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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Forster's Reise um die Welt
1773.
August.
nahe heran gekommen, daß er zu erreichen war. Der erste Schuß machte im-
mer großes Schrecken; einige fielen darüber platt zur Erde oder rannten ohn-
gefähr zwanzig Schritt weit zurück, bis wir ihnen durch freundliches Zureden die
Furcht benommen, oder ihre herzhafteren Landsleute den geschoßnen Vogel auf-
gelangt hatten. Sie gewöhnten sich indessen bald besser daran, und wenn sie
gleich noch bey jedem neuen Schusse zusammen fuhren, so ließen sie ihre Furcht
wenigstens zu keinem weitern Ausbruche kommen.

So freundschaftlich wir nun auch aller Orten aufgenommen wurden, so
suchte man gleichwohl überall die Schweine vor uns zu verstecken; und wenn
wir darnach frugen, so waren die Leute entweder verlegen, oder sagten, sie hät-
ten keine, oder versicherten, sie gehörten Aheatua'n zu. Wir hielten es
also fürs beste, uns gar nicht weiter darum zu bekümmern, und ob wir gleich,
fast in jeder Hütte, Schweine genug verborgen fanden, so stellten wir uns doch
als merkten wir es nicht, oder als wäre uns nichts darum zu thun. Dies
Betragen machte ihr Vertrauen zu uns desto größer.

Nachdem wir etliche Meilen weit gegangen waren, setzten wir uns auf
einige große Steine nieder, die vor einer Hütte eine Art von erhöhtem Pflaster
ausmachten, und baten die Einwohner, daß sie uns, gegen baare Zahlung
in Corallen, etwas Brodfrucht und Coco-Nüsse verschaffen mögten. Sie waren
sehr willig dazu, brachten herbey was sie hatten und in der Geschwindigkeit stand
das Frühstück aufgetischt vor uns. Um es desto ruhiger zu verzehren, ließen
wir den ganzen Haufen unsrer Begleiter in einiger Entfernung von uns nie-
dersitzen, damit sie keine Gelegenheit haben mögten, Gewehr oder andre Dinge
zu erhaschen, die wir beym Essen von uns legen mußten. Die guten Leute ge-
dachten unsre Collation recht vollständig und schön zu machen; in dieser Absicht
brachten sie uns eine Cocosnuß-Schaale voll kleiner Fische, welche sie in Salzwas-
ser eingetunkt, roh zu essen pflegen. Wir kosteten davon und fanden sie gar nicht
unangenehm, weil wir aber nicht an rohe Speisen solcher Art gewohnt waren,
so vertheilten wir diese Leckerbissen nebst den übriggebliebenen Früchten unter die-
jenigen von unsren Begleitern, die uns am liebsten waren.

Als wir nach eingenommenem Frühstück weiter gegen die Berge zu gehen
wollten, suchten uns die Indianer zu überreden, daß wir lieber in der Ebne

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
Auguſt.
nahe heran gekommen, daß er zu erreichen war. Der erſte Schuß machte im-
mer großes Schrecken; einige fielen daruͤber platt zur Erde oder rannten ohn-
gefaͤhr zwanzig Schritt weit zuruͤck, bis wir ihnen durch freundliches Zureden die
Furcht benommen, oder ihre herzhafteren Landsleute den geſchoßnen Vogel auf-
gelangt hatten. Sie gewoͤhnten ſich indeſſen bald beſſer daran, und wenn ſie
gleich noch bey jedem neuen Schuſſe zuſammen fuhren, ſo ließen ſie ihre Furcht
wenigſtens zu keinem weitern Ausbruche kommen.

So freundſchaftlich wir nun auch aller Orten aufgenommen wurden, ſo
ſuchte man gleichwohl uͤberall die Schweine vor uns zu verſtecken; und wenn
wir darnach frugen, ſo waren die Leute entweder verlegen, oder ſagten, ſie haͤt-
ten keine, oder verſicherten, ſie gehoͤrten Aheatua’n zu. Wir hielten es
alſo fuͤrs beſte, uns gar nicht weiter darum zu bekuͤmmern, und ob wir gleich,
faſt in jeder Huͤtte, Schweine genug verborgen fanden, ſo ſtellten wir uns doch
als merkten wir es nicht, oder als waͤre uns nichts darum zu thun. Dies
Betragen machte ihr Vertrauen zu uns deſto groͤßer.

