Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

in den Jahren 1772 bis 1775.
sers in letztere fällt, ist das Erdreich morastig. Dieser morastige Grund ist hin1772.
Novem-
ber.

und wieder mit etwas Grün bewachsen, jedoch dem größtentheil nach mit Sand
bedeckt. Die höheren Gegenden aber sind, so dürr und öde sie auch von der
See her aussehen, dennoch mit einer Menge unendlich verschiedener Pflanzen
überwachsen. Auch giebt es eine ungeheure Menge von Buschwerk allhier,
doch verdienen kaum zwey oder drey Arten desselben den Namen der Bäume.
An den kleinen Bächen haben die Einwohner überall Landsitze angelegt, welches
der Gegend ein sehr lebhaftes Ansehen giebt. Insecten von allerhand Arten, meh-
rere Sorten von Eidechsen, Land-Schildkröten und Schlangen finden sich unter
dem trocknen Gebüsch, in welchem sich auch eine große Menge verschiedener klei-
nen Vögel auf hält. Wir brachten daher Tag für Tag reiche Erndten von Kräutern
und Thieren zurück, und wunderten uns, daß, besonders von letztern, so viele
den Naturkundigen ganz unbekannt waren, da sie sich doch hart an den Mauern
einer Stadt finden, von woher die Cabinette und Sammlungen des ganzen Eu-
ropa
beständig versehen worden sind.

Einer unsrer Spatziergänge war nach dem Tafelberge gerichtet. Er
ist steil und, wegen der vielen losen Steine die unter des Wanderers Füßen weg-
rollen, mühsam und schwer zu ersteigen. Gegen die mittlere Höhe des Ber-
ges kamen wir an eine tiefe Schlucht, deren Seiten aus senkrechtstehenden und
oft überhängenden Felsen-Schichten bestanden, aus deren Rissen kleine Quellen
hervorsprudelten oder von den Felsen herab träufelten, und in der Tiefe ganzen
Hunderten von Pflanzen und Sträuchern Leben und Nahrung gaben. Andre
Pflanzen, die an trockneren Stellen standen und aus denselben mehr verdickte
Nahrungssäfte zu ihrem Wachsthum zogen, verbreiteten aromatische Gerüche,
welche uns durch eine sanftwehende Luft von den Seiten dieses Erdrisses zugeführt
wurden. Nach einem dreystündigen Marsch erreichten wir endlich den Gipfel
des Berges, der fast ganz eben, sehr unfruchtbar und beynahe völlig von Erd-
reich entblößt ist. Hie und da gab es Vertiefungen auf demselben, die theils
mit Regenwasser, theils mit guter fruchtbarer Erde angefüllt waren, in welcher
allerhand wohlriechende Kräuter wuchsen. Von Thieren trift man manchmal
Ant[e]lopen, heulende Bavians, einsame Geier und Kröten auf diesem Berge an.
Die Aussicht, welche man von der Höhe desselben genießt, ist groß und mah-

Forsters Reise u. d. Wt, erster Th. G

in den Jahren 1772 bis 1775.
ſers in letztere faͤllt, iſt das Erdreich moraſtig. Dieſer moraſtige Grund iſt hin1772.
Novem-
ber.

und wieder mit etwas Gruͤn bewachſen, jedoch dem groͤßtentheil nach mit Sand
bedeckt. Die hoͤheren Gegenden aber ſind, ſo duͤrr und oͤde ſie auch von der
See her ausſehen, dennoch mit einer Menge unendlich verſchiedener Pflanzen
uͤberwachſen. Auch giebt es eine ungeheure Menge von Buſchwerk allhier,
doch verdienen kaum zwey oder drey Arten deſſelben den Namen der Baͤume.
An den kleinen Baͤchen haben die Einwohner uͤberall Landſitze angelegt, welches
der Gegend ein ſehr lebhaftes Anſehen giebt. Inſecten von allerhand Arten, meh-
rere Sorten von Eidechſen, Land-Schildkroͤten und Schlangen finden ſich unter
dem trocknen Gebuͤſch, in welchem ſich auch eine große Menge verſchiedener klei-
nen Voͤgel auf haͤlt. Wir brachten daher Tag fuͤr Tag reiche Erndten von Kraͤutern
und Thieren zuruͤck, und wunderten uns, daß, beſonders von letztern, ſo viele
den Naturkundigen ganz unbekannt waren, da ſie ſich doch hart an den Mauern
einer Stadt finden, von woher die Cabinette und Sammlungen des ganzen Eu-
ropa
beſtaͤndig verſehen worden ſind.

