er sich bescheidet, sie könne auch wohl schon aus dem Wasser gestiegen seyn. Die Scene ist übrigens gar nicht poetisch be¬ handelt. Ein jedes gemeines Weib, das nicht von ausgelassenen Sitten ist, würde sich so benehmen; hier aber sollte der Künstler ein edles, tugendhaftes, grosses Weib bezeichnen. Da er einmal mit einem ungeheuren Badetuche so freigebig war und die keusche Jüdin noch überdies zur Sicher¬ heit mit einer Balustrade umgab, so wäre es ihm ein leichtes gewesen, sie voll An¬ muth und Würde, stehend, mit edlem Un¬ willen auf den Lippen, mit einem grossen Blick der Verachtung in den reizenden Au¬ gen hinzustellen; fest, entschieden und ent¬ schlossen, sich eher der Lästerung als den Begierden ihrer Verfolger Preis zu geben. Dann hätte meinetwegen sich auch ihr Mund öfnen mögen, um Hülfe zu rufen; dieses
er sich bescheidet, sie könne auch wohl schon aus dem Wasser gestiegen seyn. Die Scene ist übrigens gar nicht poëtisch be¬ handelt. Ein jedes gemeines Weib, das nicht von ausgelassenen Sitten ist, würde sich so benehmen; hier aber sollte der Künstler ein edles, tugendhaftes, groſses Weib bezeichnen. Da er einmal mit einem ungeheuren Badetuche so freigebig war und die keusche Jüdin noch überdies zur Sicher¬ heit mit einer Balustrade umgab, so wäre es ihm ein leichtes gewesen, sie voll An¬ muth und Würde, stehend, mit edlem Un¬ willen auf den Lippen, mit einem groſsen Blick der Verachtung in den reizenden Au¬ gen hinzustellen; fest, entschieden und ent¬ schlossen, sich eher der Lästerung als den Begierden ihrer Verfolger Preis zu geben. Dann hätte meinetwegen sich auch ihr Mund öfnen mögen, um Hülfe zu rufen; dieses
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er sich bescheidet, sie könne auch wohl
schon aus dem Wasser gestiegen seyn. Die
Scene ist übrigens gar nicht poëtisch be¬
handelt. Ein jedes gemeines Weib, das
nicht von ausgelassenen Sitten ist, würde
sich so benehmen; hier aber sollte der
Künstler ein edles, tugendhaftes, groſses
Weib bezeichnen. Da er einmal mit einem
ungeheuren Badetuche so freigebig war und
die keusche Jüdin noch überdies zur Sicher¬
heit mit einer Balustrade umgab, so wäre
es ihm ein leichtes gewesen, sie voll An¬
muth und Würde, stehend, mit edlem Un¬
willen auf den Lippen, mit einem groſsen
Blick der Verachtung in den reizenden Au¬
gen hinzustellen; fest, entschieden und ent¬
schlossen, sich eher der Lästerung als den
Begierden ihrer Verfolger Preis zu geben.
Dann hätte meinetwegen sich auch ihr Mund
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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/230>, abgerufen am 21.11.2024.
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