Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.in den Jahren 1772 bis 1775. hatten die Saamenkörner davon oft gekostet, und von angenehm aromatischem1774.Julius. Geschmack befunden, auch nie Ungelegenheit davon verspürt, so daß diese Pflanze ohnmöglich giftig, noch sonst der Gesundheit nachtheilig seyn konnte. War- um sie uns also von verschiedenen Indianern mit solchem Ungestüm wieder aus den Händen gerissen wurde? ist nicht leicht zu begreifen, dafern dieses Kraut nicht etwa auf eben die Art für ein Zeichen der Feindschaft oder der Herausforderung angesehen wird, als man gewisse andere Pflanzen für Freund- schafts- und Friedens-Zeichen gelten läßt. Mittlerweile war die Ebbezeit eingefallen und das Wasser so weit vom Y 3
in den Jahren 1772 bis 1775. hatten die Saamenkoͤrner davon oft gekoſtet, und von angenehm aromatiſchem1774.Julius. Geſchmack befunden, auch nie Ungelegenheit davon verſpuͤrt, ſo daß dieſe Pflanze ohnmoͤglich giftig, noch ſonſt der Geſundheit nachtheilig ſeyn konnte. War- um ſie uns alſo von verſchiedenen Indianern mit ſolchem Ungeſtuͤm wieder aus den Haͤnden geriſſen wurde? iſt nicht leicht zu begreifen, dafern dieſes Kraut nicht etwa auf eben die Art fuͤr ein Zeichen der Feindſchaft oder der Herausforderung angeſehen wird, als man gewiſſe andere Pflanzen fuͤr Freund- ſchafts- und Friedens-Zeichen gelten laͤßt. Mittlerweile war die Ebbezeit eingefallen und das Waſſer ſo weit vom Y 3
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in den Jahren 1772 bis 1775.
hatten die Saamenkoͤrner davon oft gekoſtet, und von angenehm aromatiſchem
Geſchmack befunden, auch nie Ungelegenheit davon verſpuͤrt, ſo daß dieſe Pflanze
ohnmoͤglich giftig, noch ſonſt der Geſundheit nachtheilig ſeyn konnte. War-
um ſie uns alſo von verſchiedenen Indianern mit ſolchem Ungeſtuͤm wieder
aus den Haͤnden geriſſen wurde? iſt nicht leicht zu begreifen, dafern dieſes
Kraut nicht etwa auf eben die Art fuͤr ein Zeichen der Feindſchaft oder der
Herausforderung angeſehen wird, als man gewiſſe andere Pflanzen fuͤr Freund-
ſchafts- und Friedens-Zeichen gelten laͤßt.
1774.
Julius.
Mittlerweile war die Ebbezeit eingefallen und das Waſſer ſo weit vom
Ufer zuruͤckgetreten, daß man trocknes Fußes bis nach dem Riefe hinkommen
konnte, woſelbſt die Indianer, des Handels wegen, haufenweiſe um unſre
Boote herſtanden. Wir fanden uns alſo gewiſſermaaßen eingeſchloſſen und
ließen deshalb einen Theil der Seeſoldaten gegen das Land, den anderen Theil
aber gegen die See, Fronte machen, wenn gleich die Einwohner eben keine keind-
ſelige Abſichten gegen uns zu haben ſchienen. Wir fuhren auch ganz unbeſorgt in un-
ſrer Unterredung fort; und ſie ihrer Seits plauderten ebenfalls unablaͤßig mit
einander, ſo daß es um uns her ſo laut war als auf dem groͤßten volkreichſten
Jahrmarkt. Aber mit einemmale hoͤrte dies laute Gemurmel auf und verwan-
delte ſich in eine todte Stille. Wir blickten einander voll Beſtuͤrzung an, ſahen
aͤngſtlich umher und ſchloſſen uns, vorſichtshalber, an die Soldaten. Die
Wilden waren in nicht minderer Verlegenheit, und ſchienen, ſo gut als wir, ein
Ungluͤck zu beſorgen; da ſie aber ſahen, daß wir uns ganz ruhig verhielten, ſo
fiengen ſie wieder an zu plaudern und in wenig Minuten war von beyden Seiten
alle Beſorgniß verſchwunden. Der geringfuͤgige Umſtand, der dieſe bedenkliche
Stille veranlaßt hatte, gab zu gleicher Zeit einen redenden Beweis, wie gut
dieſe Leute gegen uns geſinnet waren. Es hatte nemlich ein Matroſe von einem
Indianer verlangt, daß er einen Pfeil, ſo hoch als moͤglich in die Luft ſchießen
moͤgte. Dieſer war auch gleich dazu erboͤtig, und ſpannte ſchon den Bogen,
als unterſchiedne ſeiner Landsleute, aus Furcht, daß wir die Abſicht dieſes
Schuſſes mißdeuten moͤgten, ihn inne zu halten baten, und zugleich den Reſt
der Verſammlung durch einen lauten Ausruf warnten, auf guter Hut zu ſeyn.
Dadurch entſtand ploͤtzlich jene allgemeine Stille, und uͤberhaupt eine Scene,
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