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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Forster's Reise um die Welt
1773.
October.
Yams, reihenweise, so ordentlich und regelmäßig angepflanzt waren, als in
unsern Gärten. Dieser schmale Weg brachte uns auf eine große mit dem herr-
lichsten Grase prangende Wiese. Nachdem wir queer über dieselbe weg ge-
gangen waren, so fanden wir eine vortrefliche Allee von vier Reihen Coco-Nuß-
Bäumen, die ohngefähr zweytausend Schritt lang seyn möchte, und
wiederum zu einem schmalen Gange führte, der, gleich dem vorigen, zwischen
regelmäßig angelegten Gärten hinlief, die an den äußern Seiten mit Pompel-
mosen und andern Bäumen besetzt waren. Vermittelst dieses Ganges kamen wir
durch ein wohlangebautes Thal nach einer Stelle hin, wo verschiedene Fuß-
fteige zusammen trafen. Hier befanden wir uns auf einer mit dem zartesten Rasen
bewachsenen und ringsum mit großen schattenreichen Bäumen eingefaßten Wiese.
In einer Ecke derselben zeigte sich ein Haus, das damals ledig stand, weil
die Bewohner vermuthlich nach der Seeküste herabgegangen seyn mochten.
Herrn Hodges gefiel diese Gegend so wohl, daß er sich niedersetzte und sie zeich-
nete, welches auch würklich der Mühe lohnte. Die Luft war rein, und so
wohlriechend, daß ein Sterbender davon aufs neue hätte belebt werden müssen.
Ein sanfter Seewind spielte in unfern Locken und fächelte uns Kühlung zu; kleine
Vögel zwitscherten auf allen Seiten und wilde Tauben girrten zärtlich auf den
schattenreichsten Zweigen des Baumes worunter wir uns gelagert hatten. Die-
ser Baum war in Absicht seiner Wurzeln werkwürdig, denn es trennten sich selbige
8 Fus hoch über Erde schon vom Stamme, und liefen alsdenn einzeln zum
Boden herab; auch trug er eine sonderbare Art von Schoten, die über 3 Fus
lang und zwey bis 3 Zoll breit waren. Bey dieser einsam gelegenen und von
der Natur so reichlich gesegneten Gegend, wo wir ohne andre Gesellschaft als
unsre beyden Indianer im Grase ruheten, fielen uns mit Recht die Beschrei-
bungen der Dichter von bezauberten Inseln ein, die, als das Werk einer unbe-
schränkten Einbildungskraft, gemeiniglich mit allen möglichen Schönheiten ge-
schmückt zu seyn pflegen. Würklich hatte dieser Fleck viel Aehnlichkeit mit
dergleichen romantischen Schilderungen. Horaz selbst hätte nicht leicht eine glück-
lichere Lage zu seiner Einsiedeley wählen können, wenn es hier nur eine Cry-
stall-Quelle oder einen kleinen murmelnden Bach gegeben hätte! aber Wasser
ist gerade das einzige, worau es dieser reizenden kleinen Insel fehlt. Linker

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
October.
Yams, reihenweiſe, ſo ordentlich und regelmaͤßig angepflanzt waren, als in
unſern Gaͤrten. Dieſer ſchmale Weg brachte uns auf eine große mit dem herr-
lichſten Graſe prangende Wieſe. Nachdem wir queer uͤber dieſelbe weg ge-
gangen waren, ſo fanden wir eine vortrefliche Allee von vier Reihen Coco-Nuß-
Baͤumen, die ohngefaͤhr zweytauſend Schritt lang ſeyn moͤchte, und
wiederum zu einem ſchmalen Gange fuͤhrte, der, gleich dem vorigen, zwiſchen
regelmaͤßig angelegten Gaͤrten hinlief, die an den aͤußern Seiten mit Pompel-
moſen und andern Baͤumen beſetzt waren. Vermittelſt dieſes Ganges kamen wir
durch ein wohlangebautes Thal nach einer Stelle hin, wo verſchiedene Fuß-
fteige zuſammen trafen. Hier befanden wir uns auf einer mit dem zarteſten Raſen
bewachſenen und ringsum mit großen ſchattenreichen Baͤumen eingefaßten Wieſe.
In einer Ecke derſelben zeigte ſich ein Haus, das damals ledig ſtand, weil
die Bewohner vermuthlich nach der Seekuͤſte herabgegangen ſeyn mochten.
Herrn Hodges gefiel dieſe Gegend ſo wohl, daß er ſich niederſetzte und ſie zeich-
nete, welches auch wuͤrklich der Muͤhe lohnte. Die Luft war rein, und ſo
wohlriechend, daß ein Sterbender davon aufs neue haͤtte belebt werden muͤſſen.
Ein ſanfter Seewind ſpielte in unfern Locken und faͤchelte uns Kuͤhlung zu; kleine
Voͤgel zwitſcherten auf allen Seiten und wilde Tauben girrten zaͤrtlich auf den
ſchattenreichſten Zweigen des Baumes worunter wir uns gelagert hatten. Die-
ſer Baum war in Abſicht ſeiner Wurzeln werkwuͤrdig, denn es trennten ſich ſelbige
8 Fus hoch uͤber Erde ſchon vom Stamme, und liefen alsdenn einzeln zum
Boden herab; auch trug er eine ſonderbare Art von Schoten, die uͤber 3 Fus
lang und zwey bis 3 Zoll breit waren. Bey dieſer einſam gelegenen und von
der Natur ſo reichlich geſegneten Gegend, wo wir ohne andre Geſellſchaft als
unſre beyden Indianer im Graſe ruheten, fielen uns mit Recht die Beſchrei-
bungen der Dichter von bezauberten Inſeln ein, die, als das Werk einer unbe-
ſchraͤnkten Einbildungskraft, gemeiniglich mit allen moͤglichen Schoͤnheiten ge-
ſchmuͤckt zu ſeyn pflegen. Wuͤrklich hatte dieſer Fleck viel Aehnlichkeit mit
dergleichen romantiſchen Schilderungen. Horaz ſelbſt haͤtte nicht leicht eine gluͤck-
lichere Lage zu ſeiner Einſiedeley waͤhlen koͤnnen, wenn es hier nur eine Cry-
ſtall-Quelle oder einen kleinen murmelnden Bach gegeben haͤtte! aber Waſſer
iſt gerade das einzige, worau es dieſer reizenden kleinen Inſel fehlt. Linker

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[332/0391] Forſter’s Reiſe um die Welt Yams, reihenweiſe, ſo ordentlich und regelmaͤßig angepflanzt waren, als in unſern Gaͤrten. Dieſer ſchmale Weg brachte uns auf eine große mit dem herr- lichſten Graſe prangende Wieſe. Nachdem wir queer uͤber dieſelbe weg ge- gangen waren, ſo fanden wir eine vortrefliche Allee von vier Reihen Coco-Nuß- Baͤumen, die ohngefaͤhr zweytauſend Schritt lang ſeyn moͤchte, und wiederum zu einem ſchmalen Gange fuͤhrte, der, gleich dem vorigen, zwiſchen regelmaͤßig angelegten Gaͤrten hinlief, die an den aͤußern Seiten mit Pompel- moſen und andern Baͤumen beſetzt waren. Vermittelſt dieſes Ganges kamen wir durch ein wohlangebautes Thal nach einer Stelle hin, wo verſchiedene Fuß- fteige zuſammen trafen. Hier befanden wir uns auf einer mit dem zarteſten Raſen bewachſenen und ringsum mit großen ſchattenreichen Baͤumen eingefaßten Wieſe. In einer Ecke derſelben zeigte ſich ein Haus, das damals ledig ſtand, weil die Bewohner vermuthlich nach der Seekuͤſte herabgegangen ſeyn mochten. Herrn Hodges gefiel dieſe Gegend ſo wohl, daß er ſich niederſetzte und ſie zeich- nete, welches auch wuͤrklich der Muͤhe lohnte. Die Luft war rein, und ſo wohlriechend, daß ein Sterbender davon aufs neue haͤtte belebt werden muͤſſen. Ein ſanfter Seewind ſpielte in unfern Locken und faͤchelte uns Kuͤhlung zu; kleine Voͤgel zwitſcherten auf allen Seiten und wilde Tauben girrten zaͤrtlich auf den ſchattenreichſten Zweigen des Baumes worunter wir uns gelagert hatten. Die- ſer Baum war in Abſicht ſeiner Wurzeln werkwuͤrdig, denn es trennten ſich ſelbige 8 Fus hoch uͤber Erde ſchon vom Stamme, und liefen alsdenn einzeln zum Boden herab; auch trug er eine ſonderbare Art von Schoten, die uͤber 3 Fus lang und zwey bis 3 Zoll breit waren. Bey dieſer einſam gelegenen und von der Natur ſo reichlich geſegneten Gegend, wo wir ohne andre Geſellſchaft als unſre beyden Indianer im Graſe ruheten, fielen uns mit Recht die Beſchrei- bungen der Dichter von bezauberten Inſeln ein, die, als das Werk einer unbe- ſchraͤnkten Einbildungskraft, gemeiniglich mit allen moͤglichen Schoͤnheiten ge- ſchmuͤckt zu ſeyn pflegen. Wuͤrklich hatte dieſer Fleck viel Aehnlichkeit mit dergleichen romantiſchen Schilderungen. Horaz ſelbſt haͤtte nicht leicht eine gluͤck- lichere Lage zu ſeiner Einſiedeley waͤhlen koͤnnen, wenn es hier nur eine Cry- ſtall-Quelle oder einen kleinen murmelnden Bach gegeben haͤtte! aber Waſſer iſt gerade das einzige, worau es dieſer reizenden kleinen Inſel fehlt. Linker 1773. October.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/391>, abgerufen am 21.11.2024.