Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.in den Jahren 1772 bis 1775. den Gräbern zu verrichten? bleibt uns dunkel; denn die Religions-Artikel eines1773.October. Volks sind gemeiniglich dasjenige, wovon der Reisende die wenigste und spä- teste Kenntniß erlangt, zumal wenn er in der Landessprache so unerfahren ist als wirs in der hiesigen waren. Außerdem pflegt die Kirchen-Sprache von der gemeinen oft sehr verschieden, und die Religion selbst in Geheimnisse gehüllt zu seyn, besonders in solchen Ländern, wo es Priester giebt, deren Vortheil es mit sich bringt, die Leichtgläubigkeit des Volks zu mißbrauchen. Von hier aus eilten wir wieder nach der Küste herab, wo fleißig um Früch- in den Jahren 1772 bis 1775. den Graͤbern zu verrichten? bleibt uns dunkel; denn die Religions-Artikel eines1773.October. Volks ſind gemeiniglich dasjenige, wovon der Reiſende die wenigſte und ſpaͤ- teſte Kenntniß erlangt, zumal wenn er in der Landesſprache ſo unerfahren iſt als wirs in der hieſigen waren. Außerdem pflegt die Kirchen-Sprache von der gemeinen oft ſehr verſchieden, und die Religion ſelbſt in Geheimniſſe gehuͤllt zu ſeyn, beſonders in ſolchen Laͤndern, wo es Prieſter giebt, deren Vortheil es mit ſich bringt, die Leichtglaͤubigkeit des Volks zu mißbrauchen. Von hier aus eilten wir wieder nach der Kuͤſte herab, wo fleißig um Fruͤch- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0402" n="343"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/> den Graͤbern zu verrichten? bleibt uns dunkel; denn die Religions-Artikel eines<note place="right">1773.<lb/> October.</note><lb/> Volks ſind gemeiniglich dasjenige, wovon der Reiſende die wenigſte und ſpaͤ-<lb/> teſte Kenntniß erlangt, zumal wenn er in der Landesſprache ſo unerfahren iſt<lb/> als wirs in der hieſigen waren. Außerdem pflegt die Kirchen-Sprache von der<lb/> gemeinen oft ſehr verſchieden, und die Religion ſelbſt in Geheimniſſe gehuͤllt zu<lb/> ſeyn, beſonders in ſolchen Laͤndern, wo es Prieſter giebt, deren Vortheil es mit<lb/> ſich bringt, die Leichtglaͤubigkeit des Volks zu mißbrauchen.</p><lb/> <p>Von hier aus eilten wir wieder nach der Kuͤſte herab, wo fleißig um Fruͤch-<lb/> te, Vieh und Schweine gehandelt wurde. Als eine Curioſitaͤt kauften wir<lb/> ein großes flaches Bruſtſchild, welches aus einem runden Knochen beſtand, der ver-<lb/> muthlich von einer Wallfiſchart ſeyn mochte. Es war ohngefaͤhr 18 Zoll im<lb/> Durchmeſſer groß, ſo weiß als Elfenbein und ſchoͤn poliert. Naͤchſtdem brachte<lb/> man uns auch ein neues muſicaliſches Inſtrument, das aus neun bis zehn<lb/> Rohrpfeifen beſtand, welche ohngefaͤhr 9 Zoll lang und mit Coco-Nuß-Faſern<lb/> zuſammen verbunden waren, wie aus der im Vorhergehenden, bey S. 329.<lb/> befindlichen Kupfertafel, vermittelſt der Figur 5. noch deutlicher erſehen werden<lb/> kann. Die Laͤnge der Pfeifen war ſelten merklich verſchieden, auch waren lange<lb/> und kurze ohne Ordnung durcheinander gemiſcht. Am oberen Ende hatten ſie eine<lb/> Oeffnung, in welche man mit den Lippen hinein blies, indeß das Inſtrument<lb/> vor dem Munde hin und her gezogen ward, um auf dieſe Art die verſchiedenen<lb/> Toͤne in beliebiger Maaße anzugeben. Es hatte deren gemeiniglich vier bis<lb/> fuͤnf und gieng nie auf eine ganze Octave. Die Aehnlichkeit, welche ſich zwi-<lb/> ſchen dieſem Inſtrument und der Syrinx- oder Pan-Floͤte der alten Griechen be-<lb/> fand, gab ihm in unſern Augen mehr Werth als ſeine muſicaliſche Vollkom-<lb/> menheit; denn ſchon aus der Art wie es geſpielt wurde, werden die Muſic-Lieb-<lb/> haber genugſam einſehn koͤnnen, daß dieſe goͤttliche Kunſt hier noch in ihrer Kind-<lb/> heit ſey. Die Vocal-Muſic war mit der auf <hi rendition="#fr"><placeName>Ea-Uwhe</placeName></hi> einerley und die Stim-<lb/> men fielen harmoniſch genug ins Ohr. Auch hier ſchlagen die Weiber Knippchen<lb/> unterm Singen, und beobachten den Tact damit ſehr genau; da aber der Geſang<lb/> innerhalb vier Toͤne eingeſchraͤnkt iſt, ſo findet keine große Modulation ſtatt. Zu<lb/> ihren muſicaliſchen Inſtrumenten gehoͤrt noch eine Pfeife von Bambu-Rohr,<lb/> die ohngefaͤhr ſo dick als unſre Floͤten war und hier auf eben die Art wie zu<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [343/0402]
in den Jahren 1772 bis 1775.
