Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Forster's Reise um die Welt
1773.
August.
welches den Capitain Furneaux zum Mittagessen zu uns herüber holte. Wir
hatten das Vergnügen von ihm zu vernehmen, daß der Durchlauf, der ohn-
längst unter seinen Leuten eingerissen war, bereits nachgelassen, und daß auch
am Scorbut keiner sehr gefährlich krank sey; wir konnten also, der Nachbar-
schaft von O-Tahiti wegen hoffen, daß dem Uebel durch frische Kräuterkost
bald gänzlich würde abzuhelfen seyn. Bey Untergang der Sonne sahe man be-
reits die Berge dieser erwünschten Insel aus den vergoldeten Wolken über dem
Horizont hervorragen. Jedermann an Bord, einen oder zwey ausgenommen,
die sich nicht rühren könnten, eilte begierigst aufs vordere Verdeck, um die Au-
gen an dem Anblick dieses Landes zu weiden, von dem man die größten Erwar-
tungen haben mußte, weil nach dem einstimmigen Zeugniß aller Seefahrer die
da gewesen, nicht nur Ueberfluß an frischen Lebensmitteln daselbst vorhanden,
sondern auch die Einwohner von besonders gutherzigem und gefälligem Cha-
racter seyn sollten. Aller Wahrscheinlichkeit nach, ist diese Insel von einem Spa-
nier, nemlich von Pedro Fernandez de Quiros zuerst entdeckt worden. Die-
ser war am 21sten December 1605. aus Lima in Peru abgeseegelt, und hatte
am 10ten Februar 1606. eine Insel gefunden, welche er Sagittaria nannte, *)
die aber, nach allen Nebenumständen zu urtheilen, vermuthlich das heutige O-Ta-
hiti
gewesen ist. An der Südseite derselben, wo er an die Küste kam, war
kein Haven anzutreffen, er begnügte sich also einige seiner Leute, im Boote ans
Land zu schicken, und diese wurden freundschaftlich und gütig aufgenommen.
Nach ihm fand Capitain Wallis diese Insel am 18ten Junius 1767. und
nannte sie Georg des dritten Insel. Eines unglücklichen Mißverständnisses
wegen, das bey seiner Ankunft zwischen ihm und den Eingebohrnen entstand,
ließ er Feuer auf sie geben, wodurch funfzehen erschossen und eine große Zahl
verwundet wurden; doch die gutartigen Leute vergaßen den Verlust und die Wun-
den ihrer Brüder, machten gleich nachher Friede und versahen ihn mit einem
Ueberflusse von Lebensmitteln, die größtentheils aus allerhand Wurzelwerk, ver-
schiedenen Arten von treflichen Baumfrüchten, Hühnern und Schweinen be-
standen. Herr von Bougainville kam am 2ten April 1768. oder ohngefähr

*) S. Historical collection of the several voyages and discoveries in the south pacific Ocean by
Alex. Dalrymple
Esq. Vol. I. pag.
109-117.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
Auguſt.
welches den Capitain Furneaux zum Mittageſſen zu uns heruͤber holte. Wir
hatten das Vergnuͤgen von ihm zu vernehmen, daß der Durchlauf, der ohn-
laͤngſt unter ſeinen Leuten eingeriſſen war, bereits nachgelaſſen, und daß auch
am Scorbut keiner ſehr gefaͤhrlich krank ſey; wir konnten alſo, der Nachbar-
ſchaft von O-Tahiti wegen hoffen, daß dem Uebel durch friſche Kraͤuterkoſt
bald gaͤnzlich wuͤrde abzuhelfen ſeyn. Bey Untergang der Sonne ſahe man be-
reits die Berge dieſer erwuͤnſchten Inſel aus den vergoldeten Wolken uͤber dem
Horizont hervorragen. Jedermann an Bord, einen oder zwey ausgenommen,
die ſich nicht ruͤhren koͤnnten, eilte begierigſt aufs vordere Verdeck, um die Au-
gen an dem Anblick dieſes Landes zu weiden, von dem man die groͤßten Erwar-
tungen haben mußte, weil nach dem einſtimmigen Zeugniß aller Seefahrer die
da geweſen, nicht nur Ueberfluß an friſchen Lebensmitteln daſelbſt vorhanden,
ſondern auch die Einwohner von beſonders gutherzigem und gefaͤlligem Cha-
racter ſeyn ſollten. Aller Wahrſcheinlichkeit nach, iſt dieſe Inſel von einem Spa-
nier, nemlich von Pedro Fernandez de Quiros zuerſt entdeckt worden. Die-
ſer war am 21ſten December 1605. aus Lima in Peru abgeſeegelt, und hatte
am 10ten Februar 1606. eine Inſel gefunden, welche er Sagittaria nannte, *)
die aber, nach allen Nebenumſtaͤnden zu urtheilen, vermuthlich das heutige O-Ta-
hiti
geweſen iſt. An der Suͤdſeite derſelben, wo er an die Kuͤſte kam, war
kein Haven anzutreffen, er begnuͤgte ſich alſo einige ſeiner Leute, im Boote ans
Land zu ſchicken, und dieſe wurden freundſchaftlich und guͤtig aufgenommen.
