Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.Forster's Reise um die Welt 1773.Decem- ber.eine völlige Windstille und mehr als neunzig große Eis-Inseln sahen wir Mit- tags um uns her. Da es Christ-Tag war, so bath der Capitain, dem Her- kommen gemäs, alle Officiers zum Mittags-Essen; und einer von den Lieute- nants bewirthete die Unter-Officiers. Die Matrosen hatten eine doppelte Por- tion Pudding und thaten sich mit ihrem Brandtwein gütlich, den sie, aus großer Vorsorge, heute ja recht voll zu werden, schon ganze Monathe lang zu- sammen gespart hatten. Das ist auch in der That das einzige, wofür sie sorgen, alles übrige kümmert sie wenig oder gar nicht. Der Anblick so vieler Eis-Maßen, zwischen welchen wir lediglich durch At last, extinct each social feeling, fell Thompson. Forſter’s Reiſe um die Welt 1773.Decem- ber.eine voͤllige Windſtille und mehr als neunzig große Eis-Inſeln ſahen wir Mit- tags um uns her. Da es Chriſt-Tag war, ſo bath der Capitain, dem Her- kommen gemaͤs, alle Officiers zum Mittags-Eſſen; und einer von den Lieute- nants bewirthete die Unter-Officiers. Die Matroſen hatten eine doppelte Por- tion Pudding und thaten ſich mit ihrem Brandtwein guͤtlich, den ſie, aus großer Vorſorge, heute ja recht voll zu werden, ſchon ganze Monathe lang zu- ſammen geſpart hatten. Das iſt auch in der That das einzige, wofuͤr ſie ſorgen, alles uͤbrige kuͤmmert ſie wenig oder gar nicht. Der Anblick ſo vieler Eis-Maßen, zwiſchen welchen wir lediglich durch At laſt, extinct each ſocial feeling, fell Thompson. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0463" n="404"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1773.<lb/> Decem-<lb/> ber.</note>eine voͤllige Windſtille und mehr als neunzig große Eis-Inſeln ſahen wir Mit-<lb/> tags um uns her. Da es Chriſt-Tag war, ſo bath der Capitain, dem Her-<lb/> kommen gemaͤs, alle Officiers zum Mittags-Eſſen; und einer von den Lieute-<lb/> nants bewirthete die Unter-Officiers. Die Matroſen hatten eine doppelte Por-<lb/> tion Pudding und thaten ſich mit ihrem Brandtwein guͤtlich, den ſie, aus<lb/> großer Vorſorge, heute ja recht voll zu werden, ſchon ganze Monathe lang zu-<lb/> ſammen geſpart hatten. Das iſt auch in der That das einzige, wofuͤr ſie ſorgen,<lb/> alles uͤbrige kuͤmmert ſie wenig oder gar nicht.</p><lb/> <p>Der Anblick ſo vieler Eis-Maßen, zwiſchen welchen wir lediglich durch<lb/> den Strom fortgetrieben wurden, und ſtets Gefahr liefen, daran zu ſcheitern, war<lb/> nicht vermoͤgend ſie von ihrer Lieblings-Neigung abzuhalten. Sie verſicher-<lb/> ten, daß ſo lange der Brandtwein noch waͤhrete, ſie auch den Chriſttag als Chri-<lb/> ſten feyern wollten, wenn ſich gleich alle Elemente gegen ſie verſchworen haͤt-<lb/> ten. Ihre Gewohnheit ans Seeleben hatte ſie laͤngſt gegen alle Gefahren,<lb/> ſchwere Arbeit, rauhes Wetter und andre Widerwaͤrtigkeiten abgehaͤrtet, ih-<lb/> re Muskeln ſteif, ihre Nerven ſtumpf, kurz ihre Gemuͤthsart ganz unempfind-<lb/> lich gemacht. Da ſie fuͤr ihre eigne Erhaltung keine große Sorge tragen,<lb/> ſo iſt leicht zu erachten, daß ſie fuͤr andre noch weniger Gefuͤhl haben. Stren-<lb/> gem Befehl unterworfen, uͤben ſie auch tyranniſche Herrſchaft uͤber diejenigen<lb/> aus, die das Ungluͤck haben