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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

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Dinge zu erforschen und durch Erfahrung
zur Weisheit des Lebens hinanzusteigen. In
seinen Adern wird sich, ihm unbewusst, ein
Feuerstrom der Macht und des Begehrens
regen, den nichts als Befriedigung bändigen
und kühlen, den der Widerstand fremder
Selbstheit nur reizen und erzürnen, dem
ihre Gewalt allein Schranken setzen und
durch diese das Bewusstseyn wechselseitiger
Befugniss wecken kann. Die erwachsene
Vernunft mag ringen mit diesem Sporn zur
Wirksamkeit: Auflösung folgt ihrem Siege,
und in jedem neuen Organ fesseln sie des fri¬
schen Lebens stärkere Bande. Ewig schwankt
daher das Menschengeschlecht zwischen Will¬
kühr und Regel; und wenn gleich in weni¬
gen grossen Seelen beide vereinigt liegen und
aus ihnen beide vereinigt in angeborner,
stiller Harmonie hervorgehen; so werden
sie dennoch, nur vereinzelt, die Götzen der

Dinge zu erforschen und durch Erfahrung
zur Weisheit des Lebens hinanzusteigen. In
seinen Adern wird sich, ihm unbewuſst, ein
Feuerstrom der Macht und des Begehrens
regen, den nichts als Befriedigung bändigen
und kühlen, den der Widerstand fremder
Selbstheit nur reizen und erzürnen, dem
ihre Gewalt allein Schranken setzen und
durch diese das Bewuſstseyn wechselseitiger
Befugniſs wecken kann. Die erwachsene
Vernunft mag ringen mit diesem Sporn zur
Wirksamkeit: Auflösung folgt ihrem Siege,
und in jedem neuen Organ fesseln sie des fri¬
schen Lebens stärkere Bande. Ewig schwankt
daher das Menschengeschlecht zwischen Will¬
kühr und Regel; und wenn gleich in weni¬
gen groſsen Seelen beide vereinigt liegen und
aus ihnen beide vereinigt in angeborner,
stiller Harmonie hervorgehen; so werden
sie dennoch, nur vereinzelt, die Götzen der

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[397/0409] Dinge zu erforschen und durch Erfahrung zur Weisheit des Lebens hinanzusteigen. In seinen Adern wird sich, ihm unbewuſst, ein Feuerstrom der Macht und des Begehrens regen, den nichts als Befriedigung bändigen und kühlen, den der Widerstand fremder Selbstheit nur reizen und erzürnen, dem ihre Gewalt allein Schranken setzen und durch diese das Bewuſstseyn wechselseitiger Befugniſs wecken kann. Die erwachsene Vernunft mag ringen mit diesem Sporn zur Wirksamkeit: Auflösung folgt ihrem Siege, und in jedem neuen Organ fesseln sie des fri¬ schen Lebens stärkere Bande. Ewig schwankt daher das Menschengeschlecht zwischen Will¬ kühr und Regel; und wenn gleich in weni¬ gen groſsen Seelen beide vereinigt liegen und aus ihnen beide vereinigt in angeborner, stiller Harmonie hervorgehen; so werden sie dennoch, nur vereinzelt, die Götzen der

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/409>, abgerufen am 22.11.2024.