Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Pariser Akademie sie schwerlich für Brüder
erkennen würde. Ausserdem spricht das ge¬
meine Volk eine Art Kauderwelsch, welches
man unter dem Namen der wallonischen
Mundart kennt. Dieses ist den Fremden
völlig unverständlich, indem die ursprüng¬
lich altfranzösischen Wörter ganz verunstal¬
tet, bald abgekürzt, bald mit anderen En
dungen, und in einer ganz besondern Con¬
struktion erscheinen. So zum Beispiel heisst:
lei po wei, lasst mich sehen; statt des fran¬
zösischen: laisses moi voir; und wieder:
serre I'hon, mach die Thüre zu, statt: ferme
la porte
. In dem letztern Ausdruck ist hon
das altfranzösische huis, wovon noch a huis
clos
und huissier übrig sind. Französische
Eleganz habe ich in den Kleidertrachten,
zumal der geringeren Klasse, freilich nicht
bemerkt; doch diese würde man auch in
Frankreich selbst bei dieser Klasse verge¬

Pariser Akademie sie schwerlich für Brüder
erkennen würde. Auſserdem spricht das ge¬
meine Volk eine Art Kauderwelsch, welches
man unter dem Namen der wallonischen
Mundart kennt. Dieses ist den Fremden
völlig unverständlich, indem die ursprüng¬
lich altfranzösischen Wörter ganz verunstal¬
tet, bald abgekürzt, bald mit anderen En
dungen, und in einer ganz besondern Con¬
struktion erscheinen. So zum Beispiel heiſst:
lei po wei, laſst mich sehen; statt des fran¬
zösischen: laissès moi voir; und wieder:
ſerre I’hon, mach die Thüre zu, statt: ferme
la porte
. In dem letztern Ausdruck ist hon
das altfranzösische huis, wovon noch á huis
clos
und huissier übrig sind. Französische
Eleganz habe ich in den Kleidertrachten,
zumal der geringeren Klasse, freilich nicht
bemerkt; doch diese würde man auch in
Frankreich selbst bei dieser Klasse verge¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0343" n="331"/>
Pariser Akademie sie schwerlich für Brüder<lb/>
erkennen würde. Au&#x017F;serdem spricht das ge¬<lb/>
meine Volk eine Art Kauderwelsch, welches<lb/>
man unter dem Namen der wallonischen<lb/>
Mundart kennt. Dieses ist den Fremden<lb/>
völlig unverständlich, indem die ursprüng¬<lb/>
lich altfranzösischen Wörter ganz verunstal¬<lb/>
tet, bald abgekürzt, bald mit anderen En<lb/>
dungen, und in einer ganz besondern Con¬<lb/>
struktion erscheinen. So zum Beispiel hei&#x017F;st:<lb/><hi rendition="#i">lei po wei,</hi> la&#x017F;st mich sehen; statt des fran¬<lb/>
zösischen: <hi rendition="#i">laissès moi voir;</hi> und wieder:<lb/><hi rendition="#i">&#x017F;erre I&#x2019;hon,</hi> mach die Thüre zu, statt: <hi rendition="#i">ferme<lb/>
la porte</hi>. In dem letztern Ausdruck ist <hi rendition="#i">hon</hi><lb/>
das altfranzösische <hi rendition="#i">huis</hi>, wovon noch <hi rendition="#i">á huis<lb/>
clos</hi> und <hi rendition="#i">huissier</hi> übrig sind. Französische<lb/>
Eleganz habe ich in den Kleidertrachten,<lb/>
zumal der geringeren Klasse, freilich nicht<lb/>
bemerkt; doch diese würde man auch in<lb/>
Frankreich selbst bei dieser Klasse verge¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331/0343] Pariser Akademie sie schwerlich für Brüder erkennen würde. Auſserdem spricht das ge¬ meine Volk eine Art Kauderwelsch, welches man unter dem Namen der wallonischen Mundart kennt. Dieses ist den Fremden völlig unverständlich, indem die ursprüng¬ lich altfranzösischen Wörter ganz verunstal¬ tet, bald abgekürzt, bald mit anderen En dungen, und in einer ganz besondern Con¬ struktion erscheinen. So zum Beispiel heiſst: lei po wei, laſst mich sehen; statt des fran¬ zösischen: laissès moi voir; und wieder: ſerre I’hon, mach die Thüre zu, statt: ferme la porte. In dem letztern Ausdruck ist hon das altfranzösische huis, wovon noch á huis clos und huissier übrig sind. Französische Eleganz habe ich in den Kleidertrachten, zumal der geringeren Klasse, freilich nicht bemerkt; doch diese würde man auch in Frankreich selbst bei dieser Klasse verge¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/343
Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/343>, abgerufen am 22.11.2024.