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Forkel, Johann Nikolaus: Ueber Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke. Leipzig, 1802.

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zwey Hauptwerke von anderer Art und Bestimmung aufbehalten worden, die den Verlust jener wahrscheinlich reichlich ersetzen können, nemlich:

1) 6 Violinsolo, ohne alle Begleitung, und

2) 6 Violoncellsolo, ebenfalls ohne alle Begleitung.

Die Violinsolos wurden lange Jahre hindurch von den größten Violinisten allgemein für das beste Mittel gehalten, einen Lehrbegierigen seines Instruments völlig mächtig zu machen. Die Violoncell-Solos sind in dieser Rücksicht von gleichem Werth.

V. Sing-Compositionen.

1) Fünf vollständige Jahrgänge von Kirchenstücken auf alle Sonn- und Festtage.

2) Fünf Passionsmusiken, unter welchen eine zweychörige ist.

3) Viele Oratorien, Missen, Magnificat, einzelne Sanctus, Geburts- Namenstags- und Trauermusiken, Brautmessen, Abendmusiken, auch einige italiänische Cantaten.

4) Viele ein- und zweychörige Motetten.

Die meisten dieser Werke sind aber nun zerstreut. Die Jahrgänge wurden nach des Verfassers Tode unter die ältern Söhne vertheilt, und zwar so, daß Wilh. Friedemann das meiste davon bekam, weil er in seiner damahligen Stelle zu Halle den meisten Gebrauch davon machen konnte. Seine nachherigen Umstände nöthigten ihn, das, was er erhalten hatte, nach und nach zu veräußern. Von den übrigen größern Singwerken ist ebenfalls nichts mehr beysammen. Bloß von den doppelchörigen Motetten sind noch 8 bis 10 vorhanden; aber ebenfalls nicht in einer, sondern in mehrern Händen. In dem an das Joachimsthalische Gymnasium zu Berlin vermachten musikalischen Nachlaß der Prinzessin Amalia von Preussen, befindet sich von Bachischen Singcompositionen vielleicht noch am meisten beysammen, obgleich ebenfalls nicht viel. Ich habe daselbst gefunden:

1) 21 Kirchen-Cantaten. In einer derselben über den Text: Schlage doch, gewünschte Stunde etc. hat der Componist obligate Glocken angebracht. Es läßt sich hieraus

zwey Hauptwerke von anderer Art und Bestimmung aufbehalten worden, die den Verlust jener wahrscheinlich reichlich ersetzen können, nemlich:

1) 6 Violinsolo, ohne alle Begleitung, und

2) 6 Violoncellsolo, ebenfalls ohne alle Begleitung.

Die Violinsolos wurden lange Jahre hindurch von den größten Violinisten allgemein für das beste Mittel gehalten, einen Lehrbegierigen seines Instruments völlig mächtig zu machen. Die Violoncell-Solos sind in dieser Rücksicht von gleichem Werth.

V. Sing-Compositionen.

1) Fünf vollständige Jahrgänge von Kirchenstücken auf alle Sonn- und Festtage.

2) Fünf Passionsmusiken, unter welchen eine zweychörige ist.

3) Viele Oratorien, Missen, Magnificat, einzelne Sanctus, Geburts- Namenstags- und Trauermusiken, Brautmessen, Abendmusiken, auch einige italiänische Cantaten.

4) Viele ein- und zweychörige Motetten.

Die meisten dieser Werke sind aber nun zerstreut. Die Jahrgänge wurden nach des Verfassers Tode unter die ältern Söhne vertheilt, und zwar so, daß Wilh. Friedemann das meiste davon bekam, weil er in seiner damahligen Stelle zu Halle den meisten Gebrauch davon machen konnte. Seine nachherigen Umstände nöthigten ihn, das, was er erhalten hatte, nach und nach zu veräußern. Von den übrigen größern Singwerken ist ebenfalls nichts mehr beysammen. Bloß von den doppelchörigen Motetten sind noch 8 bis 10 vorhanden; aber ebenfalls nicht in einer, sondern in mehrern Händen. In dem an das Joachimsthalische Gymnasium zu Berlin vermachten musikalischen Nachlaß der Prinzessin Amalia von Preussen, befindet sich von Bachischen Singcompositionen vielleicht noch am meisten beysammen, obgleich ebenfalls nicht viel. Ich habe daselbst gefunden:

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[61/0071] zwey Hauptwerke von anderer Art und Bestimmung aufbehalten worden, die den Verlust jener wahrscheinlich reichlich ersetzen können, nemlich: 1) 6 Violinsolo, ohne alle Begleitung, und 2) 6 Violoncellsolo, ebenfalls ohne alle Begleitung. Die Violinsolos wurden lange Jahre hindurch von den größten Violinisten allgemein für das beste Mittel gehalten, einen Lehrbegierigen seines Instruments völlig mächtig zu machen. Die Violoncell-Solos sind in dieser Rücksicht von gleichem Werth. V. Sing-Compositionen. 1) Fünf vollständige Jahrgänge von Kirchenstücken auf alle Sonn- und Festtage. 2) Fünf Passionsmusiken, unter welchen eine zweychörige ist. 3) Viele Oratorien, Missen, Magnificat, einzelne Sanctus, Geburts- Namenstags- und Trauermusiken, Brautmessen, Abendmusiken, auch einige italiänische Cantaten. 4) Viele ein- und zweychörige Motetten. Die meisten dieser Werke sind aber nun zerstreut. Die Jahrgänge wurden nach des Verfassers Tode unter die ältern Söhne vertheilt, und zwar so, daß Wilh. Friedemann das meiste davon bekam, weil er in seiner damahligen Stelle zu Halle den meisten Gebrauch davon machen konnte. Seine nachherigen Umstände nöthigten ihn, das, was er erhalten hatte, nach und nach zu veräußern. Von den übrigen größern Singwerken ist ebenfalls nichts mehr beysammen. Bloß von den doppelchörigen Motetten sind noch 8 bis 10 vorhanden; aber ebenfalls nicht in einer, sondern in mehrern Händen. In dem an das Joachimsthalische Gymnasium zu Berlin vermachten musikalischen Nachlaß der Prinzessin Amalia von Preussen, befindet sich von Bachischen Singcompositionen vielleicht noch am meisten beysammen, obgleich ebenfalls nicht viel. Ich habe daselbst gefunden: 1) 21 Kirchen-Cantaten. In einer derselben über den Text: Schlage doch, gewünschte Stunde etc. hat der Componist obligate Glocken angebracht. Es läßt sich hieraus

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Zitationshilfe: Forkel, Johann Nikolaus: Ueber Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke. Leipzig, 1802, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forkel_bach_1802/71>, abgerufen am 21.11.2024.