Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

in den Jahren 1772 bis 1775.
Katzen, und von einer grünlich-braunen Farbe mit schwarzen Köpfen und Tatzen.1772.
August.

An jeder Seite des Mauls hatten sie, gleich mancher andern Affenart, einen Sack,
den sowohl die Engländer in den westindischen Colonien als auch die Spanier,
alforjes nennen. Die Possen dieser Creaturen waren unterhaltend genug, so
lange das Spielwerk noch neu war. Allein es dauerte nicht lange, so ward man
ihrer überdrüßig; man prügelte die armen Thiere oft auf eine grausame Weise aus
einer Ecke des Schiffs in die andere, und ließ sie endlich aus Mangel frischen
Futters gar verhungern, so daß nur drey davon noch lebendig nach dem Cap
kamen. Diese unschädlichen Thiere, aus dem ruhigen Aufenthalt in ihren
schattichten Wäldern wegzuschleppen, um sie in unabläßiger Angst und Quaal
jämmerlich umkommen zu lassen, das ist muthwillige Grausamkeit und ein lau-
ter Beweis der härtesten Fühllosigkeit, die ich mit theilnehmendem Mitleiden be-
merkte und auch noch jetzt nicht mit Stillschweigen übergehen kann, ob ich gleich
sonst alles dieser Art gern mit dem Mantel der Liebe zudecken möchte.

Am Abend giengen wir unter Seegel und steuerten nach Süden. Das
Wetter war die folgenden Tage über gelinde, mit Regenschauern untermengt,
und der Wind ging Nordost, Nord und N. Nordost. Am 16ten um 8 Uhr Abends
sahen wir ein helles, feuriges Meteor, von länglichter Gestalt und bläulichter
Farbe. Es bewegte sich sehr schnell gegen den Horizont herab, lief Nordwest-
wärts und verschwand nach wenig Augenblicken unterhalb dem Gesichtskreise.
Am Mittage waren wir wenigstens 55 gute englische Seemeilen (leagues) von
S. Jago entfernt, und doch folgte eine Schwalbe dem Schiff noch immer nach.
Gegen Abend setzte sie sich auf eines von den Schießlöchern; weil sie aber dort
allemahl beunruhigt ward, so oft die Seegel gerichtet oder eingenommen wur-
den; so suchte sie in der Folge ihr Nachtquartier in dem am Hintertheil des
Schiffs befindlichen Schnitzwerk, und folgte auch die beyden nächsten Tage
über, dem Schiffe unabläßig. Während dieser ganzen Zeit sahen wir viele Bon-
niten um uns herum. Oft schossen sie mit der größten Geschwindigkeit, neben uns
vorbey, vor dem Schiff her, aber alle Versuche sie mit Angeln oder Harpunen
zu fangen, waren vergebens; dagegen glückte es unsern Matrosen einen Hayfisch
(Shark) der fünf Fus lang war, an der Angel zu fangen. Seine gewöhnlichen
Begleiter, den Piloten (gasterosteus ductor) und den Saugefisch oder

Forster's Reise u. d. W. erster Th. E

in den Jahren 1772 bis 1775.
Katzen, und von einer gruͤnlich-braunen Farbe mit ſchwarzen Koͤpfen und Tatzen.1772.
Auguſt.

An jeder Seite des Mauls hatten ſie, gleich mancher andern Affenart, einen Sack,
den ſowohl die Englaͤnder in den weſtindiſchen Colonien als auch die Spanier,
alforjes nennen. Die Poſſen dieſer Creaturen waren unterhaltend genug, ſo
lange das Spielwerk noch neu war. Allein es dauerte nicht lange, ſo ward man
ihrer uͤberdruͤßig; man pruͤgelte die armen Thiere oft auf eine grauſame Weiſe aus
einer Ecke des Schiffs in die andere, und ließ ſie endlich aus Mangel friſchen
Futters gar verhungern, ſo daß nur drey davon noch lebendig nach dem Cap
kamen. Dieſe unſchaͤdlichen Thiere, aus dem ruhigen Aufenthalt in ihren
ſchattichten Waͤldern wegzuſchleppen, um ſie in unablaͤßiger Angſt und Quaal
jaͤmmerlich umkommen zu laſſen, das iſt muthwillige Grauſamkeit und ein lau-
ter Beweis der haͤrteſten Fuͤhlloſigkeit, die ich mit theilnehmendem Mitleiden be-
merkte und auch noch jetzt nicht mit Stillſchweigen uͤbergehen kann, ob ich gleich
ſonſt alles dieſer Art gern mit dem Mantel der Liebe zudecken moͤchte.

