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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
auf den Boden niedersetzen. Die Eingebohrnen kamen nun nach gerade1774.
Junius.

wieder, und die Frauensleute ließen sichs vorzüglich angelegen seyn, Friede
und Ruhe wieder herzustellen; doch schienen ihre schüchternen Blicke uns anzu-
klagen, daß wir grausam mit ihnen umgegangen wären. Endlich setzten sich
ihrer funfzig oder mehrere auf einen schönen grünen Rasen, und winkten, daß
wir neben ihnen Platz nehmen möchten. Jede dieser Schönen hatte ein Paar
Pompelmuße mitgebracht, welche sie mit freundlich liebkosender Gebehrde
bissenweise unter uns austheilte. Herrn Pattons Freundin, zeichnete sich,
durch ihre jugendliche Schönheit, vor allen übrigen Frauenzimmern aus. Sie
war von hellerer Farbe als das gemeine Volk, dabey wohl gewachsen, von sehr
proportionirtem Gliederbau, und von überaus regelmäßiger, gefälliger Gesichts-
bildung. Feuer strahlte aus den lebhaften schwarzen Augen, und den schönen
Hals umflossen schwarze lockigte Haare. Ihre Kleidung bestand aus einem
Stück braunen Zeuges, das unter der Brust dicht an den Leib anschloß, aber
von den Hüften herab weiter ward, und dieses ungekünstelte Gewand stand ihr
besser als die zierlichste europäische Tracht sie geputzt haben würde.

Unterdessen war Herr Patton mit den nöthigen Instrumenten ange-
langt, und verband nun den verwundeten Indianer. Als er mit der Ban-
dage fertig war, schlugen die Eingebohrnen noch Pisangblätter darüber her, und
so überliessen wir ihn ihrer eigenen Curmethode; doch ward dem Kranken eine
Flasche Brandtewein, mit der Vorschrift, gegeben, daß er von Zeit zu Zeit
die Wunden damit mögte waschen lassen. Der arme Kerl mußte viel Schmer-
zen ausgestanden haben, denn da der Schuß nur in einer Entfernung von wenig
Schritt auf ihn abgefeuert worden, so waren die Theile, wo das Schroot einge-
drungen, gleichsahm zerschmettert; sonst hatte es eben keine Gefahr, weil
die Wunden nur im dicken Fleische waren. Um die Sache vollends wieder gut
zu machen, theilten wir eine Menge Corallen unter die Leute aus, und kehrten
alsdann, mit gegenseitigen Freundschaftsversicherungen, wiederum nach dem
Schiffe zurück. Das Volk war auf dieser Insel eben so friedfertig, und dabey
eben so gewinnsüchtig, als auf Tongatabu. Sie trugen uns unsre Ueberei-
lung nicht nach, sondern fuhren ungestört fort, am Schiffe Handel zu treiben.
Die ganze Nation schien zur Kaufmannschaft gebohren zu seyn, denn ein jeder

T 2

in den Jahren 1772 bis 1775.
auf den Boden niederſetzen. Die Eingebohrnen kamen nun nach gerade1774.
Junius.

wieder, und die Frauensleute ließen ſichs vorzuͤglich angelegen ſeyn, Friede
und Ruhe wieder herzuſtellen; doch ſchienen ihre ſchuͤchternen Blicke uns anzu-
klagen, daß wir grauſam mit ihnen umgegangen waͤren. Endlich ſetzten ſich
ihrer funfzig oder mehrere auf einen ſchoͤnen gruͤnen Raſen, und winkten, daß
wir neben ihnen Platz nehmen moͤchten. Jede dieſer Schoͤnen hatte ein Paar
Pompelmuße mitgebracht, welche ſie mit freundlich liebkoſender Gebehrde
biſſenweiſe unter uns austheilte. Herrn Pattons Freundin, zeichnete ſich,
durch ihre jugendliche Schoͤnheit, vor allen uͤbrigen Frauenzimmern aus. Sie
war von hellerer Farbe als das gemeine Volk, dabey wohl gewachſen, von ſehr
proportionirtem Gliederbau, und von uͤberaus regelmaͤßiger, gefaͤlliger Geſichts-
bildung. Feuer ſtrahlte aus den lebhaften ſchwarzen Augen, und den ſchoͤnen
Hals umfloſſen ſchwarze lockigte Haare. Ihre Kleidung beſtand aus einem
Stuͤck braunen Zeuges, das unter der Bruſt dicht an den Leib anſchloß, aber
von den Huͤften herab weiter ward, und dieſes ungekuͤnſtelte Gewand ſtand ihr
beſſer als die zierlichſte europaͤiſche Tracht ſie geputzt haben wuͤrde.