Nach ihm fand Capitain Wallis dieſe Inſel am 18ten Junius 1767. und
nannte ſie Georg des dritten Inſel. Eines ungluͤcklichen Mißverſtaͤndniſſes
wegen, das bey ſeiner Ankunft zwiſchen ihm und den Eingebohrnen entſtand,
ließ er Feuer auf ſie geben, wodurch funfzehen erſchoſſen und eine große Zahl
verwundet wurden; doch die gutartigen Leute vergaßen den Verluſt und die Wun-
den ihrer Bruͤder, machten gleich nachher Friede und verſahen ihn mit einem
Ueberfluſſe von Lebensmitteln, die groͤßtentheils aus allerhand Wurzelwerk, ver-
ſchiedenen Arten von treflichen Baumfruͤchten, Huͤhnern und Schweinen be-
ſtanden. Herr von Bougainville kam am 2ten April 1768. oder ohngefaͤhr

*) S. Hiſtorical collection of the ſeveral voyages and diſcoveries in the ſouth pacific Ocean by
Alex. Dalrymple
Esq. Vol. I. pag.
109-117.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0243" n="190"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>For&#x017F;ter&#x2019;s</persName> Rei&#x017F;e um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1773.<lb/>
Augu&#x017F;t.</note>welches den Capitain <hi rendition="#fr"><persName>Furneaux</persName></hi> zum Mittage&#x017F;&#x017F;en zu uns heru&#x0364;ber holte. Wir<lb/>
hatten das Vergnu&#x0364;gen von ihm zu vernehmen, daß der Durchlauf, der ohn-<lb/>
la&#x0364;ng&#x017F;t unter &#x017F;einen Leuten eingeri&#x017F;&#x017F;en war, bereits nachgela&#x017F;&#x017F;en, und daß auch<lb/>
am Scorbut keiner &#x017F;ehr gefa&#x0364;hrlich krank &#x017F;ey; wir konnten al&#x017F;o, der Nachbar-<lb/>
&#x017F;chaft von <hi rendition="#fr"><placeName>O-Tahiti</placeName></hi> wegen hoffen, daß dem Uebel durch fri&#x017F;che Kra&#x0364;uterko&#x017F;t<lb/>
bald ga&#x0364;nzlich wu&#x0364;rde abzuhelfen &#x017F;eyn. Bey Untergang der Sonne &#x017F;ahe man be-<lb/>
reits die Berge die&#x017F;er erwu&#x0364;n&#x017F;chten In&#x017F;el aus den vergoldeten Wolken u&#x0364;ber dem<lb/>
Horizont hervorragen. Jedermann an Bord, einen oder zwey ausgenommen,<lb/>
die &#x017F;ich nicht ru&#x0364;hren ko&#x0364;nnten, eilte begierig&#x017F;t aufs vordere Verdeck, um die Au-<lb/>
gen an dem Anblick die&#x017F;es Landes zu weiden, von dem man die gro&#x0364;ßten Erwar-<lb/>
tungen haben mußte, weil nach dem ein&#x017F;timmigen Zeugniß aller Seefahrer die<lb/>
da gewe&#x017F;en, nicht nur Ueberfluß an fri&#x017F;chen Lebensmitteln da&#x017F;elb&#x017F;t vorhanden,<lb/>
&#x017F;ondern auch die Einwohner von be&#x017F;onders gutherzigem und gefa&#x0364;lligem Cha-<lb/>
racter &#x017F;eyn &#x017F;ollten. Aller Wahr&#x017F;cheinlichkeit nach, i&#x017F;t die&#x017F;e In&#x017F;el von einem Spa-<lb/>
nier, nemlich von <hi rendition="#fr"><persName>Pedro Fernandez de Quiros</persName></hi> zuer&#x017F;t entdeckt worden. Die-<lb/>
&#x017F;er war am 21&#x017F;ten December 1605. aus <placeName>Lima</placeName> in <placeName>Peru</placeName> abge&#x017F;eegelt, und hatte<lb/>
am 10ten Februar 1606. eine In&#x017F;el gefunden, welche er <hi rendition="#fr"><placeName>Sagittaria</placeName></hi> nannte, <note place="foot" n="*)">S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Hi&#x017F;torical collection of the &#x017F;everal voyages and di&#x017F;coveries in the <placeName>&#x017F;outh pacific Ocean</placeName> by<lb/><persName>Alex. Dalrymple</persName></hi> Esq. Vol. I. pag.</hi> 109-117.</note><lb/>
die aber, nach allen Nebenum&#x017F;ta&#x0364;nden zu urtheilen, vermuthlich das heutige <hi rendition="#fr"><placeName>O-Ta-<lb/>
hiti</placeName></hi> gewe&#x017F;en i&#x017F;t. An der Su&#x0364;d&#x017F;eite der&#x017F;elben, wo er an die Ku&#x0364;&#x017F;te kam, war<lb/>
kein Haven anzutreffen, er begnu&#x0364;gte &#x017F;ich al&#x017F;o einige &#x017F;einer Leute, im Boote ans<lb/>
Land zu &#x017F;chicken, und die&#x017F;e wurden freund&#x017F;chaftlich und gu&#x0364;tig aufgenommen.<lb/>