Am Abend giengen wir unter Seegel und ſteuerten nach Suͤden. Das
Wetter war die folgenden Tage uͤber gelinde, mit Regenſchauern untermengt,
und der Wind ging Nordoſt, Nord und N. Nordoſt. Am 16ten um 8 Uhr Abends
ſahen wir ein helles, feuriges Meteor, von laͤnglichter Geſtalt und blaͤulichter
Farbe. Es bewegte ſich ſehr ſchnell gegen den Horizont herab, lief Nordweſt-
waͤrts und verſchwand nach wenig Augenblicken unterhalb dem Geſichtskreiſe.
Am Mittage waren wir wenigſtens 55 gute engliſche Seemeilen (leagues) von
S. Jago entfernt, und doch folgte eine Schwalbe dem Schiff noch immer nach.
Gegen Abend ſetzte ſie ſich auf eines von den Schießloͤchern; weil ſie aber dort
allemahl beunruhigt ward, ſo oft die Seegel gerichtet oder eingenommen wur-
den; ſo ſuchte ſie in der Folge ihr Nachtquartier in dem am Hintertheil des
Schiffs befindlichen Schnitzwerk, und folgte auch die beyden naͤchſten Tage
uͤber, dem Schiffe unablaͤßig. Waͤhrend dieſer ganzen Zeit ſahen wir viele Bon-
niten um uns herum. Oft ſchoſſen ſie mit der groͤßten Geſchwindigkeit, neben uns
vorbey, vor dem Schiff her, aber alle Verſuche ſie mit Angeln oder Harpunen
zu fangen, waren vergebens; dagegen gluͤckte es unſern Matroſen einen Hayfiſch
(Shark) der fuͤnf Fus lang war, an der Angel zu fangen. Seine gewoͤhnlichen
Begleiter, den Piloten (gaſteroſteus ductor) und den Saugefiſch oder

