraufgingen und folgten, hatten Faucher und mich wieder näher geführt, so nahe, daß von jener Zeit ab, durch fast dreiviertel Jahr hin, eine Art Haus- und Familienverkehr entstand. Ich verdanke dem einige ganz besonders interessante Tage, trotzdem es an Schwierigkeiten und Sonderbarkeiten nicht fehlte.
Zunächst ein Wort über die Schwierigkeiten. Diese hatten ihren Grund schon in der räumlichen Entfernung, die so groß war, wie nur möglich. Unsere Wohnung, mit dem Blick auf Hampstead und Highgate, lag im äußersten Norden, während sich Faucher umgekehrt am äußersten Südrande der Stadt niedergelassen hatte, noch über Camberwell hinaus, in einem schon ganz ländlichen Vorort, der Denmark Hill hieß. Bis dorthin war ungefähr so weit wie von Berlin bis Spandau. Die Blackfriars-Brücke bildete genau die Hälfte und mit zwei Omnibussen konnten wir jedesmal den Heimweg zwingen, wenn wir nicht bei Fauchers die richtige Abfahrtszeit versäumten.
Denmark Hill, eine Art Faubourg des Blanchisseuses, wo beständig Wäsche flatterte, war in seiner Ländlichkeit sehr reizend und eben so reizend präsentierte sich die kleine Villa, die Fauchers
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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