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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
Februar.
den nächsten vier und zwanzig Stunden drey ganze Grade der Breite zurück-
legten. Dieser günstige Wind hielt bis zum 12ten an und hatte uns in dieser
Zeit bis unter 50 Grad 15 Minuten südlicher Breite fortgebracht. Das
Thermometer stand nun schon wieder auf 48 Grad. Nunmehro eröfnete man uns
endlich, daß wir den herannahenden Winter, so wie den vorigen, unter den tropi-
schen Inseln des stillen Meers zubringen sollten. Die Aussicht neuer Entde-
ckungen und guter Erforschungen, die wir dort hoffen konnten, belebte unsern
Muth von neuen und wir waren sogar ganz wohl damit zufrieden, daß wir noch
ferner an der Westseite des Cap Horn verbleiben sollten.

Des wärmern Clima ohnerachtet litten doch viele von unsrer Leuten noch
immer von rhevmatischen Schmerzen, und waren zum Theil nicht im Stande sich
zu rühren. Ihre gänzliche Entkräftung schien allein Schuld daran zu seyn,
daß nicht vollends gar schleichende Fieber dazu kamen. Das Sauerkraut
hatte zwar den Ausbruch des Scorbuts im kalten Wetter gehindert, allein
blos für sich ist es doch nur eine vegetabilische Speise und nicht nahrhaft genug
um davon, ohne Zwieback und Pöckelfleisch, leben zu können. Ersterer
aber war verfault und letzteres vom Salze fast verzehrt. Bey solchen Nah-
rungsmitteln konnten sich die Kranken nicht anders als sehr langsam erholen,
denn sie hatten nichts zu ihrer Stärkung. Mein Vater, welcher auf die-
sem südlichen Zuge größtentheils schmerzhaft krank gewesen war, hatte nun
Zahnweh, geschwollne Backen und Hals, und empfand bis Mitten im Fe-
bruar am ganzen Leibe Schmerzen. Einem Schatten ähnlich fieng er nunmehro
wieder an auf dem Verdeck herumzuschleichen. Aber in eben der Masse, als das
warme Wetter ihm heilsam war, ward es der Gesundheit des Capitains nach-
theilig. Seine Gallen Krankheit war zwar während unsers letzten Zuges gegen
Süden verschwunden, er hatte aber nie wieder zu Appetit kommen können.
Jezt bekam er wieder eine gefährliche Verstopfung, die er zum Unglück anfangs
nicht achtete, noch Jemanden im Schiff entdeckte, sondern vielmehr für
sich allein durch Hunger abzuhelfen suchte. Hiedurch aber verschlimmerte
er nur das Uebel, denn sein Magen war so schon schwach genug. Es stellten
sich also bald gewaltige Schmerzen ein, die ihn in wenig Tagen bettlägerig mach-
ten, und Hülfe bey dem Arzte zu suchen nöthigten. Man gab ihn ein Abfüh-

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
Februar.
den naͤchſten vier und zwanzig Stunden drey ganze Grade der Breite zuruͤck-
legten. Dieſer guͤnſtige Wind hielt bis zum 12ten an und hatte uns in dieſer
Zeit bis unter 50 Grad 15 Minuten ſuͤdlicher Breite fortgebracht. Das
Thermometer ſtand nun ſchon wieder auf 48 Grad. Nunmehro eroͤfnete man uns
endlich, daß wir den herannahenden Winter, ſo wie den vorigen, unter den tropi-
ſchen Inſeln des ſtillen Meers zubringen ſollten. Die Ausſicht neuer Entde-
ckungen und guter Erforſchungen, die wir dort hoffen konnten, belebte unſern
Muth von neuen und wir waren ſogar ganz wohl damit zufrieden, daß wir noch
ferner an der Weſtſeite des Cap Horn verbleiben ſollten.

