Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.Forster's Reise um die Welt 1773.Septem- ber.rath von Bananen, und speißten hierauf, etwas weiter gen Süden, bey dem Hause des obersten Befehlshabers Boba, den der König von Borabora, Opuni, zum Statthalter allhier eingesetzt hatte. Sie lernten ihn jedoch nicht persönlich kennen, denn er war damals eben verreiset. Nach Tische fand sich, daß man ihnen während der Mahlzeit den ganzen Rest ihrer Handelswaaren, der in einem Beutel mit Nägeln, Spiegeln und Corallen bestand, gestohlen hatte. In dieser Verlegenheit hielten es die Officiers für das sicherste, wenn man den Einwohnern eine Parthey Vieh und andre Habseligkeiten wegnähme, und so lange an sich behielte, bis jene sich bequemten, das Geraubte wieder herbey zu schaffen. Mit diesem Zwangsmittel ward gleich auf dem Marktplatz der Anfang gemacht; man nahm daselbst ein Schwein, einige Perlmutter-Schaa- len und etliche Ballen Zeug in Beschlag, welches die Einwohner jedoch nicht an- ders, als auf ernstliche Bedrohung mit dem Feuergewehr, geschehen ließen. Hierauf theilten sich unsre Leute; einige mußten die Boote, andre die confiscir- ten Waaren bewachen, und die übrigen giengen unter Anführung des Lieute- nants weiter, um die Execution fortzusetzen. Der alte Befehlshaber O-Tah begleitete sie, doch schien ihm bey dem ganzen Handel nicht um ein Haar besser zu Muthe zu seyn als den Hunden in der Fabel (S. Phädri Fab.). Ueberall wo sie hinkamen, flohen die Einwohner und trieben ihr Vieh ins Gebürge. Um zu versuchen, was das Schießgewehr für Würkung auf sie machen würde, ließ der Officier drey Musqueten in die Luft feuern; auf diesen Schreckschuß kehrte einer von den Flüchtlingen, ein vornehmer Mann, der von der Elephantiasis einen ungeheuer dick geschwollnen Fus und Schenkel hatte, wieder um, und überlie- ferte seine Schweine, nebst etlichen Packen Zeug. Hiernächst bemächtigten sich unsre Leute, in Boba's Wohnung, noch zweyer Brustschilder und einer Trommel, und kehrten darauf mit ihrer Beute nach dem zum Sammelplatz be- stimmten Hause zurück. Gegen Abend schied O-Tah von ihnen, kam aber bald nachher mit dem gestohlnen Beutel wieder, in welchem noch ohngefähr die Hälfte der Nägel, Corallen u. d. g. befindlich war, und blieb sodann die Nacht über bey ihnen. Am folgenden Morgen ward den Eigenthümern der in Beschlag genommnen Effecten bekannt gemacht, daß ihnen alles zurück gegeben werden sollte, wenn sie die entwandten Corallen und Nägel wieder herbey schaften. Un- ter
Forſter’s Reiſe um die Welt 1773.Septem- ber.rath von Bananen, und ſpeißten hierauf, etwas weiter gen Suͤden, bey dem Hauſe des oberſten Befehlshabers Boba, den der Koͤnig von Borabora, Opuni, zum Statthalter allhier eingeſetzt hatte. Sie lernten ihn jedoch nicht perſoͤnlich kennen, denn er war damals eben verreiſet. Nach Tiſche fand ſich, daß man ihnen waͤhrend der Mahlzeit den ganzen Reſt ihrer Handelswaaren, der in einem Beutel mit Naͤgeln, Spiegeln und Corallen beſtand, geſtohlen hatte. In dieſer Verlegenheit hielten es die Officiers fuͤr das ſicherſte, wenn man den Einwohnern eine Parthey Vieh und andre Habſeligkeiten wegnaͤhme, und ſo lange an ſich behielte, bis jene ſich bequemten, das Geraubte wieder herbey zu ſchaffen. Mit dieſem Zwangsmittel ward gleich auf dem Marktplatz der Anfang gemacht; man nahm daſelbſt ein Schwein, einige Perlmutter-Schaa- len und etliche Ballen Zeug in Beſchlag, welches die Einwohner jedoch nicht an- ders, als auf ernſtliche Bedrohung mit dem Feuergewehr, geſchehen ließen. Hierauf theilten ſich unſre