den Graͤbern zu verrichten? bleibt uns dunkel; denn die Religions-Artikel eines
Volks ſind gemeiniglich dasjenige, wovon der Reiſende die wenigſte und ſpaͤ-
teſte Kenntniß erlangt, zumal wenn er in der Landesſprache ſo unerfahren iſt
als wirs in der hieſigen waren. Außerdem pflegt die Kirchen-Sprache von der
gemeinen oft ſehr verſchieden, und die Religion ſelbſt in Geheimniſſe gehuͤllt zu
ſeyn, beſonders in ſolchen Laͤndern, wo es Prieſter giebt, deren Vortheil es mit
ſich bringt, die Leichtglaͤubigkeit des Volks zu mißbrauchen.
1773.
October.
Von hier aus eilten wir wieder nach der Kuͤſte herab, wo fleißig um Fruͤch-
te, Vieh und Schweine gehandelt wurde. Als eine Curioſitaͤt kauften wir
ein großes flaches Bruſtſchild, welches aus einem runden Knochen beſtand, der ver-
muthlich von einer Wallfiſchart ſeyn mochte. Es war ohngefaͤhr 18 Zoll im
Durchmeſſer groß, ſo weiß als Elfenbein und ſchoͤn poliert. Naͤchſtdem brachte
man uns auch ein neues muſicaliſches Inſtrument, das aus neun bis zehn
Rohrpfeifen beſtand, welche ohngefaͤhr 9 Zoll lang und mit Coco-Nuß-Faſern
zuſammen verbunden waren, wie aus der im Vorhergehenden, bey S. 329.
befindlichen Kupfertafel, vermittelſt der Figur 5. noch deutlicher erſehen werden
kann. Die Laͤnge der Pfeifen war ſelten merklich verſchieden, auch waren lange
und kurze ohne Ordnung durcheinander gemiſcht. Am oberen Ende hatten ſie eine
Oeffnung, in welche man mit den Lippen hinein blies, indeß das Inſtrument
vor dem Munde hin und her gezogen ward, um auf dieſe Art die verſchiedenen
Toͤne in beliebiger Maaße anzugeben. Es hatte deren gemeiniglich vier bis
fuͤnf und gieng nie auf eine ganze Octave. Die Aehnlichkeit, welche ſich zwi-
ſchen dieſem Inſtrument und der Syrinx- oder Pan-Floͤte der alten Griechen be-
fand, gab ihm in unſern Augen mehr Werth als ſeine muſicaliſche Vollkom-
menheit; denn ſchon aus der Art wie es geſpielt wurde, werden die Muſic-Lieb-
haber genugſam einſehn koͤnnen, daß dieſe goͤttliche Kunſt hier noch in ihrer Kind-
heit ſey. Die Vocal-Muſic war mit der auf Ea-Uwhe einerley und die Stim-
men fielen harmoniſch genug ins Ohr. Auch hier ſchlagen die Weiber Knippchen
unterm Singen, und beobachten den Tact damit ſehr genau; da aber der Geſang
innerhalb vier Toͤne eingeſchraͤnkt iſt, ſo findet keine große Modulation ſtatt. Zu
ihren muſicaliſchen Inſtrumenten gehoͤrt noch eine Pfeife von Bambu-Rohr,
die ohngefaͤhr ſo dick als unſre Floͤten war und hier auf eben die Art wie zu
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