Des waͤrmern Clima ohnerachtet litten doch viele von unſrer Leuten noch
immer von rhevmatiſchen Schmerzen, und waren zum Theil nicht im Stande ſich
zu ruͤhren. Ihre gaͤnzliche Entkraͤftung ſchien allein Schuld daran zu ſeyn,
daß nicht vollends gar ſchleichende Fieber dazu kamen. Das Sauerkraut
hatte zwar den Ausbruch des Scorbuts im kalten Wetter gehindert, allein
blos fuͤr ſich iſt es doch nur eine vegetabiliſche Speiſe und nicht nahrhaft genug
um davon, ohne Zwieback und Poͤckelfleiſch, leben zu koͤnnen. Erſterer
aber war verfault und letzteres vom Salze faſt verzehrt. Bey ſolchen Nah-
rungsmitteln konnten ſich die Kranken nicht anders als ſehr langſam erholen,
denn ſie hatten nichts zu ihrer Staͤrkung. Mein Vater, welcher auf die-
ſem ſuͤdlichen Zuge groͤßtentheils ſchmerzhaft krank geweſen war, hatte nun
Zahnweh, geſchwollne Backen und Hals, und empfand bis Mitten im Fe-
bruar am ganzen Leibe Schmerzen. Einem Schatten aͤhnlich fieng er nunmehro
wieder an auf dem Verdeck herumzuſchleichen. Aber in eben der Maſſe, als das
warme Wetter ihm heilſam war, ward es der Geſundheit des Capitains nach-
theilig. Seine Gallen Krankheit war zwar waͤhrend unſers letzten Zuges gegen
Suͤden verſchwunden, er hatte aber nie wieder zu Appetit kommen koͤnnen.
Jezt bekam er wieder eine gefaͤhrliche Verſtopfung, die er zum Ungluͤck anfangs
nicht achtete, noch Jemanden im Schiff entdeckte, ſondern vielmehr fuͤr
ſich allein durch Hunger abzuhelfen ſuchte. Hiedurch aber verſchlimmerte
er nur das Uebel, denn ſein Magen war ſo ſchon ſchwach genug. Es ſtellten
ſich alſo bald gewaltige Schmerzen ein, die ihn in wenig Tagen bettlaͤgerig mach-
ten, und Huͤlfe bey dem Arzte zu ſuchen noͤthigten. Man gab ihn ein Abfuͤh-

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[412/0471] Forſter’s Reiſe um die Welt den naͤchſten vier und zwanzig Stunden drey ganze Grade der Breite zuruͤck- legten. Dieſer guͤnſtige Wind hielt bis zum 12ten an und hatte uns in dieſer Zeit bis unter 50 Grad 15 Minuten ſuͤdlicher Breite fortgebracht. Das Thermometer ſtand nun ſchon wieder auf 48 Grad. Nunmehro eroͤfnete man uns endlich, daß wir den herannahenden Winter, ſo wie den vorigen, unter den tropi- ſchen Inſeln des ſtillen Meers zubringen ſollten. Die Ausſicht neuer Entde- ckungen und guter Erforſchungen, die wir dort hoffen konnten, belebte unſern Muth von neuen und wir waren ſogar ganz wohl damit zufrieden, daß wir noch ferner an der Weſtſeite des Cap Horn verbleiben ſollten. 1774. Februar. Des waͤrmern Clima ohnerachtet litten doch viele von unſrer Leuten noch immer von rhevmatiſchen Schmerzen, und waren zum Theil nicht im Stande ſich zu ruͤhren. Ihre gaͤnzliche Entkraͤftung ſchien allein Schuld daran zu ſeyn, daß nicht vollends gar ſchleichende Fieber dazu kamen. Das Sauerkraut hatte zwar den Ausbruch des Scorbuts im kalten Wetter gehindert, allein blos fuͤr ſich iſt es doch nur eine vegetabiliſche Speiſe und nicht nahrhaft genug um davon, ohne Zwieback und Poͤckelfleiſch, leben zu koͤnnen. Erſterer aber war verfault und letzteres vom Salze faſt verzehrt. Bey ſolchen Nah- rungsmitteln konnten ſich die Kranken nicht anders als ſehr langſam erholen, denn ſie hatten nichts zu ihrer Staͤrkung. Mein Vater, welcher auf die- ſem ſuͤdlichen Zuge groͤßtentheils ſchmerzhaft krank geweſen war, hatte nun Zahnweh, geſchwollne Backen und Hals, und empfand bis Mitten im Fe- bruar am ganzen Leibe Schmerzen. Einem Schatten aͤhnlich fieng er nunmehro wieder an auf dem Verdeck herumzuſchleichen. Aber in eben der Maſſe, als das warme Wetter ihm heilſam war, ward es der Geſundheit des Capitains nach- theilig. Seine Gallen Krankheit war zwar waͤhrend unſers letzten Zuges gegen Suͤden verſchwunden, er hatte aber nie wieder zu Appetit kommen koͤnnen. Jezt bekam er wieder eine gefaͤhrliche Verſtopfung, die er zum Ungluͤck anfangs nicht achtete, noch Jemanden im Schiff entdeckte, ſondern vielmehr fuͤr ſich allein durch Hunger abzuhelfen ſuchte. Hiedurch aber verſchlimmerte er nur das Uebel, denn ſein Magen war ſo ſchon ſchwach genug. Es ſtellten ſich alſo bald gewaltige Schmerzen ein, die ihn in wenig Tagen bettlaͤgerig mach- ten, und Huͤlfe bey dem Arzte zu ſuchen noͤthigten. Man gab ihn ein Abfuͤh-

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/471>, abgerufen am 22.11.2024.