Ehre; keiner will sich der Gewalt bedient haben, bloss weil er sich stärker fühlte, sondern weil er besser, richtiger, weiser dachte, und es dem anerkannten Rechte schuldig zu seyn glaubte, dem blinden Geg¬ ner mit derben Faustschlägen die Augen und das Verständniss zu öffnen. Mit diesem feinen Unterschiede ist es aber im Grunde noch nicht weit her; denn weil die allge¬ meingültige Vernunft nirgends geltend ge¬ macht ist, so trift das Compliment jedes¬ mal nur die eigene Vernunft des einzelnen Menschen; ihr huldigt er, denn sie ist das Höchste was er hat, so unvollkommen sie auch seyn mag. Von den Prämissen, die sie ihm darbietet, muss er ausgehen; denn sie sind ihm in Ermangelung des Besseren unfehlbar, und was er daraus fortschliesst, das sind ihm eben so unfehlbare Schlüsse. Wie entscheidet man nun aber zwischen
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Ehre; keiner will sich der Gewalt bedient haben, bloſs weil er sich stärker fühlte, sondern weil er besser, richtiger, weiser dachte, und es dem anerkannten Rechte schuldig zu seyn glaubte, dem blinden Geg¬ ner mit derben Faustschlägen die Augen und das Verständniſs zu öffnen. Mit diesem feinen Unterschiede ist es aber im Grunde noch nicht weit her; denn weil die allge¬ meingültige Vernunft nirgends geltend ge¬ macht ist, so trift das Compliment jedes¬ mal nur die eigene Vernunft des einzelnen Menschen; ihr huldigt er, denn sie ist das Höchste was er hat, so unvollkommen sie auch seyn mag. Von den Prämissen, die sie ihm darbietet, muſs er ausgehen; denn sie sind ihm in Ermangelung des Besseren unfehlbar, und was er daraus fortschlieſst, das sind ihm eben so unfehlbare Schlüsse. Wie entscheidet man nun aber zwischen
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Ehre; keiner will sich der Gewalt bedient
haben, bloſs weil er sich stärker fühlte,
sondern weil er besser, richtiger, weiser
dachte, und es dem anerkannten Rechte
schuldig zu seyn glaubte, dem blinden Geg¬
ner mit derben Faustschlägen die Augen und
das Verständniſs zu öffnen. Mit diesem
feinen Unterschiede ist es aber im Grunde
noch nicht weit her; denn weil die allge¬
meingültige Vernunft nirgends geltend ge¬
macht ist, so trift das Compliment jedes¬
mal nur die eigene Vernunft des einzelnen
Menschen; ihr huldigt er, denn sie ist das
Höchste was er hat, so unvollkommen sie
auch seyn mag. Von den Prämissen, die
sie ihm darbietet, muſs er ausgehen; denn
sie sind ihm in Ermangelung des Besseren
unfehlbar, und was er daraus fortschlieſst,
das sind ihm eben so unfehlbare Schlüsse.
Wie entscheidet man nun aber zwischen
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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/367>, abgerufen am 24.11.2024.
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