nen Schenke bewirthet, und ihm sogar über die Streu ein Leintuch gedeckt hatte; dafür habe er auch der Magd, comme un gene¬ reux Francois, beim Weggehen etliche Kreu¬ zer geschenkt. Sein Vater war Zolleinneh¬ mer gewesen; er nannte ihn einen petit Monsieur, qui a mange soixante mille francs. Hätte der kleine Herr nicht beträchtliche Schulden hinterlassen, die seine Wittwe und Kinder bezahlen mussten, so hätte sein Sohn studirt und wäre wieder ein Regisseur geworden; allein wenigstens seine Schwestern lebten dans le grand monde. Seine Frau konnte fast gar kein Französisch und war so hässlich, dass sogar unser alter Erbsenkönig, als sie in den Wagen stieg, ein ah Dieu! qu'elle est laide! zwischen den Zähnen murmelte, ohne an seine eignen Vorzüge zu denken. Um uns das Räthsel zu lösen, wie man zu einer unfranzösischen Frau kom¬
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nen Schenke bewirthet, und ihm sogar über die Streu ein Leintuch gedeckt hatte; dafür habe er auch der Magd, comme un géné¬ reux François, beim Weggehen etliche Kreu¬ zer geschenkt. Sein Vater war Zolleinneh¬ mer gewesen; er nannte ihn einen petit Monsieur, qui a mangé soixante mille francs. Hätte der kleine Herr nicht beträchtliche Schulden hinterlassen, die seine Wittwe und Kinder bezahlen muſsten, so hätte sein Sohn studirt und wäre wieder ein Régisseur geworden; allein wenigstens seine Schwestern lebten dans le grand monde. Seine Frau konnte fast gar kein Französisch und war so häſslich, daſs sogar unser alter Erbsenkönig, als sie in den Wagen stieg, ein ah Dieu! qu’elle est laide! zwischen den Zähnen murmelte, ohne an seine eignen Vorzüge zu denken. Um uns das Räthsel zu lösen, wie man zu einer unfranzösischen Frau kom¬
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nen Schenke bewirthet, und ihm sogar über
die Streu ein Leintuch gedeckt hatte; dafür
habe er auch der Magd, comme un géné¬
reux François, beim Weggehen etliche Kreu¬
zer geschenkt. Sein Vater war Zolleinneh¬
mer gewesen; er nannte ihn einen petit
Monsieur, qui a mangé soixante mille francs.
Hätte der kleine Herr nicht beträchtliche
Schulden hinterlassen, die seine Wittwe
und Kinder bezahlen muſsten, so hätte sein
Sohn studirt und wäre wieder ein Régisseur
geworden; allein wenigstens seine Schwestern
lebten dans le grand monde. Seine Frau
konnte fast gar kein Französisch und war so
häſslich, daſs sogar unser alter Erbsenkönig,
als sie in den Wagen stieg, ein ah Dieu!
qu’elle est laide! zwischen den Zähnen
murmelte, ohne an seine eignen Vorzüge
zu denken. Um uns das Räthsel zu lösen,
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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/444>, abgerufen am 22.11.2024.
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