Einer unſrer Spatziergaͤnge war nach dem Tafelberge gerichtet. Er
iſt ſteil und, wegen der vielen loſen Steine die unter des Wanderers Fuͤßen weg-
rollen, muͤhſam und ſchwer zu erſteigen. Gegen die mittlere Hoͤhe des Ber-
ges kamen wir an eine tiefe Schlucht, deren Seiten aus ſenkrechtſtehenden und
oft uͤberhaͤngenden Felſen-Schichten beſtanden, aus deren Riſſen kleine Quellen
hervorſprudelten oder von den Felſen herab traͤufelten, und in der Tiefe ganzen
Hunderten von Pflanzen und Straͤuchern Leben und Nahrung gaben. Andre
Pflanzen, die an trockneren Stellen ſtanden und aus denſelben mehr verdickte
Nahrungsſaͤfte zu ihrem Wachsthum zogen, verbreiteten aromatiſche Geruͤche,
welche uns durch eine ſanftwehende Luft von den Seiten dieſes Erdriſſes zugefuͤhrt
wurden. Nach einem dreyſtuͤndigen Marſch erreichten wir endlich den Gipfel
des Berges, der faſt ganz eben, ſehr unfruchtbar und beynahe voͤllig von Erd-
reich entbloͤßt iſt. Hie und da gab es Vertiefungen auf demſelben, die theils
mit Regenwaſſer, theils mit guter fruchtbarer Erde angefuͤllt waren, in welcher
allerhand wohlriechende Kraͤuter wuchſen. Von Thieren trift man manchmal
Ant[e]lopen, heulende Bavians, einſame Geier und Kroͤten auf dieſem Berge an.
Die Ausſicht, welche man von der Hoͤhe deſſelben genießt, iſt groß und mah-