Nachdem wir etliche Meilen weit gegangen waren, ſetzten wir uns auf
einige große Steine nieder, die vor einer Huͤtte eine Art von erhoͤhtem Pflaſter
ausmachten, und baten die Einwohner, daß ſie uns, gegen baare Zahlung
in Corallen, etwas Brodfrucht und Coco-Nuͤſſe verſchaffen moͤgten. Sie waren
ſehr willig dazu, brachten herbey was ſie hatten und in der Geſchwindigkeit ſtand
das Fruͤhſtuͤck aufgetiſcht vor uns. Um es deſto ruhiger zu verzehren, ließen
wir den ganzen Haufen unſrer Begleiter in einiger Entfernung von uns nie-
derſitzen, damit ſie keine Gelegenheit haben moͤgten, Gewehr oder andre Dinge
zu erhaſchen, die wir beym Eſſen von uns legen mußten. Die guten Leute ge-
dachten unſre Collation recht vollſtaͤndig und ſchoͤn zu machen; in dieſer Abſicht
brachten ſie uns eine Cocosnuß-Schaale voll kleiner Fiſche, welche ſie in Salzwaſ-
ſer eingetunkt, roh zu eſſen pflegen. Wir koſteten davon und fanden ſie gar nicht
unangenehm, weil wir aber nicht an rohe Speiſen ſolcher Art gewohnt waren,
ſo vertheilten wir dieſe Leckerbiſſen nebſt den uͤbriggebliebenen Fruͤchten unter die-
jenigen von unſren Begleitern, die uns am liebſten waren.

Als wir nach eingenommenem Fruͤhſtuͤck weiter gegen die Berge zu gehen
wollten, ſuchten uns die Indianer zu uͤberreden, daß wir lieber in der Ebne

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[218/0271] Forſter’s Reiſe um die Welt nahe heran gekommen, daß er zu erreichen war. Der erſte Schuß machte im- mer großes Schrecken; einige fielen daruͤber platt zur Erde oder rannten ohn- gefaͤhr zwanzig Schritt weit zuruͤck, bis wir ihnen durch freundliches Zureden die Furcht benommen, oder ihre herzhafteren Landsleute den geſchoßnen Vogel auf- gelangt hatten. Sie gewoͤhnten ſich indeſſen bald beſſer daran, und wenn ſie gleich noch bey jedem neuen Schuſſe zuſammen fuhren, ſo ließen ſie ihre Furcht wenigſtens zu keinem weitern Ausbruche kommen. 1773. Auguſt. So freundſchaftlich wir nun auch aller Orten aufgenommen wurden, ſo ſuchte man gleichwohl uͤberall die Schweine vor uns zu verſtecken; und wenn wir darnach frugen, ſo waren die Leute entweder verlegen, oder ſagten, ſie haͤt- ten keine, oder verſicherten, ſie gehoͤrten Aheatua’n zu. Wir hielten es alſo fuͤrs beſte, uns gar nicht weiter darum zu bekuͤmmern, und ob wir gleich, faſt in jeder Huͤtte, Schweine genug verborgen fanden, ſo ſtellten wir uns doch als merkten wir es nicht, oder als waͤre uns nichts darum zu thun. Dies Betragen machte ihr Vertrauen zu uns deſto groͤßer. Nachdem wir etliche Meilen weit gegangen waren, ſetzten wir uns auf einige große Steine nieder, die vor einer Huͤtte eine Art von erhoͤhtem Pflaſter ausmachten, und baten die Einwohner, daß ſie uns, gegen baare Zahlung in Corallen, etwas Brodfrucht und Coco-Nuͤſſe verſchaffen moͤgten. Sie waren ſehr willig dazu, brachten herbey was ſie hatten und in der Geſchwindigkeit ſtand das Fruͤhſtuͤck aufgetiſcht vor uns. Um es deſto ruhiger zu verzehren, ließen wir den ganzen Haufen unſrer Begleiter in einiger Entfernung von uns nie- derſitzen, damit ſie keine Gelegenheit haben moͤgten, Gewehr oder andre Dinge zu erhaſchen, die wir beym Eſſen von uns legen mußten. Die guten Leute ge- dachten unſre Collation recht vollſtaͤndig und ſchoͤn zu machen; in dieſer Abſicht brachten ſie uns eine Cocosnuß-Schaale voll kleiner Fiſche, welche ſie in Salzwaſ- ſer eingetunkt, roh zu eſſen pflegen. Wir koſteten davon und fanden ſie gar nicht unangenehm, weil wir aber nicht an rohe Speiſen ſolcher Art gewohnt waren, ſo vertheilten wir dieſe Leckerbiſſen nebſt den uͤbriggebliebenen Fruͤchten unter die- jenigen von unſren Begleitern, die uns am liebſten waren. Als wir nach eingenommenem Fruͤhſtuͤck weiter gegen die Berge zu gehen wollten, ſuchten uns die Indianer zu uͤberreden, daß wir lieber in der Ebne

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/271>, abgerufen am 27.11.2024.