Nach ihm fand Capitain <hi rendition="#fr"><persName>Wallis</persName></hi> die&#x017F;e In&#x017F;el am 18ten Junius 1767. und<lb/>
nannte &#x017F;ie <hi rendition="#fr"><placeName>Georg des dritten In&#x017F;el</placeName>.</hi> Eines unglu&#x0364;cklichen Mißver&#x017F;ta&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;es<lb/>
wegen, das bey &#x017F;einer Ankunft zwi&#x017F;chen ihm und den Eingebohrnen ent&#x017F;tand,<lb/>
ließ er Feuer auf &#x017F;ie geben, wodurch funfzehen er&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en und eine große Zahl<lb/>
verwundet wurden; doch die gutartigen Leute vergaßen den Verlu&#x017F;t und die Wun-<lb/>
den ihrer Bru&#x0364;der, machten gleich nachher Friede und ver&#x017F;ahen ihn mit einem<lb/>
Ueberflu&#x017F;&#x017F;e von Lebensmitteln, die gro&#x0364;ßtentheils aus allerhand Wurzelwerk, ver-<lb/>
&#x017F;chiedenen Arten von treflichen Baumfru&#x0364;chten, Hu&#x0364;hnern und Schweinen be-<lb/>
&#x017F;tanden. Herr <persName>von <hi rendition="#fr">Bougainville</hi></persName> kam am 2ten April 1768. oder ohngefa&#x0364;hr<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0243] Forſter’s Reiſe um die Welt welches den Capitain Furneaux zum Mittageſſen zu uns heruͤber holte. Wir hatten das Vergnuͤgen von ihm zu vernehmen, daß der Durchlauf, der ohn- laͤngſt unter ſeinen Leuten eingeriſſen war, bereits nachgelaſſen, und daß auch am Scorbut keiner ſehr gefaͤhrlich krank ſey; wir konnten alſo, der Nachbar- ſchaft von O-Tahiti wegen hoffen, daß dem Uebel durch friſche Kraͤuterkoſt bald gaͤnzlich wuͤrde abzuhelfen ſeyn. Bey Untergang der Sonne ſahe man be- reits die Berge dieſer erwuͤnſchten Inſel aus den vergoldeten Wolken uͤber dem Horizont hervorragen. Jedermann an Bord, einen oder zwey ausgenommen, die ſich nicht ruͤhren koͤnnten, eilte begierigſt aufs vordere Verdeck, um die Au- gen an dem Anblick dieſes Landes zu weiden, von dem man die groͤßten Erwar- tungen haben mußte, weil nach dem einſtimmigen Zeugniß aller Seefahrer die da geweſen, nicht nur Ueberfluß an friſchen Lebensmitteln daſelbſt vorhanden, ſondern auch die Einwohner von beſonders gutherzigem und gefaͤlligem Cha- racter ſeyn ſollten. Aller Wahrſcheinlichkeit nach, iſt dieſe Inſel von einem Spa- nier, nemlich von Pedro Fernandez de Quiros zuerſt entdeckt worden. Die- ſer war am 21ſten December 1605. aus Lima in Peru abgeſeegelt, und hatte am 10ten Februar 1606. eine Inſel gefunden, welche er Sagittaria nannte, *) die aber, nach allen Nebenumſtaͤnden zu urtheilen, vermuthlich das heutige O-Ta- hiti geweſen iſt. An der Suͤdſeite derſelben, wo er an die Kuͤſte kam, war kein Haven anzutreffen, er begnuͤgte ſich alſo einige ſeiner Leute, im Boote ans Land zu ſchicken, und dieſe wurden freundſchaftlich und guͤtig aufgenommen. Nach ihm fand Capitain Wallis dieſe Inſel am 18ten Junius 1767. und nannte ſie Georg des dritten Inſel. Eines ungluͤcklichen Mißverſtaͤndniſſes wegen, das bey ſeiner Ankunft zwiſchen ihm und den Eingebohrnen entſtand, ließ er Feuer auf ſie geben, wodurch funfzehen erſchoſſen und eine große Zahl verwundet wurden; doch die gutartigen Leute vergaßen den Verluſt und die Wun- den ihrer Bruͤder, machten gleich nachher Friede und verſahen ihn mit einem Ueberfluſſe von Lebensmitteln, die groͤßtentheils aus allerhand Wurzelwerk, ver- ſchiedenen Arten von treflichen Baumfruͤchten, Huͤhnern und Schweinen be- ſtanden. Herr von Bougainville kam am 2ten April 1768. oder ohngefaͤhr 1773. Auguſt. *) S. Hiſtorical collection of the ſeveral voyages and diſcoveries in the ſouth pacific Ocean by Alex. Dalrymple Esq. Vol. I. pag. 109-117.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/243
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/243>, abgerufen am 24.11.2024.