Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.in den Jahren 1772 bis 1775. 600 Quadrat-Meilen verbreitet. Ueberhaupt muß man sich Mallicollo als einen1774.Julius. einzigen großen Wald vorstellen; davon erst einige wenige Flecke ausgerodet und zu bebauen angefangen sind; dergleichen wohnbare Plätze liegen folglich in die- sem ungeheuren Walde, ohngefähr so als die kleinen Inseln in der weiten Südsee, zerstreuet umher. Könnten wir jemals durch die Dunkelheit dringen, worinn die Geschichte dieses Volks eingehüllet ist; so würde sich vermuthlich finden, daß sie später in die Süd-See gekommen sind, als die Bewohner der freundschaftlichen und der Societäts-Inseln. So viel ist wenigstens gewiß, daß sie von ganz andrer Abkunft seyn müssen, denn das beweisen ihre Bildung, Sprache und Sitten. In unterschiednen Stücken scheinen sie mit den Einwohner von Neu- Guinea und Papua Aehnlichkeit zu haben, wenigstens sind sie von eben so schwar- zer Farbe und haben eben so wolligtes Haar. Wenn also der Einfluß des Clima in der That so wirksam ist, als der Graf Büffon behauptet; so kann es auch um des- willen noch so lange nicht her seyn, daß Mallicollo bevölkert worden (*); weil sich bey den Einwohnern, seit ihrer Ankunft in diesem mildern Himmelsstrich, weder die ursprüngliche Schwärze der Haut, noch die wollichte Kräuselung des Haares vermindert hat. Ich meines Theils gestehe aber dem Clima bey weitem keinen so allgemeinen und allwürksamen Einfluß zu, sondern führe obigen Grund blos vermuthungsweise an, werde ihn auch für irgend eine andere wahrscheinlichere Meynung gern wieder zurücknehmen. Leider sind uns Neu-Guinea und die be- nachbarten Inseln, als die einzigen Länder aus deren Untersuchung sich hier- über einiges Licht erwarten ließe, kaum ihrer geographischen Lage nach, in Betracht ihrer Einwohner hingegen, fast noch gar nicht bekannt. Die weni- gen Reisenden, welche dahin gekommen (**), melden nur so viel, daß Neu-Guinea von mehr denn einer Nation bewohnt wird, und was das merkwürdigste ist, daß unter denselben außer den Negern, auch Leute von hellerer Leibesfarbe vor- handen sind, die, nach ihren Gebräuchen zu urtheilen, mit den Einwohnern der Societäts- und freundschaftlichen Inseln nahe verwandt seyn dürften. Noch (*) Es fällt von selbst in die Augen, daß wir hier nur Vergleichungsweise sprechen. (**) Dampier, Carteret, Bougainville. Z 3
in den Jahren 1772 bis 1775. 600 Quadrat-Meilen verbreitet. Ueberhaupt muß man ſich Mallicollo als einen1774.Julius. einzigen großen Wald vorſtellen; davon erſt einige wenige Flecke ausgerodet und zu bebauen angefangen ſind; dergleichen wohnbare Plaͤtze liegen folglich in die- ſem ungeheuren Walde, ohngefaͤhr ſo als die kleinen Inſeln in der weiten Suͤdſee, zerſtreuet umher. Koͤnnten wir jemals durch die Dunkelheit dringen, worinn die Geſchichte dieſes Volks eingehuͤllet iſt; ſo wuͤrde ſich vermuthlich finden, daß ſie ſpaͤter in die Suͤd-See gekommen ſind, als die Bewohner der freundſchaftlichen und der Societaͤts-Inſeln. So viel iſt wenigſtens gewiß, daß ſie von ganz andrer Abkunft ſeyn muͤſſen, denn das beweiſen ihre Bildung, Sprache und Sitten. In unterſchiednen Stuͤcken ſcheinen ſie mit den Einwohner von Neu- Guinea und Papua Aehnlichkeit zu haben, wenigſtens ſind ſie von eben ſo ſchwar- zer Farbe und haben eben ſo wolligtes Haar. Wenn alſo der Einfluß des Clima in der That ſo wirkſam iſt, als der Graf Buͤffon behauptet; ſo kann es auch um des- willen noch ſo lange nicht her ſeyn, daß Mallicollo bevoͤlkert worden (*); weil ſich bey den Einwohnern, ſeit ihrer Ankunft in dieſem mildern Himmelsſtrich, weder die urſpruͤngliche Schwaͤrze der Haut, noch die wollichte Kraͤuſelung des Haares vermindert hat. Ich meines Theils geſtehe aber dem Clima bey weitem keinen ſo allgemeinen und allwuͤrkſamen Einfluß zu, ſondern fuͤhre obigen Grund blos vermuthungsweiſe an, werde ihn auch fuͤr irgend eine andere wahrſcheinlichere Meynung gern wieder zuruͤcknehmen. Leider ſind uns Neu-Guinea und die be- nachbarten Inſeln, als die einzigen Laͤnder aus deren Unterſuchung ſich hier- uͤber einiges Licht erwarten ließe, kaum ihrer geographiſchen Lage nach, in Betracht ihrer Einwohner hingegen, faſt noch gar nicht bekannt. Die weni- gen Reiſenden, welche dahin gekommen (**), melden nur ſo viel, daß Neu-Guinea von mehr denn einer Nation bewohnt wird, und was das merkwuͤrdigſte iſt, daß unter denſelben außer den Negern, auch Leute von hellerer Leibesfarbe vor- handen ſind, die, nach ihren Gebraͤuchen zu urtheilen, mit den Einwohnern der Societaͤts- und freundſchaftlichen Inſeln nahe verwandt ſeyn duͤrften. Noch (*) Es faͤllt von ſelbſt in die Augen, daß wir hier nur Vergleichungsweiſe ſprechen. (**) Dampier, Carteret, Bougainville. Z 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0195" n="181"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/> 600 Quadrat-Meilen verbreitet. Ueberhaupt muß man ſich <hi rendition="#fr"><placeName>Mallicollo</placeName></hi> als einen<note place="right">1774.<lb/> Julius.</note><lb/> einzigen großen Wald vorſtellen; davon erſt einige wenige Flecke ausgerodet und<lb/> zu bebauen angefangen ſind; dergleichen wohnbare Plaͤtze liegen folglich in die-<lb/> ſem ungeheuren Walde, ohngefaͤhr ſo als die kleinen Inſeln in der weiten <placeName>Suͤdſee</placeName>,<lb/> zerſtreuet umher. Koͤnnten wir jemals durch die Dunkelheit dringen, worinn die<lb/> Geſchichte dieſes Volks eingehuͤllet iſt; ſo wuͤrde ſich vermuthlich finden, daß ſie<lb/> ſpaͤter in die <placeName>Suͤd-See</placeName> gekommen ſind, als die Bewohner der <placeName full="abb"><hi rendition="#fr">freundſchaftlichen</hi></placeName><lb/> und der <placeName><hi rendition="#fr">Societaͤts-Inſeln</hi></placeName>. So viel iſt wenigſtens gewiß, daß ſie von ganz andrer<lb/> Abkunft ſeyn muͤſſen, denn das beweiſen ihre Bildung, Sprache und<lb/> Sitten. In unterſchiednen Stuͤcken ſcheinen ſie mit den Einwohner von <hi rendition="#fr"><placeName>Neu-<lb/> Guinea</placeName></hi> und <hi rendition="#fr"><placeName>Papua</placeName></hi> Aehnlichkeit zu haben, wenigſtens ſind ſie von eben ſo ſchwar-<lb/> zer Farbe und haben eben ſo wolligtes Haar. Wenn alſo der Einfluß des Clima<lb/> in der That ſo wirkſam iſt, als der Graf <hi rendition="#fr"><persName>Buͤffon</persName></hi> behauptet; ſo kann es auch um des-<lb/> willen noch ſo lange nicht her ſeyn, daß <hi rendition="#fr"><placeName>Mallicollo</placeName></hi> bevoͤlkert worden <note place="foot" n="(*)">Es faͤllt von ſelbſt in die Augen, daß wir hier nur Vergleichungsweiſe ſprechen.</note>; weil<lb/> ſich bey den Einwohnern, ſeit ihrer Ankunft in dieſem mildern Himmelsſtrich,<lb/> weder die urſpruͤngliche Schwaͤrze der Haut, noch die wollichte Kraͤuſelung des<lb/> Haares vermindert hat. Ich meines Theils geſtehe aber dem Clima bey weitem<lb/> keinen ſo allgemeinen und allwuͤrkſamen Einfluß zu, ſondern fuͤhre obigen Grund<lb/> blos vermuthungsweiſe an, werde ihn auch fuͤr irgend eine andere wahrſcheinlichere<lb/> Meynung gern wieder zuruͤcknehmen. Leider ſind uns <hi rendition="#fr"><placeName>Neu-Guinea</placeName></hi> und die be-<lb/> nachbarten Inſeln, als die einzigen Laͤnder aus deren Unterſuchung ſich hier-<lb/> uͤber einiges Licht erwarten ließe, kaum ihrer geographiſchen Lage nach, in<lb/> Betracht ihrer Einwohner hingegen, faſt noch gar nicht bekannt. Die weni-<lb/> gen Reiſenden, welche dahin gekommen <note place="foot" n="(**)"><persName>Dampier</persName>, <persName>Carteret</persName>, <persName>Bougainville</persName>.</note>, melden nur ſo viel, daß <hi rendition="#fr"><placeName>Neu-Guinea</placeName></hi><lb/> von mehr denn einer Nation bewohnt wird, und was das merkwuͤrdigſte iſt,<lb/> daß unter denſelben außer den Negern, auch Leute von hellerer Leibesfarbe vor-<lb/> handen ſind, die, nach ihren Gebraͤuchen zu urtheilen, mit den Einwohnern der<lb/><placeName full="abb"><hi rendition="#fr">Societaͤts</hi>-</placeName> und <placeName><hi rendition="#fr">freundſchaftlichen</hi> Inſeln</placeName> nahe verwandt ſeyn duͤrften. <hi rendition="#fr">Noch</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">Z 3</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [181/0195]
in den Jahren 1772 bis 1775.
600 Quadrat-Meilen verbreitet. Ueberhaupt muß man ſich Mallicollo als einen
einzigen großen Wald vorſtellen; davon erſt einige wenige Flecke ausgerodet und
zu bebauen angefangen ſind; dergleichen wohnbare Plaͤtze liegen folglich in die-
ſem ungeheuren Walde, ohngefaͤhr ſo als die kleinen Inſeln in der weiten Suͤdſee,
zerſtreuet umher. Koͤnnten wir jemals durch die Dunkelheit dringen, worinn die
Geſchichte dieſes Volks eingehuͤllet iſt; ſo wuͤrde ſich vermuthlich finden, daß ſie
ſpaͤter in die Suͤd-See gekommen ſind, als die Bewohner der freundſchaftlichen
und der Societaͤts-Inſeln. So viel iſt wenigſtens gewiß, daß ſie von ganz andrer
Abkunft ſeyn muͤſſen, denn das beweiſen ihre Bildung, Sprache und
Sitten. In unterſchiednen Stuͤcken ſcheinen ſie mit den Einwohner von Neu-
Guinea und Papua Aehnlichkeit zu haben, wenigſtens ſind ſie von eben ſo ſchwar-
zer Farbe und haben eben ſo wolligtes Haar. Wenn alſo der Einfluß des Clima
in der That ſo wirkſam iſt, als der Graf Buͤffon behauptet; ſo kann es auch um des-
willen noch ſo lange nicht her ſeyn, daß Mallicollo bevoͤlkert worden (*); weil
ſich bey den Einwohnern, ſeit ihrer Ankunft in dieſem mildern Himmelsſtrich,
weder die urſpruͤngliche Schwaͤrze der Haut, noch die wollichte Kraͤuſelung des
Haares vermindert hat. Ich meines Theils geſtehe aber dem Clima bey weitem
keinen ſo allgemeinen und allwuͤrkſamen Einfluß zu, ſondern fuͤhre obigen Grund
blos vermuthungsweiſe an, werde ihn auch fuͤr irgend eine andere wahrſcheinlichere
Meynung gern wieder zuruͤcknehmen. Leider ſind uns Neu-Guinea und die be-
nachbarten Inſeln, als die einzigen Laͤnder aus deren Unterſuchung ſich hier-
uͤber einiges Licht erwarten ließe, kaum ihrer geographiſchen Lage nach, in
Betracht ihrer Einwohner hingegen, faſt noch gar nicht bekannt. Die weni-
gen Reiſenden, welche dahin gekommen (**), melden nur ſo viel, daß Neu-Guinea
von mehr denn einer Nation bewohnt wird, und was das merkwuͤrdigſte iſt,
daß unter denſelben außer den Negern, auch Leute von hellerer Leibesfarbe vor-
handen ſind, die, nach ihren Gebraͤuchen zu urtheilen, mit den Einwohnern der
Societaͤts- und freundſchaftlichen Inſeln nahe verwandt ſeyn duͤrften. Noch
1774.
Julius.
(*) Es faͤllt von ſelbſt in die Augen, daß wir hier nur Vergleichungsweiſe ſprechen.
(**) Dampier, Carteret, Bougainville.
Z 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |