Eindrucks. Wir lächelten, als zu Bacharach ein Invalide sich an unsere Jacht rudern liess, um auf diese Manier zu betteln; es war aber entweder noch lächerlicher, oder, wenn man eben in einer ernsthaften Stim¬ mung ist, empörender, dass zu St. Goar ein Armenvogt, noch ehe wir ausstiegen, mit einer Sparbüchse an das Schif trat und sie uns hinhielt, wobei er uns benachrichtigte: das Strassenbetteln sei zu Gunsten der Rei¬ senden von Obrigkeitswegen verboten. Selt¬ sam, dass dieser privilegirte Bettler hier die Vorüberschiffenden, die nicht einmal ausstei¬ gen wollen, belästigen darf, damit sie nicht auf den möglichen Fall des Aussteigens be¬ unruhigt werden!
In diesem engeren, öderen Theile des Rheinthals herrscht ein auffallender Mangel an Industrie. Der Boden ist den Einwohnern allerdings nicht günstig, da er sie auf den
Eindrucks. Wir lächelten, als zu Bacharach ein Invalide sich an unsere Jacht rudern lieſs, um auf diese Manier zu betteln; es war aber entweder noch lächerlicher, oder, wenn man eben in einer ernsthaften Stim¬ mung ist, empörender, daſs zu St. Goar ein Armenvogt, noch ehe wir ausstiegen, mit einer Sparbüchse an das Schif trat und sie uns hinhielt, wobei er uns benachrichtigte: das Straſsenbetteln sei zu Gunsten der Rei¬ senden von Obrigkeitswegen verboten. Selt¬ sam, daſs dieser privilegirte Bettler hier die Vorüberschiffenden, die nicht einmal ausstei¬ gen wollen, belästigen darf, damit sie nicht auf den möglichen Fall des Aussteigens be¬ unruhigt werden!
In diesem engeren, öderen Theile des Rheinthals herrscht ein auffallender Mangel an Industrie. Der Boden ist den Einwohnern allerdings nicht günstig, da er sie auf den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0025"n="13"/>
Eindrucks. Wir lächelten, als zu Bacharach<lb/>
ein Invalide sich an unsere Jacht rudern<lb/>
lieſs, um auf diese Manier zu betteln; es<lb/>
war aber entweder noch lächerlicher, oder,<lb/>
wenn man eben in einer ernsthaften Stim¬<lb/>
mung ist, empörender, daſs zu St. Goar ein<lb/>
Armenvogt, noch ehe wir ausstiegen, mit<lb/>
einer Sparbüchse an das Schif trat und sie<lb/>
uns hinhielt, wobei er uns benachrichtigte:<lb/>
das Straſsenbetteln sei zu Gunsten der Rei¬<lb/>
senden von Obrigkeitswegen verboten. Selt¬<lb/>
sam, daſs dieser privilegirte Bettler hier die<lb/>
Vorüberschiffenden, die nicht einmal ausstei¬<lb/>
gen wollen, belästigen darf, damit sie nicht<lb/>
auf den möglichen Fall des Aussteigens be¬<lb/>
unruhigt werden!</p><lb/><p>In diesem engeren, öderen Theile des<lb/>
Rheinthals herrscht ein auffallender Mangel<lb/>
an Industrie. Der Boden ist den Einwohnern<lb/>
allerdings nicht günstig, da er sie auf den<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[13/0025]
Eindrucks. Wir lächelten, als zu Bacharach
ein Invalide sich an unsere Jacht rudern
lieſs, um auf diese Manier zu betteln; es
war aber entweder noch lächerlicher, oder,
wenn man eben in einer ernsthaften Stim¬
mung ist, empörender, daſs zu St. Goar ein
Armenvogt, noch ehe wir ausstiegen, mit
einer Sparbüchse an das Schif trat und sie
uns hinhielt, wobei er uns benachrichtigte:
das Straſsenbetteln sei zu Gunsten der Rei¬
senden von Obrigkeitswegen verboten. Selt¬
sam, daſs dieser privilegirte Bettler hier die
Vorüberschiffenden, die nicht einmal ausstei¬
gen wollen, belästigen darf, damit sie nicht
auf den möglichen Fall des Aussteigens be¬
unruhigt werden!
In diesem engeren, öderen Theile des
Rheinthals herrscht ein auffallender Mangel
an Industrie. Der Boden ist den Einwohnern
allerdings nicht günstig, da er sie auf den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/25>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.