Leute; einige mußten die Boote, andre die confiſcir- ten Waaren bewachen, und die uͤbrigen giengen unter Anfuͤhrung des Lieute- nants weiter, um die Execution fortzuſetzen. Der alte Befehlshaber O-Tah begleitete ſie, doch ſchien ihm bey dem ganzen Handel nicht um ein Haar beſſer zu Muthe zu ſeyn als den Hunden in der Fabel (S. Phaͤdri Fab.). Ueberall wo ſie hinkamen, flohen die Einwohner und trieben ihr Vieh ins Gebuͤrge. Um zu verſuchen, was das Schießgewehr fuͤr Wuͤrkung auf ſie machen wuͤrde, ließ der Officier drey Musqueten in die Luft feuern; auf dieſen Schreckſchuß kehrte einer von den Fluͤchtlingen, ein vornehmer Mann, der von der Elephantiaſis einen ungeheuer dick geſchwollnen Fus und Schenkel hatte, wieder um, und uͤberlie- ferte ſeine Schweine, nebſt etlichen Packen Zeug. Hiernaͤchſt bemaͤchtigten ſich unſre Leute, in Boba’s Wohnung, noch zweyer Bruſtſchilder und einer Trommel, und kehrten darauf mit ihrer Beute nach dem zum Sammelplatz be- ſtimmten Hauſe zuruͤck. Gegen Abend ſchied O-Tah von ihnen, kam aber bald nachher mit dem geſtohlnen Beutel wieder, in welchem noch ohngefaͤhr die Haͤlfte der Naͤgel, Corallen u. d. g. befindlich war, und blieb ſodann die Nacht uͤber bey ihnen. Am folgenden Morgen ward den Eigenthuͤmern der in Beſchlag genommnen Effecten bekannt gemacht, daß ihnen alles zuruͤck gegeben werden ſollte, wenn ſie die entwandten Corallen und Naͤgel wieder herbey ſchaften. Un- ter
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0367" n="312"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1773.<lb/> Septem-<lb/> ber.</note>rath von Bananen, und ſpeißten hierauf, etwas weiter gen Suͤden, bey dem<lb/> Hauſe des oberſten Befehlshabers <hi rendition="#fr"><persName>Boba</persName>,</hi> den der Koͤnig von <hi rendition="#fr"><placeName>Borabora</placeName>,<lb/><persName>Opuni</persName>,</hi> zum Statthalter allhier eingeſetzt hatte. Sie lernten ihn jedoch nicht<lb/> perſoͤnlich kennen, denn er war damals eben verreiſet. Nach Tiſche fand ſich,<lb/> daß man ihnen waͤhrend der Mahlzeit den ganzen Reſt ihrer Handelswaaren, der<lb/> in einem Beutel mit Naͤgeln, Spiegeln und Corallen beſtand, geſtohlen hatte.<lb/> In dieſer Verlegenheit hielten es die Officiers fuͤr das ſicherſte, wenn man<lb/> den Einwohnern eine Parthey Vieh und andre Habſeligkeiten wegnaͤhme, und<lb/> ſo lange an ſich behielte, bis jene ſich bequemten, das Geraubte wieder herbey<lb/> zu ſchaffen. Mit dieſem Zwangsmittel ward gleich auf dem Marktplatz der<lb/> Anfang gemacht; man nahm daſelbſt ein Schwein, einige Perlmutter-Schaa-<lb/> len und etliche Ballen Zeug in Beſchlag, welches die Einwohner jedoch nicht an-<lb/> ders, als auf ernſtliche Bedrohung mit dem Feuergewehr, geſchehen ließen.<lb/> Hierauf theilten ſich unſre Leute; einige mußten die Boote, andre die confiſcir-<lb/> ten Waaren bewachen, und die uͤbrigen giengen unter Anfuͤhrung des Lieute-<lb/> nants weiter, um die Execution fortzuſetzen. Der alte Befehlshaber <hi rendition="#fr"><persName>O-Tah</persName></hi><lb/> begleitete ſie, doch ſchien ihm bey dem ganzen Handel nicht um ein Haar beſſer<lb/> zu Muthe zu ſeyn als den Hunden in der Fabel (S. <hi rendition="#fr"><persName>Phaͤdri</persName></hi> Fab.). Ueberall<lb/> wo ſie hinkamen, flohen die Einwohner und trieben ihr Vieh ins Gebuͤrge. Um<lb/> zu verſuchen, was das Schießgewehr fuͤr Wuͤrkung auf ſie machen wuͤrde, ließ<lb/> der Officier drey Musqueten in die Luft feuern; auf dieſen Schreckſchuß kehrte<lb/> einer von den Fluͤchtlingen, ein vornehmer Mann, der von der Elephantiaſis<lb/> einen ungeheuer dick geſchwollnen Fus und Schenkel hatte, wieder um, und uͤberlie-<lb/> ferte ſeine Schweine, nebſt etlichen Packen Zeug. Hiernaͤchſt bemaͤchtigten<lb/> ſich unſre Leute, in <hi rendition="#fr"><persName>Boba’s</persName></hi> Wohnung, noch zweyer Bruſtſchilder und einer<lb/> Trommel, und kehrten darauf mit ihrer Beute nach dem zum Sammelplatz be-<lb/> ſtimmten Hauſe zuruͤck. Gegen Abend ſchied <hi rendition="#fr"><persName>O-Tah</persName></hi> von ihnen, kam aber bald<lb/> nachher mit dem geſtohlnen Beutel wieder, in welchem noch ohngefaͤhr die Haͤlfte<lb/> der Naͤgel, Corallen u. d. g. befindlich war, und blieb ſodann die Nacht uͤber<lb/> bey ihnen. Am folgenden Morgen ward den Eigenthuͤmern der in Beſchlag<lb/> genommnen Effecten bekannt gemacht, daß ihnen alles zuruͤck gegeben werden<lb/> ſollte, wenn ſie die entwandten Corallen und Naͤgel wieder herbey ſchaften. Un-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ter</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [312/0367]
Forſter’s Reiſe um die Welt
rath von Bananen, und ſpeißten hierauf, etwas weiter gen Suͤden, bey dem
Hauſe des oberſten Befehlshabers Boba, den der Koͤnig von Borabora,
Opuni, zum Statthalter allhier eingeſetzt hatte. Sie lernten ihn jedoch nicht
perſoͤnlich kennen, denn er war damals eben verreiſet. Nach Tiſche fand ſich,
daß man ihnen waͤhrend der Mahlzeit den ganzen Reſt ihrer Handelswaaren, der
in einem Beutel mit Naͤgeln, Spiegeln und Corallen beſtand, geſtohlen hatte.
In dieſer Verlegenheit hielten es die Officiers fuͤr das ſicherſte, wenn man
den Einwohnern eine Parthey Vieh und andre Habſeligkeiten wegnaͤhme, und
ſo lange an ſich behielte, bis jene ſich bequemten, das Geraubte wieder herbey
zu ſchaffen. Mit dieſem Zwangsmittel ward gleich auf dem Marktplatz der
Anfang gemacht; man nahm daſelbſt ein Schwein, einige Perlmutter-Schaa-
len und etliche Ballen Zeug in Beſchlag, welches die Einwohner jedoch nicht an-
ders, als auf ernſtliche Bedrohung mit dem Feuergewehr, geſchehen ließen.
Hierauf theilten ſich unſre Leute; einige mußten die Boote, andre die confiſcir-
ten Waaren bewachen, und die uͤbrigen giengen unter Anfuͤhrung des Lieute-
nants weiter, um die Execution fortzuſetzen. Der alte Befehlshaber O-Tah
begleitete ſie, doch ſchien ihm bey dem ganzen Handel nicht um ein Haar beſſer
zu Muthe zu ſeyn als den Hunden in der Fabel (S. Phaͤdri Fab.). Ueberall
wo ſie hinkamen, flohen die Einwohner und trieben ihr Vieh ins Gebuͤrge. Um
zu verſuchen, was das Schießgewehr fuͤr Wuͤrkung auf ſie machen wuͤrde, ließ
der Officier drey Musqueten in die Luft feuern; auf dieſen Schreckſchuß kehrte
einer von den Fluͤchtlingen, ein vornehmer Mann, der von der Elephantiaſis
einen ungeheuer dick geſchwollnen Fus und Schenkel hatte, wieder um, und uͤberlie-
ferte ſeine Schweine, nebſt etlichen Packen Zeug. Hiernaͤchſt bemaͤchtigten
ſich unſre Leute, in Boba’s Wohnung, noch zweyer Bruſtſchilder und einer
Trommel, und kehrten darauf mit ihrer Beute nach dem zum Sammelplatz be-
ſtimmten Hauſe zuruͤck. Gegen Abend ſchied O-Tah von ihnen, kam aber bald
nachher mit dem geſtohlnen Beutel wieder, in welchem noch ohngefaͤhr die Haͤlfte
der Naͤgel, Corallen u. d. g. befindlich war, und blieb ſodann die Nacht uͤber
bey ihnen. Am folgenden Morgen ward den Eigenthuͤmern der in Beſchlag
genommnen Effecten bekannt gemacht, daß ihnen alles zuruͤck gegeben werden
ſollte, wenn ſie die entwandten Corallen und Naͤgel wieder herbey ſchaften. Un-
ter
1773.
Septem-
ber.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |