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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

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verschiedenen Geschlechtern, Gewerben und
Leidenschaften ganz mit sich selbst identifi¬
cirt zu haben scheint, der unendlichen Scharf¬
blick beweiset, wo es auf die Sonderung
der Wirkungen desselben Gegenstandes auf
verschiedene Gemüther aus diesen Volksklas¬
sen ankommt, hätte für das Ideal einer grie¬
chischen Heldennatur keinen Sinn gehabt.
Diese geistigeren Wesen gehen durch die
grobe Seele hindurch und lassen keine Spur
von ihrer Berührung zurück. Zart und mit
vulkanischer Feuerkunst gewebt muss das
Netz seyn, in welchem sich Mars und Venus
fangen und den versammelten Göttern zei¬
gen lassen. Sollen wir nun zürnen, dass
nicht alle solche Tausendkünstler sind, oder
lieber jedem Geiste seine Art und Weise
zu wirken und zu schaffen gönnen, da es
nun einmal nicht möglich ist, dass Raphael's
und Tizian's und Guido's Seelen in den

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verschiedenen Geschlechtern, Gewerben und
Leidenschaften ganz mit sich selbst identifi¬
cirt zu haben scheint, der unendlichen Scharf¬
blick beweiset, wo es auf die Sonderung
der Wirkungen desselben Gegenstandes auf
verschiedene Gemüther aus diesen Volksklas¬
sen ankommt, hätte für das Ideal einer grie¬
chischen Heldennatur keinen Sinn gehabt.
Diese geistigeren Wesen gehen durch die
grobe Seele hindurch und lassen keine Spur
von ihrer Berührung zurück. Zart und mit
vulkanischer Feuerkunst gewebt muſs das
Netz seyn, in welchem sich Mars und Venus
fangen und den versammelten Göttern zei¬
gen lassen. Sollen wir nun zürnen, daſs
nicht alle solche Tausendkünstler sind, oder
lieber jedem Geiste seine Art und Weise
zu wirken und zu schaffen gönnen, da es
nun einmal nicht möglich ist, daſs Raphael’s
und Tizian’s und Guido’s Seelen in den

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[183/0195] verschiedenen Geschlechtern, Gewerben und Leidenschaften ganz mit sich selbst identifi¬ cirt zu haben scheint, der unendlichen Scharf¬ blick beweiset, wo es auf die Sonderung der Wirkungen desselben Gegenstandes auf verschiedene Gemüther aus diesen Volksklas¬ sen ankommt, hätte für das Ideal einer grie¬ chischen Heldennatur keinen Sinn gehabt. Diese geistigeren Wesen gehen durch die grobe Seele hindurch und lassen keine Spur von ihrer Berührung zurück. Zart und mit vulkanischer Feuerkunst gewebt muſs das Netz seyn, in welchem sich Mars und Venus fangen und den versammelten Göttern zei¬ gen lassen. Sollen wir nun zürnen, daſs nicht alle solche Tausendkünstler sind, oder lieber jedem Geiste seine Art und Weise zu wirken und zu schaffen gönnen, da es nun einmal nicht möglich ist, daſs Raphael’s und Tizian’s und Guido’s Seelen in den M 4

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/195>, abgerufen am 21.11.2024.