Unterdeſſen war Herr Patton mit den noͤthigen Inſtrumenten ange-
langt, und verband nun den verwundeten Indianer. Als er mit der Ban-
dage fertig war, ſchlugen die Eingebohrnen noch Piſangblaͤtter daruͤber her, und
ſo uͤberlieſſen wir ihn ihrer eigenen Curmethode; doch ward dem Kranken eine
Flaſche Brandtewein, mit der Vorſchrift, gegeben, daß er von Zeit zu Zeit
die Wunden damit moͤgte waſchen laſſen. Der arme Kerl mußte viel Schmer-
zen ausgeſtanden haben, denn da der Schuß nur in einer Entfernung von wenig
Schritt auf ihn abgefeuert worden, ſo waren die Theile, wo das Schroot einge-
drungen, gleichſahm zerſchmettert; ſonſt hatte es eben keine Gefahr, weil
die Wunden nur im dicken Fleiſche waren. Um die Sache vollends wieder gut
zu machen, theilten wir eine Menge Corallen unter die Leute aus, und kehrten
alsdann, mit gegenſeitigen Freundſchaftsverſicherungen, wiederum nach dem
Schiffe zuruͤck. Das Volk war auf dieſer Inſel eben ſo friedfertig, und dabey
eben ſo gewinnſuͤchtig, als auf Tongatabu. Sie trugen uns unſre Ueberei-
lung nicht nach, ſondern fuhren ungeſtoͤrt fort, am Schiffe Handel zu treiben.
Die ganze Nation ſchien zur Kaufmannſchaft gebohren zu ſeyn, denn ein jeder

T 2
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[147/0159] in den Jahren 1772 bis 1775. auf den Boden niederſetzen. Die Eingebohrnen kamen nun nach gerade wieder, und die Frauensleute ließen ſichs vorzuͤglich angelegen ſeyn, Friede und Ruhe wieder herzuſtellen; doch ſchienen ihre ſchuͤchternen Blicke uns anzu- klagen, daß wir grauſam mit ihnen umgegangen waͤren. Endlich ſetzten ſich ihrer funfzig oder mehrere auf einen ſchoͤnen gruͤnen Raſen, und winkten, daß wir neben ihnen Platz nehmen moͤchten. Jede dieſer Schoͤnen hatte ein Paar Pompelmuße mitgebracht, welche ſie mit freundlich liebkoſender Gebehrde biſſenweiſe unter uns austheilte. Herrn Pattons Freundin, zeichnete ſich, durch ihre jugendliche Schoͤnheit, vor allen uͤbrigen Frauenzimmern aus. Sie war von hellerer Farbe als das gemeine Volk, dabey wohl gewachſen, von ſehr proportionirtem Gliederbau, und von uͤberaus regelmaͤßiger, gefaͤlliger Geſichts- bildung. Feuer ſtrahlte aus den lebhaften ſchwarzen Augen, und den ſchoͤnen Hals umfloſſen ſchwarze lockigte Haare. Ihre Kleidung beſtand aus einem Stuͤck braunen Zeuges, das unter der Bruſt dicht an den Leib anſchloß, aber von den Huͤften herab weiter ward, und dieſes ungekuͤnſtelte Gewand ſtand ihr beſſer als die zierlichſte europaͤiſche Tracht ſie geputzt haben wuͤrde. 1774. Junius. Unterdeſſen war Herr Patton mit den noͤthigen Inſtrumenten ange- langt, und verband nun den verwundeten Indianer. Als er mit der Ban- dage fertig war, ſchlugen die Eingebohrnen noch Piſangblaͤtter daruͤber her, und ſo uͤberlieſſen wir ihn ihrer eigenen Curmethode; doch ward dem Kranken eine Flaſche Brandtewein, mit der Vorſchrift, gegeben, daß er von Zeit zu Zeit die Wunden damit moͤgte waſchen laſſen. Der arme Kerl mußte viel Schmer- zen ausgeſtanden haben, denn da der Schuß nur in einer Entfernung von wenig Schritt auf ihn abgefeuert worden, ſo waren die Theile, wo das Schroot einge- drungen, gleichſahm zerſchmettert; ſonſt hatte es eben keine Gefahr, weil die Wunden nur im dicken Fleiſche waren. Um die Sache vollends wieder gut zu machen, theilten wir eine Menge Corallen unter die Leute aus, und kehrten alsdann, mit gegenſeitigen Freundſchaftsverſicherungen, wiederum nach dem Schiffe zuruͤck. Das Volk war auf dieſer Inſel eben ſo friedfertig, und dabey eben ſo gewinnſuͤchtig, als auf Tongatabu. Sie trugen uns unſre Ueberei- lung nicht nach, ſondern fuhren ungeſtoͤrt fort, am Schiffe Handel zu treiben. Die ganze Nation ſchien zur Kaufmannſchaft gebohren zu ſeyn, denn ein jeder T 2

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/159>, abgerufen am 23.11.2024.