Forkel, Johann Nikolaus: Ueber Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke. Leipzig, 1802.der Vollkommenheit vortrug, wie der Meister, entstand doch stets Staunen und Verwunderung über die nie gehörte, so große und doch so faßliche Kunst. Wer es nur irgend vermochte, spielte sodann wenigstens eines oder einige von den Stücken, die gerade der Bachische Schüler am besten in der Hand hatte, die folglich auch am meisten gefielen. Diese Stücke wurden auch niemand schwer, weil man vorher gehört hatte, wie sie klingen mußten. Soll der wahre Genuß großer musikalischer Kunstwerke allgemeiner werden, so müssen wir vor allen Dingen bessere Musiklehrer haben. Im Mangel guter Lehrer liegt eigentlich die Quelle alles musikalischen Uebels. Um sich bey Ehren zu erhalten, muß der ungeschickte, selbst nicht unterrichtete Lehrer seinen Schülern nothwendig eine schlechte Meynung von guten Kunstwerken beybringen, weil er sonst in Gefahr gerathen könnte, von dem Schüler aufgefordert zu werden, sie ihm vorzuspielen. Der Schüler wird also genöthigt, Zeit, Mühe und Geld an unnütze Klimpereyen zu verschwenden, und kommt vielleicht nach einem halben Dutzend von Jahren in eigentlich musikalischer Bildung keinen Schritt weiter, als er beym ersten Anfange war. Bey einem bessern Unterricht hätte er nicht die Hälfte von Zeit, Mühe und Geld bedurft, um auf einen Weg gebracht zu werden, auf welchem er bis ans Ende seines Lebens mit Sicherheit zu immer größerer Vollkommenheit hätte fortschreiten können. Wie viel sich gegen dieses Uebel dadurch ausrichten läßt, daß wenigstens in allen Musikhandlungen die Bachischen Werke zur Schau ausgestellt werden, und daß die Kenner und Verehrer echter musikalischer Kunst sich vereinigen, laut die Vortrefflichkeit dieser Werke zu predigen, und das Studium derselben zu empfehlen, das müssen wir von der Zeit erwarten. der Vollkommenheit vortrug, wie der Meister, entstand doch stets Staunen und Verwunderung über die nie gehörte, so große und doch so faßliche Kunst. Wer es nur irgend vermochte, spielte sodann wenigstens eines oder einige von den Stücken, die gerade der Bachische Schüler am besten in der Hand hatte, die folglich auch am meisten gefielen. Diese Stücke wurden auch niemand schwer, weil man vorher gehört hatte, wie sie klingen mußten. Soll der wahre Genuß großer musikalischer Kunstwerke allgemeiner werden, so müssen wir vor allen Dingen bessere Musiklehrer haben. Im Mangel guter Lehrer liegt eigentlich die Quelle alles musikalischen Uebels. Um sich bey Ehren zu erhalten, muß der ungeschickte, selbst nicht unterrichtete Lehrer seinen Schülern nothwendig eine schlechte Meynung von guten Kunstwerken beybringen, weil er sonst in Gefahr gerathen könnte, von dem Schüler aufgefordert zu werden, sie ihm vorzuspielen. Der Schüler wird also genöthigt, Zeit, Mühe und Geld an unnütze Klimpereyen zu verschwenden, und kommt vielleicht nach einem halben Dutzend von Jahren in eigentlich musikalischer Bildung keinen Schritt weiter, als er beym ersten Anfange war. Bey einem bessern Unterricht hätte er nicht die Hälfte von Zeit, Mühe und Geld bedurft, um auf einen Weg gebracht zu werden, auf welchem er bis ans Ende seines Lebens mit Sicherheit zu immer größerer Vollkommenheit hätte fortschreiten können. Wie viel sich gegen dieses Uebel dadurch ausrichten läßt, daß wenigstens in allen Musikhandlungen die Bachischen Werke zur Schau ausgestellt werden, und daß die Kenner und Verehrer echter musikalischer Kunst sich vereinigen, laut die Vortrefflichkeit dieser Werke zu predigen, und das Studium derselben zu empfehlen, das müssen wir von der Zeit erwarten. <TEI> <text> <front> <div type="preface" n="1"> <p><pb facs="#f0007" n="VII"/> der Vollkommenheit vortrug, wie der Meister, entstand doch stets Staunen und Verwunderung über die nie gehörte, so große und doch so faßliche Kunst. Wer es nur irgend vermochte, spielte sodann wenigstens eines oder einige von den Stücken, die gerade der Bachische Schüler am besten in der Hand hatte, die folglich auch am meisten gefielen. Diese Stücke wurden auch niemand schwer, weil man vorher gehört hatte, wie sie klingen mußten.</p> <p>Soll der wahre Genuß großer musikalischer Kunstwerke allgemeiner werden, so müssen wir vor allen Dingen bessere Musiklehrer haben. Im Mangel guter Lehrer liegt eigentlich die Quelle alles musikalischen Uebels. Um sich bey Ehren zu erhalten, muß der ungeschickte, selbst nicht unterrichtete Lehrer seinen Schülern nothwendig eine schlechte Meynung von guten Kunstwerken beybringen, weil er sonst in Gefahr gerathen könnte, von dem Schüler aufgefordert zu werden, sie ihm vorzuspielen. Der Schüler wird also genöthigt, Zeit, Mühe und Geld an unnütze Klimpereyen zu verschwenden, und kommt vielleicht nach einem halben Dutzend von Jahren in eigentlich musikalischer Bildung keinen Schritt weiter, als er beym ersten Anfange war. Bey einem bessern Unterricht hätte er nicht die Hälfte von Zeit, Mühe und Geld bedurft, um auf einen Weg gebracht zu werden, auf welchem er bis ans Ende seines Lebens mit Sicherheit zu immer größerer Vollkommenheit hätte fortschreiten können. Wie viel sich gegen dieses Uebel dadurch ausrichten läßt, daß wenigstens in allen Musikhandlungen die Bachischen Werke zur Schau ausgestellt werden, und daß die Kenner und Verehrer echter musikalischer Kunst sich vereinigen, laut die Vortrefflichkeit dieser Werke zu predigen, und das Studium derselben zu empfehlen, das müssen wir von der Zeit erwarten.</p> </div> </front> </text> </TEI> [VII/0007]
der Vollkommenheit vortrug, wie der Meister, entstand doch stets Staunen und Verwunderung über die nie gehörte, so große und doch so faßliche Kunst. Wer es nur irgend vermochte, spielte sodann wenigstens eines oder einige von den Stücken, die gerade der Bachische Schüler am besten in der Hand hatte, die folglich auch am meisten gefielen. Diese Stücke wurden auch niemand schwer, weil man vorher gehört hatte, wie sie klingen mußten.
Soll der wahre Genuß großer musikalischer Kunstwerke allgemeiner werden, so müssen wir vor allen Dingen bessere Musiklehrer haben. Im Mangel guter Lehrer liegt eigentlich die Quelle alles musikalischen Uebels. Um sich bey Ehren zu erhalten, muß der ungeschickte, selbst nicht unterrichtete Lehrer seinen Schülern nothwendig eine schlechte Meynung von guten Kunstwerken beybringen, weil er sonst in Gefahr gerathen könnte, von dem Schüler aufgefordert zu werden, sie ihm vorzuspielen. Der Schüler wird also genöthigt, Zeit, Mühe und Geld an unnütze Klimpereyen zu verschwenden, und kommt vielleicht nach einem halben Dutzend von Jahren in eigentlich musikalischer Bildung keinen Schritt weiter, als er beym ersten Anfange war. Bey einem bessern Unterricht hätte er nicht die Hälfte von Zeit, Mühe und Geld bedurft, um auf einen Weg gebracht zu werden, auf welchem er bis ans Ende seines Lebens mit Sicherheit zu immer größerer Vollkommenheit hätte fortschreiten können. Wie viel sich gegen dieses Uebel dadurch ausrichten läßt, daß wenigstens in allen Musikhandlungen die Bachischen Werke zur Schau ausgestellt werden, und daß die Kenner und Verehrer echter musikalischer Kunst sich vereinigen, laut die Vortrefflichkeit dieser Werke zu predigen, und das Studium derselben zu empfehlen, das müssen wir von der Zeit erwarten.
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