in ihre Gewalt zu gerathen. Gewohnt ihren Fein-<lb/> den unter die Augen zu treten, iſt Krieg ihr Wunſch. Die Gewohnheit um-<lb/> zubringen und zu morden iſt Leidenſchaft bey ihnen geworden, wovon wir leyder<lb/> nur zu viele Beweiſe auf dieſer Reiſe haben ſehen muͤſſen, indem ſie bey jeder<lb/> Gelegenheit die unbaͤndigſte Begierde zeigten, um der geringſten Veranlaſſung<lb/> willen ſogleich auf die Indianer zu feuern. Ihre Lebensart entfernet ſie von dem<lb/> Genuß der ſtillen haͤuslichen Freuden und da treten dann grobe viehiſche Be-<lb/> gierden an die Stelle beſſerer Empfindungen.</p><lb/> <cit> <quote> <hi rendition="#et"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">At laſt, extinct each ſocial feeling, fell<lb/> And joyleſs inhumanity pervades<lb/> And petrifies the heart.</hi></hi> —</hi> </quote><lb/> <bibl> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k"><persName>Thompson</persName></hi></hi>.</hi> </hi> </bibl> </cit><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [404/0463]
Forſter’s Reiſe um die Welt
eine voͤllige Windſtille und mehr als neunzig große Eis-Inſeln ſahen wir Mit-
tags um uns her. Da es Chriſt-Tag war, ſo bath der Capitain, dem Her-
kommen gemaͤs, alle Officiers zum Mittags-Eſſen; und einer von den Lieute-
nants bewirthete die Unter-Officiers. Die Matroſen hatten eine doppelte Por-
tion Pudding und thaten ſich mit ihrem Brandtwein guͤtlich, den ſie, aus
großer Vorſorge, heute ja recht voll zu werden, ſchon ganze Monathe lang zu-
ſammen geſpart hatten. Das iſt auch in der That das einzige, wofuͤr ſie ſorgen,
alles uͤbrige kuͤmmert ſie wenig oder gar nicht.
1773.
Decem-
ber.
Der Anblick ſo vieler Eis-Maßen, zwiſchen welchen wir lediglich durch
den Strom fortgetrieben wurden, und ſtets Gefahr liefen, daran zu ſcheitern, war
nicht vermoͤgend ſie von ihrer Lieblings-Neigung abzuhalten. Sie verſicher-
ten, daß ſo lange der Brandtwein noch waͤhrete, ſie auch den Chriſttag als Chri-
ſten feyern wollten, wenn ſich gleich alle Elemente gegen ſie verſchworen haͤt-
ten. Ihre Gewohnheit ans Seeleben hatte ſie laͤngſt gegen alle Gefahren,
ſchwere Arbeit, rauhes Wetter und andre Widerwaͤrtigkeiten abgehaͤrtet, ih-
re Muskeln ſteif, ihre Nerven ſtumpf, kurz ihre Gemuͤthsart ganz unempfind-
lich gemacht. Da ſie fuͤr ihre eigne Erhaltung keine große Sorge tragen,
ſo iſt leicht zu erachten, daß ſie fuͤr andre noch weniger Gefuͤhl haben. Stren-
gem Befehl unterworfen, uͤben ſie auch tyranniſche Herrſchaft uͤber diejenigen
aus, die das Ungluͤck haben in ihre Gewalt zu gerathen. Gewohnt ihren Fein-
den unter die Augen zu treten, iſt Krieg ihr Wunſch. Die Gewohnheit um-
zubringen und zu morden iſt Leidenſchaft bey ihnen geworden, wovon wir leyder
nur zu viele Beweiſe auf dieſer Reiſe haben ſehen muͤſſen, indem ſie bey jeder
Gelegenheit die unbaͤndigſte Begierde zeigten, um der geringſten Veranlaſſung
willen ſogleich auf die Indianer zu feuern. Ihre Lebensart entfernet ſie von dem
Genuß der ſtillen haͤuslichen Freuden und da treten dann grobe viehiſche Be-
gierden an die Stelle beſſerer Empfindungen.
At laſt, extinct each ſocial feeling, fell
And joyleſs inhumanity pervades
And petrifies the heart. —
Thompson.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |