die Bürde des verwundeten Gewissens im mütterlichen Schoosse der Kirche abzuwerfen, und die Zauberin verwandelte den Bruder¬ mord in ein gottgefälliges Opfer. So ziemte es ihr, Verbrechen zu heiligen, die sie zu¬ erst gebot. Zitternd vor ihr, die damals das Menschengeschlecht eher vertilgen als ihrem Herrscherrecht entsagen wollte, hul¬ digten sie der unerforschlichen Weisheit, womit die Kirche alle Widersprüche verei¬ nigte, und schrieben der lästigen Zweiflerin Vernunft einen ewigen Scheidebrief.
Das schöne Vorrecht einer Religion des Friedens, dem Verbrecher im Namen der versöhnten Gottheit Verzeihung und Gnade darzubieten, erstreckt sich nicht bis zur Auf¬ hebung der natürlichen Folgen des Übels. Geistliche Zurechnung mag sie dem Sünder erlassen; aber weder Reue noch Seligspre¬ chung können ungeschehen machen, was
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die Bürde des verwundeten Gewissens im mütterlichen Schooſse der Kirche abzuwerfen, und die Zauberin verwandelte den Bruder¬ mord in ein gottgefälliges Opfer. So ziemte es ihr, Verbrechen zu heiligen, die sie zu¬ erst gebot. Zitternd vor ihr, die damals das Menschengeschlecht eher vertilgen als ihrem Herrscherrecht entsagen wollte, hul¬ digten sie der unerforschlichen Weisheit, womit die Kirche alle Widersprüche verei¬ nigte, und schrieben der lästigen Zweiflerin Vernunft einen ewigen Scheidebrief.
Das schöne Vorrecht einer Religion des Friedens, dem Verbrecher im Namen der versöhnten Gottheit Verzeihung und Gnade darzubieten, erstreckt sich nicht bis zur Auf¬ hebung der natürlichen Folgen des Übels. Geistliche Zurechnung mag sie dem Sünder erlassen; aber weder Reue noch Seligspre¬ chung können ungeschehen machen, was
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[9/0015]
die Bürde des verwundeten Gewissens im
mütterlichen Schooſse der Kirche abzuwerfen,
und die Zauberin verwandelte den Bruder¬
mord in ein gottgefälliges Opfer. So ziemte
es ihr, Verbrechen zu heiligen, die sie zu¬
erst gebot. Zitternd vor ihr, die damals
das Menschengeschlecht eher vertilgen als
ihrem Herrscherrecht entsagen wollte, hul¬
digten sie der unerforschlichen Weisheit,
womit die Kirche alle Widersprüche verei¬
nigte, und schrieben der lästigen Zweiflerin
Vernunft einen ewigen Scheidebrief.
Das schöne Vorrecht einer Religion des
Friedens, dem Verbrecher im Namen der
versöhnten Gottheit Verzeihung und Gnade
darzubieten, erstreckt sich nicht bis zur Auf¬
hebung der natürlichen Folgen des Übels.
Geistliche Zurechnung mag sie dem Sünder
erlassen; aber weder Reue noch Seligspre¬
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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/15>, abgerufen am 06.05.2024.
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