sich gar nicht sprechen. Seine Ehebrecherin im Tempel, ein grosses Kniestück, hat das Verdienst, welches man seinen guten Wer¬ ken nicht absprechen kann, Ausdruck und Wahrheit in den Köpfen, aber ein livides Kolorit und viel hässliche Natur.
Im zweiten Zimmer fand ich eine Susanna von -- oder nach -- Dominichino, sehr frisch und wohlbehalten, von jener in Düs¬ seldorf ganz verschieden, aber nichts edler gedacht; eine fleischige, Rubensische Dirne, ohne alle Jungfräulichkeit. Es ist wahr, diese Masse von Fleisch und Blut scheint zu leben, und die Maler glauben oft, man dürfe weiter nichts an sie fordern. Ist es denn gleichviel, ob Gibbon und Schiller eine Ge¬ schichte erzählen oder der Zeitungsschreiber? Ariost und Wieland oder Grecour?
Wie reich ist dagegen für die Empfindung und den Verstand diese schöne, einzelne Fi¬
sich gar nicht sprechen. Seine Ehebrecherin im Tempel, ein groſses Kniestück, hat das Verdienst, welches man seinen guten Wer¬ ken nicht absprechen kann, Ausdruck und Wahrheit in den Köpfen, aber ein livides Kolorit und viel häſsliche Natur.
Im zweiten Zimmer fand ich eine Susanna von — oder nach — Dominichino, sehr frisch und wohlbehalten, von jener in Düs¬ seldorf ganz verschieden, aber nichts edler gedacht; eine fleischige, Rubensische Dirne, ohne alle Jungfräulichkeit. Es ist wahr, diese Masse von Fleisch und Blut scheint zu leben, und die Maler glauben oft, man dürfe weiter nichts an sie fordern. Ist es denn gleichviel, ob Gibbon und Schiller eine Ge¬ schichte erzählen oder der Zeitungsschreiber? Ariost und Wieland oder Grecour?
Wie reich ist dagegen für die Empfindung und den Verstand diese schöne, einzelne Fi¬
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sich gar nicht sprechen. Seine Ehebrecherin
im Tempel, ein groſses Kniestück, hat das
Verdienst, welches man seinen guten Wer¬
ken nicht absprechen kann, Ausdruck und
Wahrheit in den Köpfen, aber ein livides
Kolorit und viel häſsliche Natur.
Im zweiten Zimmer fand ich eine Susanna
von — oder nach — Dominichino, sehr
frisch und wohlbehalten, von jener in Düs¬
seldorf ganz verschieden, aber nichts edler
gedacht; eine fleischige, Rubensische Dirne,
ohne alle Jungfräulichkeit. Es ist wahr,
diese Masse von Fleisch und Blut scheint zu
leben, und die Maler glauben oft, man dürfe
weiter nichts an sie fordern. Ist es denn
gleichviel, ob Gibbon und Schiller eine Ge¬
schichte erzählen oder der Zeitungsschreiber?
Ariost und Wieland oder Grecour?
Wie reich ist dagegen für die Empfindung
und den Verstand diese schöne, einzelne Fi¬
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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/499>, abgerufen am 22.11.2024.
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