Forſter’s Reiſe u. d. W. erſter Th. E
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0078" n="33"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/>
Katzen, und von einer gru&#x0364;nlich-braunen Farbe mit &#x017F;chwarzen Ko&#x0364;pfen und Tatzen.<note place="right">1772.<lb/>
Augu&#x017F;t.</note><lb/>
An jeder Seite des Mauls hatten &#x017F;ie, gleich mancher andern Affenart, einen Sack,<lb/>
den &#x017F;owohl die Engla&#x0364;nder in den we&#x017F;tindi&#x017F;chen Colonien als auch die Spanier,<lb/><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">alforjes</hi></hi> nennen. Die Po&#x017F;&#x017F;en die&#x017F;er Creaturen waren unterhaltend genug, &#x017F;o<lb/>
lange das Spielwerk noch neu war. Allein es dauerte nicht lange, &#x017F;o ward man<lb/>
ihrer u&#x0364;berdru&#x0364;ßig; man pru&#x0364;gelte die armen Thiere oft auf eine grau&#x017F;ame Wei&#x017F;e aus<lb/>
einer Ecke des Schiffs in die andere, und ließ &#x017F;ie endlich aus Mangel fri&#x017F;chen<lb/>
Futters gar verhungern, &#x017F;o daß nur drey davon noch lebendig nach dem <placeName>Cap</placeName><lb/>
kamen. Die&#x017F;e un&#x017F;cha&#x0364;dlichen Thiere, aus dem ruhigen Aufenthalt in ihren<lb/>
&#x017F;chattichten Wa&#x0364;ldern wegzu&#x017F;chleppen, um &#x017F;ie in unabla&#x0364;ßiger Ang&#x017F;t und Quaal<lb/>
ja&#x0364;mmerlich umkommen zu la&#x017F;&#x017F;en, das i&#x017F;t muthwillige Grau&#x017F;amkeit und ein lau-<lb/>
ter Beweis der ha&#x0364;rte&#x017F;ten Fu&#x0364;hllo&#x017F;igkeit, die ich mit theilnehmendem Mitleiden be-<lb/>
merkte und auch noch jetzt nicht mit Still&#x017F;chweigen u&#x0364;bergehen kann, ob ich gleich<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t alles die&#x017F;er Art gern mit dem Mantel der Liebe zudecken mo&#x0364;chte.</p><lb/>
        <p>Am Abend giengen wir unter Seegel und &#x017F;teuerten nach Su&#x0364;den. Das<lb/>
Wetter war die folgenden Tage u&#x0364;ber gelinde, mit Regen&#x017F;chauern untermengt,<lb/>
und der Wind ging Nordo&#x017F;t, Nord und N. Nordo&#x017F;t. Am 16ten um 8 Uhr Abends<lb/>
&#x017F;ahen wir ein helles, feuriges Meteor, von la&#x0364;nglichter Ge&#x017F;talt und bla&#x0364;ulichter<lb/>
Farbe. Es bewegte &#x017F;ich &#x017F;ehr &#x017F;chnell gegen den Horizont herab, lief Nordwe&#x017F;t-<lb/>
wa&#x0364;rts und ver&#x017F;chwand nach wenig Augenblicken unterhalb dem Ge&#x017F;ichtskrei&#x017F;e.<lb/>
Am Mittage waren wir wenig&#x017F;tens 55 gute engli&#x017F;che Seemeilen (<hi rendition="#aq">leagues</hi>) von<lb/><placeName>S. Jago</placeName> entfernt, und doch folgte eine Schwalbe dem Schiff noch immer nach.<lb/>
Gegen Abend &#x017F;etzte &#x017F;ie &#x017F;ich auf eines von den Schießlo&#x0364;chern; weil &#x017F;ie aber dort<lb/>
allemahl beunruhigt ward, &#x017F;o oft die Seegel gerichtet oder eingenommen wur-<lb/>
den; &#x017F;o &#x017F;uchte &#x017F;ie in der Folge ihr Nachtquartier in dem am Hintertheil des<lb/>
Schiffs befindlichen Schnitzwerk, und folgte auch die beyden na&#x0364;ch&#x017F;ten Tage<lb/>
u&#x0364;ber, dem Schiffe unabla&#x0364;ßig. Wa&#x0364;hrend die&#x017F;er ganzen Zeit &#x017F;ahen wir viele Bon-<lb/>
niten um uns herum. Oft &#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie mit der gro&#x0364;ßten Ge&#x017F;chwindigkeit, neben uns<lb/>
vorbey, vor dem Schiff her, aber alle Ver&#x017F;uche &#x017F;ie mit Angeln oder Harpunen<lb/>
zu fangen, waren vergebens; dagegen glu&#x0364;ckte es un&#x017F;ern Matro&#x017F;en einen Hayfi&#x017F;ch<lb/>
(<hi rendition="#aq">Shark</hi>) der fu&#x0364;nf Fus lang war, an der Angel zu fangen. Seine gewo&#x0364;hnlichen<lb/>
Begleiter, den <hi rendition="#fr">Piloten</hi> (<hi rendition="#aq">ga&#x017F;tero&#x017F;teus ductor</hi>) und den <hi rendition="#fr">Saugefi&#x017F;ch</hi> oder<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr"><persName>For&#x017F;ter&#x2019;s</persName> Rei&#x017F;e u. d. W. er&#x017F;ter Th.</hi> E</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0078] in den Jahren 1772 bis 1775. Katzen, und von einer gruͤnlich-braunen Farbe mit ſchwarzen Koͤpfen und Tatzen. An jeder Seite des Mauls hatten ſie, gleich mancher andern Affenart, einen Sack, den ſowohl die Englaͤnder in den weſtindiſchen Colonien als auch die Spanier, alforjes nennen. Die Poſſen dieſer Creaturen waren unterhaltend genug, ſo lange das Spielwerk noch neu war. Allein es dauerte nicht lange, ſo ward man ihrer uͤberdruͤßig; man pruͤgelte die armen Thiere oft auf eine grauſame Weiſe aus einer Ecke des Schiffs in die andere, und ließ ſie endlich aus Mangel friſchen Futters gar verhungern, ſo daß nur drey davon noch lebendig nach dem Cap kamen. Dieſe unſchaͤdlichen Thiere, aus dem ruhigen Aufenthalt in ihren ſchattichten Waͤldern wegzuſchleppen, um ſie in unablaͤßiger Angſt und Quaal jaͤmmerlich umkommen zu laſſen, das iſt muthwillige Grauſamkeit und ein lau- ter Beweis der haͤrteſten Fuͤhlloſigkeit, die ich mit theilnehmendem Mitleiden be- merkte und auch noch jetzt nicht mit Stillſchweigen uͤbergehen kann, ob ich gleich ſonſt alles dieſer Art gern mit dem Mantel der Liebe zudecken moͤchte. 1772. Auguſt. Am Abend giengen wir unter Seegel und ſteuerten nach Suͤden. Das Wetter war die folgenden Tage uͤber gelinde, mit Regenſchauern untermengt, und der Wind ging Nordoſt, Nord und N. Nordoſt. Am 16ten um 8 Uhr Abends ſahen wir ein helles, feuriges Meteor, von laͤnglichter Geſtalt und blaͤulichter Farbe. Es bewegte ſich ſehr ſchnell gegen den Horizont herab, lief Nordweſt- waͤrts und verſchwand nach wenig Augenblicken unterhalb dem Geſichtskreiſe. Am Mittage waren wir wenigſtens 55 gute engliſche Seemeilen (leagues) von S. Jago entfernt, und doch folgte eine Schwalbe dem Schiff noch immer nach. Gegen Abend ſetzte ſie ſich auf eines von den Schießloͤchern; weil ſie aber dort allemahl beunruhigt ward, ſo oft die Seegel gerichtet oder eingenommen wur- den; ſo ſuchte ſie in der Folge ihr Nachtquartier in dem am Hintertheil des Schiffs befindlichen Schnitzwerk, und folgte auch die beyden naͤchſten Tage uͤber, dem Schiffe unablaͤßig. Waͤhrend dieſer ganzen Zeit ſahen wir viele Bon- niten um uns herum. Oft ſchoſſen ſie mit der groͤßten Geſchwindigkeit, neben uns vorbey, vor dem Schiff her, aber alle Verſuche ſie mit Angeln oder Harpunen zu fangen, waren vergebens; dagegen gluͤckte es unſern Matroſen einen Hayfiſch (Shark) der fuͤnf Fus lang war, an der Angel zu fangen. Seine gewoͤhnlichen Begleiter, den Piloten (gaſteroſteus ductor) und den Saugefiſch oder Forſter’s Reiſe u. d. W. erſter Th. E

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/78
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/78>, abgerufen am 12.05.2024.