Forſters Reiſe u. d. Wt, erſter Th. G
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0094" n="49"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/>
&#x017F;ers in letztere fa&#x0364;llt, i&#x017F;t das Erdreich mora&#x017F;tig. Die&#x017F;er mora&#x017F;tige Grund i&#x017F;t hin<note place="right">1772.<lb/>
Novem-<lb/>
ber.</note><lb/>
und wieder mit etwas Gru&#x0364;n bewach&#x017F;en, jedoch dem gro&#x0364;ßtentheil nach mit Sand<lb/>
bedeckt. Die ho&#x0364;heren Gegenden aber &#x017F;ind, &#x017F;o du&#x0364;rr und o&#x0364;de &#x017F;ie auch von der<lb/>
See her aus&#x017F;ehen, dennoch mit einer Menge unendlich ver&#x017F;chiedener Pflanzen<lb/>
u&#x0364;berwach&#x017F;en. Auch giebt es eine ungeheure Menge von Bu&#x017F;chwerk allhier,<lb/>
doch verdienen kaum zwey oder drey Arten de&#x017F;&#x017F;elben den Namen der Ba&#x0364;ume.<lb/>
An den kleinen Ba&#x0364;chen haben die Einwohner u&#x0364;berall Land&#x017F;itze angelegt, welches<lb/>
der Gegend ein &#x017F;ehr lebhaftes An&#x017F;ehen giebt. In&#x017F;ecten von allerhand Arten, meh-<lb/>
rere Sorten von Eidech&#x017F;en, Land-Schildkro&#x0364;ten und Schlangen finden &#x017F;ich unter<lb/>
dem trocknen Gebu&#x0364;&#x017F;ch, in welchem &#x017F;ich auch eine große Menge ver&#x017F;chiedener klei-<lb/>
nen Vo&#x0364;gel auf ha&#x0364;lt. Wir brachten daher Tag fu&#x0364;r Tag reiche Erndten von Kra&#x0364;utern<lb/>
und Thieren zuru&#x0364;ck, und wunderten uns, daß, be&#x017F;onders von letztern, &#x017F;o viele<lb/>
den Naturkundigen ganz unbekannt waren, da &#x017F;ie &#x017F;ich doch hart an den Mauern<lb/>
einer Stadt finden, von woher die Cabinette und Sammlungen des ganzen <placeName>Eu-<lb/>
ropa</placeName> be&#x017F;ta&#x0364;ndig ver&#x017F;ehen worden &#x017F;ind.</p><lb/>
        <p>Einer un&#x017F;rer Spatzierga&#x0364;nge war nach dem <hi rendition="#fr"><placeName>Tafelberge</placeName></hi> gerichtet. Er<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;teil und, wegen der vielen lo&#x017F;en Steine die unter des Wanderers Fu&#x0364;ßen weg-<lb/>
rollen, mu&#x0364;h&#x017F;am und &#x017F;chwer zu er&#x017F;teigen. Gegen die mittlere Ho&#x0364;he des Ber-<lb/>
ges kamen wir an eine tiefe Schlucht, deren Seiten aus &#x017F;enkrecht&#x017F;tehenden und<lb/>
oft u&#x0364;berha&#x0364;ngenden Fel&#x017F;en-Schichten be&#x017F;tanden, aus deren Ri&#x017F;&#x017F;en kleine Quellen<lb/>
hervor&#x017F;prudelten oder von den Fel&#x017F;en herab tra&#x0364;ufelten, und in der Tiefe ganzen<lb/>
Hunderten von Pflanzen und Stra&#x0364;uchern Leben und Nahrung gaben. Andre<lb/>
Pflanzen, die an trockneren Stellen &#x017F;tanden und aus den&#x017F;elben mehr verdickte<lb/>
Nahrungs&#x017F;a&#x0364;fte zu ihrem Wachsthum zogen, verbreiteten aromati&#x017F;che Geru&#x0364;che,<lb/>
welche uns durch eine &#x017F;anftwehende Luft von den Seiten die&#x017F;es Erdri&#x017F;&#x017F;es zugefu&#x0364;hrt<lb/>
wurden. Nach einem drey&#x017F;tu&#x0364;ndigen Mar&#x017F;ch erreichten wir endlich den Gipfel<lb/>
des Berges, der fa&#x017F;t ganz eben, &#x017F;ehr unfruchtbar und beynahe vo&#x0364;llig von Erd-<lb/>
reich entblo&#x0364;ßt i&#x017F;t. Hie und da gab es Vertiefungen auf dem&#x017F;elben, die theils<lb/>
mit Regenwa&#x017F;&#x017F;er, theils mit guter fruchtbarer Erde angefu&#x0364;llt waren, in welcher<lb/>
allerhand wohlriechende Kra&#x0364;uter wuch&#x017F;en. Von Thieren trift man manchmal<lb/>
Ant<supplied>e</supplied>lopen, heulende Bavians, ein&#x017F;ame Geier und Kro&#x0364;ten auf die&#x017F;em Berge an.<lb/>
Die Aus&#x017F;icht, welche man von der Ho&#x0364;he de&#x017F;&#x017F;elben genießt, i&#x017F;t groß und mah-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr"><persName>For&#x017F;ters</persName> Rei&#x017F;e u. d. Wt, er&#x017F;ter Th.</hi> G</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0094] in den Jahren 1772 bis 1775. ſers in letztere faͤllt, iſt das Erdreich moraſtig. Dieſer moraſtige Grund iſt hin und wieder mit etwas Gruͤn bewachſen, jedoch dem groͤßtentheil nach mit Sand bedeckt. Die hoͤheren Gegenden aber ſind, ſo duͤrr und oͤde ſie auch von der See her ausſehen, dennoch mit einer Menge unendlich verſchiedener Pflanzen uͤberwachſen. Auch giebt es eine ungeheure Menge von Buſchwerk allhier, doch verdienen kaum zwey oder drey Arten deſſelben den Namen der Baͤume. An den kleinen Baͤchen haben die Einwohner uͤberall Landſitze angelegt, welches der Gegend ein ſehr lebhaftes Anſehen giebt. Inſecten von allerhand Arten, meh- rere Sorten von Eidechſen, Land-Schildkroͤten und Schlangen finden ſich unter dem trocknen Gebuͤſch, in welchem ſich auch eine große Menge verſchiedener klei- nen Voͤgel auf haͤlt. Wir brachten daher Tag fuͤr Tag reiche Erndten von Kraͤutern und Thieren zuruͤck, und wunderten uns, daß, beſonders von letztern, ſo viele den Naturkundigen ganz unbekannt waren, da ſie ſich doch hart an den Mauern einer Stadt finden, von woher die Cabinette und Sammlungen des ganzen Eu- ropa beſtaͤndig verſehen worden ſind. 1772. Novem- ber. Einer unſrer Spatziergaͤnge war nach dem Tafelberge gerichtet. Er iſt ſteil und, wegen der vielen loſen Steine die unter des Wanderers Fuͤßen weg- rollen, muͤhſam und ſchwer zu erſteigen. Gegen die mittlere Hoͤhe des Ber- ges kamen wir an eine tiefe Schlucht, deren Seiten aus ſenkrechtſtehenden und oft uͤberhaͤngenden Felſen-Schichten beſtanden, aus deren Riſſen kleine Quellen hervorſprudelten oder von den Felſen herab traͤufelten, und in der Tiefe ganzen Hunderten von Pflanzen und Straͤuchern Leben und Nahrung gaben. Andre Pflanzen, die an trockneren Stellen ſtanden und aus denſelben mehr verdickte Nahrungsſaͤfte zu ihrem Wachsthum zogen, verbreiteten aromatiſche Geruͤche, welche uns durch eine ſanftwehende Luft von den Seiten dieſes Erdriſſes zugefuͤhrt wurden. Nach einem dreyſtuͤndigen Marſch erreichten wir endlich den Gipfel des Berges, der faſt ganz eben, ſehr unfruchtbar und beynahe voͤllig von Erd- reich entbloͤßt iſt. Hie und da gab es Vertiefungen auf demſelben, die theils mit Regenwaſſer, theils mit guter fruchtbarer Erde angefuͤllt waren, in welcher allerhand wohlriechende Kraͤuter wuchſen. Von Thieren trift man manchmal Antelopen, heulende Bavians, einſame Geier und Kroͤten auf dieſem Berge an. Die Ausſicht, welche man von der Hoͤhe deſſelben genießt, iſt groß und mah- Forſters Reiſe u. d. Wt, erſter Th. G

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/94
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/94>, abgerufen am 12.05.2024.